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© dpa

Sabine Lisicki: "Diesmal habe ich nichts zu verlieren"

Tennis-Profi Sabine Lisicki ist die größte deutsche Nachwuchshoffnung. Im Interview spricht die Berlinerin über ihre Chancen bei den US Open, ihre Schulterverletzung – und die Leichtathletik-WM.

Frau Lisicki, haben Sie als Berlinerin die Leichtathletik-WM verfolgt?

Leider war ich ja nicht in Berlin. Leichtathletik interessiert mich sehr, ich wäre sehr gerne ins Stadion gegangen. Aber leider war ich in Florida, um meine Verletzung an der Schulter behandeln zu lassen.

Hatten Sie da denn nicht viel Zeit, Fernsehen zu gucken?

Gar nicht so viel, wie man vielleicht denkt. Man verbringt sehr viel Zeit mit Reha, Physiotherapie und Fitnesstraining. Da war ich wirklich von morgens bis abends beschäftigt.

Haben Sie jetzt noch Beschwerden in der Schulter?

Nein, Beschwerden nicht, sonst wäre ich nicht hierhergekommen. Aber ich konnte erst am vergangenen Montag wieder mit dem Tennis beginnen, da merkt man die Feinheiten, man macht noch mehr Fehler. Aber meiner Schulter geht es gut, es war zum Glück nichts gerissen. Ich habe die Aufschlagbewegung komplett geändert, die ist jetzt schonender für die Schulter. Es ist nicht natürlich für mich, so aufzuschlagen, aber so tut mir die Schulter nicht weh.

Trotzdem haben Sie nun drei Wochen kein Match gespielt.

Ja, ich war kaum auf dem Platz, das macht natürlich einen Unterschied. Leider hat es die letzten zwei Tage auch noch geregnet, da konnte ich nicht trainieren. Aber das Gute ist: Diesmal habe ich wirklich gar nichts zu verlieren.

Trotzdem sagen Sie: Wenn ich hier antrete, will ich auch gewinnen. Woher nehmen Sie dieses Selbstbewusstsein?

Alles was ich mache, mache ich mit 100 Prozent. Und ich sage offen: Ich will die Nummer eins werden. Ich sage ja nicht, dass ich das 2009 erreichen will, das wäre unrealistisch.

Vor einigen Monaten war dieses Ziel, in die Top 30 zu kommen, um bei den Grand-Slam-Turnieren gesetzt zu sein. Das haben Sie jetzt bereits erreicht. Was kommt als nächstes?

Jetzt erst mal Top 20. Ich stehe jetzt auf 25, das sind noch fünf Plätze, und niemand vor mir wird mir freiwillig seinen Platz überlassen. Ich bin bereit hart zu arbeiten, um dahin zu kommen.

Sie gelten nach Thomas Haas als eine der größten Hoffnungen für die US Open. Beide sind Sie früh nach Amerika gegangen, um bei Nick Bolletieri zu trainieren. Glauben Sie, dass Sie dort eine andere Mentalität vermittelt bekommen haben?

Das glaube ich nicht. Jeder muss für sich herausfinden, was gut für ihn ist. Ich hatte in Deutschland Probleme mit Trainingspartnern, da ging es mir in den USA besser. Ich war schon als Kind so, wie ich heute bin. Schon als ich deutsche Meisterschaften gespielt habe, wollte ich immer auf dem Platz spielen, wo am meisten Leute zugucken. Das macht mir einfach am meisten Spaß.

Auch Thomas Haas hatte über Jahre hinweg Schulterprobleme. Sie sind noch sehr jung. Werden Sie jetzt schon darauf reagieren, etwa mit einem maßvolleren Turnierplan?

Bis jetzt war das schwierig, denn mit einem Ranking um Platz 60, wie ich es noch zu Beginn des Jahres hatte, kann man nicht richtig planen. Man weiß nie, wie weit man kommt. Wenn man nicht gesetzt ist, kann in der ersten Runde eine Topspielerin kommen. Jetzt können wir die Turniere ganz anders planen. Jetzt kann ich auch gucken, dass ich nicht mehr so viel spiele, weil Tennis physisch anspruchsvoll geworden ist.

Woran müssen Sie noch arbeiten?

Ich denke, ich kann mich noch in fast allen Bereichen verbessern. Ich sehe das positiv, denn wenn ich jetzt schon alles aufgebraucht hätte, dann wüsste ich: Höher geht es nicht. Ich denke, gerade in der Fitness kann ich noch viel machen.

Es wird oft geschrieben, Frauentennis sei langweilig geworden, Frauen seien nicht austrainiert und donnerten nur blind auf die Bälle. Was ist Ihr Kommentar dazu?

Jeder Mensch findet etwas anderes schön. Es kommen einfach derzeit viele junge Spielerinnen hoch, deswegen verlieren auch ein paar Favoritinnen früher. Ich finde, dass es dadurch interessanter ist, aber ich weiß nicht, wie das andere Leute sehen.

Ihr Spiel ist zwar kraftvoll aber trotzdem taktisch. Unterscheidet Sie das von anderen jungen Spielerinnen?

Jeder hat ein anderes Spiel. Ich spiele eben seit ich klein bin gern Stopps und komme ans Netz. Ich mag einfach, variabel zu spielen. Die Kombination ist mir wichtig. Ich weiß nicht, ob das besser ist.

Sie sind erst 19 Jahre alt, Frauen in Ihrem Alter gehen normalerweise shoppen oder auf Partys. Machen Sie so etwas auch?

Eigentlich nicht. Shoppen macht müde. Während der Turniere will ich meine Energie sparen. Mir ist es wichtig zu entspannen, deswegen lese ich gerne und höre Musik.

Sind Sie noch öfter in Berlin?

Eigentlich nur, wenn die Turniersaison in Europa ist, dann trainiere ich immer beim LTTC Rot-Weiß in Berlin.

Wie haben Sie es aufgenommen, dass es die German Open dort nicht mehr gibt?

Es war für mich wirklich ein Schock. Es war immer mein Traum, dieses Turnier zu gewinnen, in meinem Klub in Berlin. Und gerade jetzt, wo ich endlich besser spiele und vielleicht die Chance hätte, ist es nicht mehr da. Ich hoffe, dass es irgendwann wiederkommt, vielleicht ja mit meiner Hilfe.

Wie meinen Sie das?

Ich hoffe, dass die Popularität des Tennis wieder steigt und dass dann auch wieder mehr Turniere kommen. Vor ein paar Jahren hatten wir noch Leipzig, Stuttgart, Berlin, Hamburg und Hannover. Eins nach dem anderen ist weg, jetzt gibt es nur noch Stuttgart. Das ist sehr schade.

Glauben Sie denn, das mit der Nummer eins kann tatsächlich mal klappen?

Das Wichtigste für mich ist zu wissen, dass ich alles gegeben habe. Wenn ich die Nummer eins nicht schaffe, dann ging es eben nicht. Aber ich bin wirklich überzeugt davon, dass ich es schaffen kann. Egal wie lange es dauert, ich werde bis zum Ende kämpfen.

Das Gespräch führte Anke Myrrhe.

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