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Alvaro Morata schoss das erste Tor für Spanien bei dieser Europameisterschaft.

© imago/Revierfoto

Spaniens Stürmer gegen die zweite Heimat: Álvaro Morata und der ewige Kampf um Anerkennung

Nur Platini und Ronaldo haben mehr EM-Tore erzielt als Morata. Dennoch wird der spanische Kapitän von den eigenen Fans ausgepfiffen.

Italien, immer wieder Italien. Wenn die spanische Nationalmannschaft in Gelsenkirchen auf die Azzurri trifft, ist es für Álvaro Morata ein ganz besonderes Spiel. Der Torjäger hat seine individuell erfolgreichste Zeit bei Juventus Turin erlebt, seine Frau Alice stammt aus Venedig und auch seine Zukunft könnte in der Serie A liegen. Juve würde den 31-Jährigen gerne von Atlético Madrid zurückholen, auch die AS Rom mit seinem guten Freund Paulo Dybala soll interessiert sein.

„Ich wusste von Anfang an, dass wir gegen Italien gelost würden“, sagte Morata vor dem Beginn der Europameisterschaft in einem Interview mit der Uefa. „Ich hatte das meiner Frau schon vorher erzählt, aber sie wollte das unbedingt vermeiden. Sie wünschte sich, dass beide Länder erst im Finale aufeinandertreffen.“

Meine fünf Jahre alten Söhne verstehen nicht, warum die Leute so wütend auf ihren Vater sind.

Álvaro Morata, Kapitän der spanischen Nationalmannschaft

Das ist zwar eher unwahrscheinlich, gänzlich unmöglich ist es aber nicht. Beide Mannschaften sind mit Siegen in das Turnier gestartet und haben sehr gute Aussichten auf den Einzug ins Achtelfinale. Morata hat beim 3:0-Auftaktsieg der Spanier gegen Kroatien im Berliner Olympiastadion das wichtige 1:0 erzielt. Im elften Spiel war es bereits sein siebtes EM-Tor, mehr haben nur Michel Platini (9) und Cristiano Ronaldo (14) erzielt.

Kritik, Zweifel und Beleidigungen

In seiner Heimat kämpft der Kapitän der Selección dennoch seit Jahren um Anerkennung. Kritik, Zweifel und sogar Beleidigungen sind ein ständiger Begleiter. Im März wurde Morata beim Länderspiel gegen Brasilien im Madrider Bernabéu-Stadion von den eigenen Fans ausgepfiffen. Wie sehr ihn diese Situation beschäftigt, offenbarte er kurz vor Turnierstart in einem Interview bei „Cadena Ser“.

Bei Nationaltrainer Luis de la Fuente (links) ist Morata gesetzt.

© AFP/GABRIEL BOUYS

Zu den Pfiffen wolle er sich erst nach der EM äußern, sagte Morata, damit ihn die Menschen nicht für eine „Heulsuse“ halten. „Wegen allem, was ich erlebe, wenn ich in unserem Land auf die Straße gehe, wäre es das Einfachste, nicht mehr in Spanien zu spielen. Meine fünf Jahre alten Söhne verstehen nicht, warum die Leute so wütend auf ihren Vater sind.“ Er spiele besser, wenn die Nationalmannschaft nicht in Spanien im Einsatz ist.

Vielleicht ist auch das ein Grund für seine starken Leistungen bei großen Turnieren. Während er über seine gesamte Karriere etwa jedes dritte Spiel getroffen hat, sind es bei Welt- und Europameisterschaften überragende zehn Tore in 14 Spielen. Bei der EM vor drei Jahren erzielte er im Halbfinale das 1:1 gegen Italien, verschoss dann aber im Elfmeterschießen.

Schnelligkeit und Robustheit machen ihn zum Weltklassestürmer

Auch sonst wandelt Morata oft zwischen den Extremen. Wenn er Platz hat, um die Tiefe zu attackieren, sieht er mit seiner Schnelligkeit und Robustheit wie ein Weltklassestürmer aus. Auf der anderen Seite leistet er sich allerdings auch technische Unsauberkeiten und Konzentrationsfehler, die Trainer, Mitspieler und Fans zur Verzweiflung bringen können.

Noch mehr als viele andere Fußballprofis lebt Morata vom uneingeschränkten Vertrauen seiner Umgebung. Bei Atlético Madrid hat er dieses meist nicht. Wie schon im vergangenen Sommer wird nach einer schwachen Rückrunde über einen Verkauf des Stürmers diskutiert.

In der Nationalmannschaft ist Morata hingegen gesetzt und bekommt die Unterstützung. „Es tut mir in der Seele weh, dass in meinem Land der Kapitän der Nationalmannschaft ausgepfiffen wird“, sagte Nationaltrainer Luis de la Fuente im März. Von dessen deutlich vertikalerem Spielstil profitiert Morata sichtlich. Auch wenn er gegen Kroatien mit muskulären Problemen ausgewechselt werden musste, wird er am Donnerstag aller Voraussicht nach in der Startelf stehen.

Die Italiener wissen um die Fähigkeiten des Stürmers, doch das beruht auf Gegenseitigkeit. „Bei den letzten beiden Europameisterschaften haben sie uns rausgeworfen, ich weiß also, wie stark sie sind, vor allem wenn es darauf ankommt“, sagte Morata. „Aber ich bin mir sicher, dass sie auch nicht gerne gegen Spanien antreten werden.“

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