zum Hauptinhalt
Nach dem 3:2 durch Marcel Sabitzer feiern die Österreicher den Gruppensieg.

© Imago/Justus Stegemann

Update

Österreich sichert sich mit 3:2 gegen Oranje Platz eins : Holland dominiert nur auf den Rängen – und wirkt fast hilflos

In einem wilden Spiel im Berliner Olympiastadion gleichen die Niederlande zweimal aus. Am Ende aber müssen sie sich gegen Österreich mit 2:3 geschlagen geben.

Drei Stunden vor dem Anpfiff spazierte ein einsamer österreichischer Fan die Olympische Straße in Berlin-Westend entlang. Er hatte sein Handy am Ohr und telefonierte. „Holländer san viele do“, sprach er.

Ein paar Minuten später zog der Fanmarsch der Niederländer über die Olympische Straße. Es waren nicht viele. Es waren sehr viele. Auch auf den Rängen des Olympiastadions, im abschließenden Gruppenspiel zwischen Österreich und den Niederlanden, war Orange die dominierende Farbe. Auf dem Rasen hingegen sahen die Machtverhältnisse ein wenig anders aus.

Der 25. Juni ist für den niederländischen Fußball ein historisches Datum. An diesem Tag vor exakt 36 Jahren gewann Oranje den einzigen internationalen Titel: im Olympiastadion von München, ebenfalls bei einer Europameisterschaft in Deutschland. Am 25. Juni 2024 verloren die Niederlande im Olympiastadion von Berlin ein wildes Spiel gegen Österreich mit 2:3 (0:1) und fielen damit vom ersten Platz der Gruppe D auf Rang drei zurück. Den Gruppensieg sicherte sich Österreich vor Frankreich.

Die Österreicher hatten das Spiel so begonnen, wie man es von ihnen erwarten konnte: mit viel Energie und Wucht gegen den Ball. Unerwartet war allerdings, wie wenig die Holländer dem entgegenzusetzen hatten. Sie besaßen im Mittelfeld keinerlei Kontrolle und ließen zwischen den Linien gefährlich viel Platz, der von den Österreichern lustvoll bespielt wurde.

Die Niederlande wirken fast hilflos

Bereits in der zweiten Minute kam das Team von Ralf Rangnick zu einer ersten guten Gelegenheit, als der auffallend offensive Außenverteidiger Alexander Prass von der linken Seite scharf in die Mitte passte. Aber niemand brachte in der Mitte seinen Fuß an den Ball.

Der nächste Angriff der Österreicher verlief nach dem gleichen Muster: Prass kam über links, er spielte eine scharfe und flache Hereingabe in die Mitte, nur grätschte diesmal Donyell Malen in die Flugbahn des Balles und lenkte ihn zum 1:0 für die Österreicher über die Linie lenkte. Mal wieder ein Eigentor bei dieser EM! Das siebte inzwischen. „Wir hatten Mühe, den Ball in den eigenen Reihen zu halten, wir hatten Mühe, die zweiten Bälle zu gewinnen“, sagte Torwart Bart Verbruggen anschließend.

Die Holländer wirkten in der Anfangsphase fast hilflos. Erst nach knapp zehn Minuten hielten sie sich zum ersten Mal für mehr als nur einen Moment in der Hälfte der Österreicher auf. Selbst Verbruggen ließ sich von der Unsouveränität seiner Kollegen irritieren. Ihm flutschte ein harmloser Ball, den er schon sicher gefangen hatte, wieder aus den Händen; im Nachpacken verhinderte er gegen Marko Arnautovic das 0:2.

Schlechter geht’s nicht.

Rafael van der Vaart, früherer Profi des HSV, in der Pause über den Auftritt der Elftal

Rafael van der Vaart, der frühere Profi des Hamburger SV, urteilte zur Pause als Experte im niederländischen Fernsehen hart: „Schlechter geht’s nicht“. Bondscoach Ronald Koeman hatte da bereits auf das irrlichternde Auftreten seiner Mannschaft reagiert. Bereits Ende der ersten Halbzeit nahm er den indisponierten Joey Veerman, einen seiner beiden Sechser, vom Feld und brachte für ihn den Leipziger Xavi Simons.

„Ich will fast sagen, dass wir in der Defensive wie ein kopfloses Huhn gespielt haben. Das war sehr schlecht“, kritisierte Koeman später auf der Pressekonferenz, „die Österreicher haben uns in diesen Momenten unerbittlich abgestraft.“

Zur unbefriedigenden Darbietung der Elftal gehörte auch der unzureichende Umgang mit ihren wenigen Chancen. Tijani Reijnders und vor allem der Dortmunder Malen, allein von Torhüter Patrick Pentz, vergaben fast fahrlässig die Gelegenheit zum Ausgleich.

Ich will fast sagen, dass wir in der Defensive wie ein kopfloses Huhn gespielt haben.

Bondscoach Ronald Koeman

Nach der Pause präsentierte sich Koemans Team in einer komplett anderen Verfassung, mit mehr Griff, mehr Elan, mehr Überzeugung. Und mehr Entschlossenheit vor dem Tor. Cody Gakpo traf bereits in der 47. Minute zum Ausgleich. Eingeleitet hatte den Treffer der eingewechselte Simons.

Nach der Pause wurde es vor allem ein aufregendes Spiel mit vielen Windungen und Wendungen. Mitten in der Drangphase der Niederländer schlug Österreich zurück und ging nach einer knappen Stunde erneut in Führung. Der Bremer Romano Schmid köpfte nach einer präzisen Flanke von Florian Grillitsch, früher bei Ajax Amsterdam beschäftigt, zum 2:1 ein.

Koeman griff 20 Minuten vor dem Ende zum letzten Mittel, brachte Wout Weghorst, den wuchtigsten seiner Offensivspieler. Kaum war der Hoffenheimer auf dem Feld, leitete er mit einem gewonnenen Kopfballduell den Ausgleich für sein Team ein. Memphis Depay traf aus kurzer Distanz zum 2:2. Der eingewechselte Leopold Querfeld, künftig beim 1. FC Union unter Vertrag, stand machtlos daneben.

Doch selbst davon ließ sich das Team von Ralf Rangnick nicht unterkriegen. Es hatte erneut eine Antwort parat und ging nur zwei Minuten nach dem Ausgleich erneut in Führung. Marcel Sabitzer traf nach einem klugen Pass des Leipzigers Christoph Baumgartner mit einem wuchtigen Schuss ins kurze Eck zum 3:2. „Am meisten haben mich die Reaktionen auf die jeweiligen Ausgleichstreffer beeindruckt. Wir haben an unserem Spiel festgehalten und weiter mutig nach vorn gespielt“, lobte Rangnick sein Team. Es blieben den Holländern noch zehn Minuten, doch eine weitere Wendung hatte das Spiel nicht mehr parat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false