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Zum Verstecken, aber doch ein Hingucker: Hertha BSC in der Saison 2023/24.

© imago/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Luciano Lima

Hertha begeistert trotz sportlicher Talfahrt: Nur Talent reicht nicht für die Zweite Liga

Was sind die Erkenntnisse aus dieser Hertha-Saison? Dass ein paar Hochtalentierte nicht genügen! Und dass der Berliner Klub sich für viele so gut anfühlt wie lange nicht mehr.

Ein Kommentar von Martin Einsiedler

Sportlich gesehen wird der Berliner Traditionsverein Hertha BSC mit dieser Saison nicht zufrieden sein. Das steht drei Spieltage vor dem Ende der Spielzeit fest. Die Berliner werden nicht in die Bundesliga zurückkehren.

Die Mannschaft hat es auch nicht verdient. Talent allein genügt nicht, schon gleich gar nicht in der Zweiten Liga, in der mit harten Bandagen gekämpft wird.

Stellvertretend für Herthas Saison stand das 1:1 am Freitagabend gegen Hannover 96. Hertha machte in einzelnen Spielsequenzen Spaß, dann, wenn der schnelle Fabian Reese durchstartete, seine Nebenleute mit präzisen Zuspielen bedachte. Oder wenn der 18 Jahre junge Ibrahim Maza den Ball führte, als würde dieser an ihm kleben, unheimlich schnelle Haken schlug.

Doch es gibt eben eine andere Hertha, eine, die nicht kompakt steht, die nicht schlau verteidigt, wie es Trainer Pal Dardai formulierte. Die einfach viel zu viele Fehler macht. Sinnbildlich auch hier: Ibrahim Maza. Bei dem hochtalentierten Fußballer wechselten sich brillante Aktionen mit haarsträubenden Ballverlusten ab.

Trotz ein paar arrivierter Kicker wie dem wortstarken Kapitän Toni Leistner oder dem zuverlässigen Torjäger Haris Tabakovic ist der Hertha-Kader nicht recht austariert. Jung, dynamisch – fahrlässig, so spielt Hertha. Das reicht nicht in einer Liga, in der etliche Klubs großen Druck verspüren, möglichst schnell wieder aufzusteigen.

Es gibt aber noch eine andere Sichtweise auf die Saison für Hertha. Im Schnitt besuchten rund 50.000 Zuschauerinnen und Zuschauer das Olympiastadion. Am Freitag ging es gegen Hannover sportlich um nichts mehr, und trotzdem fanden sich 60.000 Menschen im Olympiastadion ein.

Hertha zieht wie lange nicht, so sehr, dass sich die Frage stellt, ob es für den Klub überhaupt Sinn ergibt, in ein neues, kleineres Stadion umzuziehen.

Nach für die Fans kaum zu ertragenden Jahren mit selbst für Hertha-Verhältnisse komplett überambitionierten Plänen ist man – auch notgedrungen – geerdet. Dazu passt das Umfeld der Zweiten Liga mit mehr Traditionsklubs als in der Ersten Liga gut.

Die sportlich Verantwortlichen, allen voran Trainer Dardai, sprechen viel von der „Hertha-Familie“. Das hat mitunter einen folkloristischen Klang, wird der Klub finanziell von der US-amerikanischen Investmentgesellschaft 777 Partners getragen. Dennoch herrscht das Gefühl vor, dass Hertha BSC es ernst meint mit einem etwas demütigeren Berliner Weg.

Und dann ist da noch das Schicksal des Anfang dieses Jahres viel zu früh verstorbenen Hertha-Präsidenten Kay Bernstein. Auch das hat die „Hertha-Familie“ zusammengeschweißt. Aber wo geht es nun hin mit dem Klub?

Der Ur-Herthaner Pal Dardai steht womöglich vor der Ablösung, 777 Partners will mehr und mehr Einfluss geltend machen. Sicher ist nur eines: Nur nach Hause geht es nicht für die vielen Tausend Fans, die Spiel für Spiel ins Olympiastadion strömen.

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