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So sieht er aus: Der neue Fünfzig-Euro-Schein.

© dpa

Neuer 50-Euro-Schein: Eine Liebeserklärung an den Fuffi

Die Europäische Zentralbank stellt ihren neuen Fünfziger vor, die beliebteste Euro-Banknote. Sie passt zur Sparsamkeit der Deutschen. Eine Huldigung an einen Geldschein.

Von Carla Neuhaus

Es hat etwas Magisches, das Papiergeld. Das erkannte bereits Johann Wolfgang von Goethe. Der Dichter, der lange als Finanzminister arbeitete, war begeistert von der Welt des Scheins. Der Gedanke, dass aus einem Stück Papier ein Geldschein wird, dem alle Welt Wert beimisst, faszinierte ihn. In Faust II lässt er Mephisto das Papiergeld erfinden und so dem Kaiser aus der Patsche helfen. Dabei entdeckt Mephisto, wie praktisch die Geldscheine doch sind.

„Ein solch Papier, an Gold und Perlen statt, ist so bequem, man weiß doch was man hat. Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen, kann sich nach Lust in Lieb' und Wein berauschen.“

Auch Mario Draghi weiß, was er da hat. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der Hüter der Währung und damit der Euro-Scheine. Es ist sein Job, dafür zu sorgen, dass die Menschen auch weiterhin wissen, was sie da im Geldbeutel haben. Denn die Zahl der falschen Scheine, die die Behörden aus dem Verkehr ziehen, steigt. Allein im vergangenen Jahr haben sie 899.000 Blüten entdeckt – so viele wie nie. Den Fünfziger fälschen Kriminelle dabei besonders gerne.

Die EZB macht den Fünfziger sicherer

Deshalb machen die Notenbanker nun nach den kleineren Scheinen auch den Fünfziger sicherer. Zum Beispiel durch eine „Smaragdzahl“, die beim Kippen die Farbe ändert – von grün zu blau. Oder mit Hilfe eines Porträtfensters, das durchsichtig wird, wenn man den Schein gegen das Licht hält. Das soll das Vertrauen stärken und Kriminellen die Arbeit schwer machen. Denn nicht nur Kriminelle lieben den Fünfziger – Verbrauchern geht es ebenso. Der Fünfziger ist quasi die Lieblingsnote unter den Scheinen.

Mehr als acht Milliarden Stück sind im Umlauf. Steckt der Fünfziger erstmal im Portemonnaie, bleibt er da länger als andere Scheine. Der Fünfziger erzieht ein Stück weit zur Disziplin. Die Hürde, ihn anzubrechen, ist größer: Wer zwei Zwanziger und einen Zehner im Geldbeutel hat, gibt sie eher aus als einen Fünfziger, zeigen Untersuchungen. Der Fünfziger passt daher gut zur deutschen Sparsamkeit. Wir haben ihm sogar einen Kosenamen verpasst, nennen ihn liebevoll Fuffi. Eine Verniedlichung aus Wertschätzung.

Theoretisch ist ein Euro-Schein nur ein Stück Papier

Diese Wertschätzung ist wichtig. Denn einen Wert hat der Schein nur, weil wir ihm den beimessen. Theoretisch ist auch der Fünfziger nur ein Stück Papier. Die ersten Banken, die Papiergeld ausgaben, wurden daher als Zettelbanken verspottet. Heute betreiben die Notenbanken dagegen viel Aufwand, um diese Zettel herzustellen. Reine Baumwolle wird gebleicht, gepresst, imprägniert, getrocknet und zurechtgeschnitten, bedruckt, graviert und nummeriert. Die Notenbanker machen sich viel Mühe – die manche jedoch für unnötig halten.

Sie sehen in den Scheinen ein Relikt aus der Vergangenheit, auf das sie gut verzichten können. John Cryan, der Chef der Deutschen Bank, hält Bargeld zum Beispiel für teuer und ineffizient. Die Banken müssen Geldautomaten aufstellen und auffüllen. 2500 Geldtransporter sind täglich in Deutschland unterwegs, um Bares von A nach B zu bringen. Händler müssen sich Kleingeld besorgen, weil Kunden nicht passend zahlen.

In Kleve proben mehrere Geschäfte bereits den Ausstieg: Sie nehmen kein Kleingeld mehr an, runden die Preise. Komplett auf Scheine und Münzen verzichten wollen die Deutschen aber auf keinen Fall. Als die EZB kürzlich entschied, den 500er-Schein aus dem Verkehr zu ziehen, fragten viele: Muss das sein? Und das, obwohl viele noch nie einen in der Hand gehalten haben.

Auch die Digitalisierung stoppt die Liebe zum Schein nicht

An dieser Liebe zum Schein ändert auch die Digitalisierung nichts. Zwar schaffen Start-ups neue Möglichkeiten, um scheinlos zu zahlen. Doch die Gründer erkennen auch: Ganz ohne Scheine geht es nicht. So bietet ein Berliner Start-up zum Beispiel Kunden nach ihrem Einkauf im Internet an, ihre Rechnung im Supermarkt um die Ecke zu bezahlen – und zwar in bar.

Selbst die Anhänger der Digitalwährung Bitcoin nehmen inzwischen Rücksicht auf die Scheinwelt. Eine US-Firma hat zum Beispiel Bitcoin-Automaten entwickelt, die Scheine in virtuelle Währung verwandeln. Ein Start-up aus der Schweiz bringt Chips auf Geldscheinen an, auf denen dann der Wert der Bitcoins gespeichert wird: So soll man mit der Digitalwährung zahlen können, ohne auf die Haptik des Scheins zu verzichten.

Denn darum geht es bei der Liebe zum Bargeld: um die Haptik, das Anfassen. Steckt das Geld im Portemonnaie, gibt uns das das Gefühl, Kontrolle über unsere Ausgaben zu haben. Wie wichtig das ist, hat sich in der Finanzkrise gezeigt. Damals haben etliche Menschen aus Angst um das Ersparte ihr Geld abgehoben und zu Hause aufbewahrt. Selbst im Ausland war die Nachfrage nach Euro-Scheinen in dieser Zeit groß. Allein im Oktober 2008 – einen Monat nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers – haben Kunden 35 Milliarden Euro am Automaten abgehoben. Nur ein Teil davon sei mittlerweile wieder eingezahlt worden. Bei der EZB heißt es, es habe keine „vollständige Enthortung dieser Bestände“ stattgefunden. Auch das zeigt, wie groß die Liebe zum Schein ist. Seine Magie.

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