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Welchen Stellenwert haben eigene vier Wände in der Pandemie? Schwäbisch Hall hat Mitte Oktober bei rund 2200 Deutschen nachgefragt: Gerade Eigenheimbesitzer sind derzeit besonders glücklich. Zwei Dritteln der Immobilienbesitzer wurde während der letzten Monate bewusst, welche Vorteile die eigenen vier Wände mit sich bringen. Da das Freizeitangebot durch die aktuellen Corona- Schutzmaßnahmen mitunter eingeschränkt ist, bleiben sie häufiger zu Hause und schätzen ihren dortigen Freiraum.

© imago/Steinach

Vermögensaufbau: Betreutes Sparen

Bausparverträge sind bei niedrigen Zinsen wenig lukrativ – Christian König erklärt, was an der These falsch ist.

Herr König, das klassische Bausparen funktioniert so: Wer nach einem festgelegten Plan genügend Geld angespart hat, erhält ein zinsgünstiges Darlehen, das er zur Finanzierung seiner Immobilie nutzen kann. Da aber die allgemeinen Zinssätze seit Jahren sinken, geht die Nachfrage nach Bausparverträgen zurück. Wie stellt sich Ihnen die Entwicklung mit Blick auf Neuabschlüsse aktuell dar?
Aufgrund dieser Zinssituation haben die Bausparkassen in den letzten Jahren den Fokus eindeutig auf höhervolumige Finanzierungsverträge gelegt, weniger auf kleinteilige Sparverträge. Die privaten Institute schlossen 2019 rund 1,1 Millionen neue Verträge ab – 1,2 Prozent mehr als 2018. Die dazugehörige Bausparsumme stieg um 3,6 Prozent auf 56,7 Milliarden Euro. 2020 steht auch bei uns im Zeichen von Corona. Telefon, E-Mail und Videoberatungen können fehlende persönliche Kontakte nicht vollends ersetzen. Im Neugeschäft fehlen uns bisher etwa 10 Prozent. Unter den gegebenen Umständen können wir damit zufrieden sein.

2019 wurden 254,3 Milliarden Euro zur privaten Wohnungsbaufinanzierung insgesamt ausgezahlt – fast 27 Milliarden Euro mehr als 2018. Geht die Entwicklung in den zwanziger Jahren so weiter oder war damit 2019 ein Peak erreicht?
Wir konnten 2019 unsere Baugeldauszahlungen um 10 Prozent auf 27 Milliarden Euro steigern. In den ersten neun Monaten 2020 hat sich unser Wachstum nochmals deutlich vergrößert. Auch für den Gesamtmarkt erwarte ich ein Plus. Wie wichtig das Zuhause ist, wenn es den Alltag in nie gekanntem Maße prägt, wurde vielen Menschen erst jetzt so richtig bewusst. Für mehr Lebensqualität gibt man gerne mehr Geld aus, wenn man es sich leisten kann.

Bausparen bringt wenig Rendite; als reiner Sparvertrag ist das Finanzprodukt daher ungeeignet. Anders verhält sich das bei alten Verträgen. Hier waren die Bausparkassen vor einigen Jahren ins Gerede gekommen. Sie kündigten jene Verträge, die höhere Zinsen versprachen und daher vor allem als Anlageprodukt gehalten wurden. Wie sind aktuell die Zahlen? Übersehen Sie, ob Bausparverträge überhaupt zum Bauen, bzw. zum Sanieren und Modernisieren verwendet werden?
Was das Gerede angeht: Hier ist Ruhe eingekehrt, nachdem der Bundesgerichtshof im Februar 2017 für Klarheit in der Kündigungsfrage gesorgt hat. Und zur Mittelverwendung: Wir wissen, dass rund drei Viertel unserer Baugeldauszahlungen direkt für den Bau, Kauf oder die Modernisierung eigener vier Wände genutzt werden. Weitere Investitionen mit Bausparmitteln erfolgen zeitversetzt – je nach Bedarf.

Bausparer schließen mit Ihnen Wetten auf in Zukunft steigende Zinsen ab. Danach sieht es weiterhin nicht aus. Was kann einen Bausparvertrag dennoch lukrativ machen?

Christian König, 46, ist Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Privaten Bausparkassen (und zusätzlich Geschäftsführender Direktor der Europäischen Bausparkassenvereinigung).

© Verband der Privaten Bausparkassen e.V.

Ich stimme Ihnen zu: In den nächsten zwei, drei Jahren dürften wir bei den Zinsen eher eine Seitwärtsentwicklung sehen. Aber wissen Sie, wo die Zinsen in acht, zehn oder fünfzehn Jahren liegen werden? Nur mit einem Bausparvertrag, mit keinem anderen Finanzprodukt, können Sie sich die heute extrem niedrigen Bauzinsen über einen so langen Zeitraum sichern. Für Bau oder Kauf, für Umschuldung, für Energiesparmaßnahmen, für altersgerechten Umbau. Und die Konditionen? Bauspardarlehen gibt es heute bereits ab gut ein Prozent Zins. Das Gleiche gilt für Sofortkredite von Bausparkassen.

Ungarn hatte zunächst das Bausparen nach dem deutschen Vorbild eingeführt. 2018 hat die Regierung Orban die staatliche Förderung für neue Verträge abgeschafft. Welche Zeichen aus dem politischen Raum nehmen Sie bei uns wahr? Steht auch Deutschland vor einem vergleichbaren Aus?
Die politische Opposition im ungarischen Parlament hat die Abschaffung massiv kritisiert. Sie tut den Baufamilien dort weh. Die drei ungarischen Bausparkassen sind weiterhin Marktführer bei der privaten Immobilienfinanzierung. Was Deutschland betrifft: Hier hat sich die Bundesregierung bekanntlich für eine Anhebung der Wohnungsbauprämie ab 2021 entschieden. Warum? Weil gerade junge Menschen das Sparen mit dem Bausparen lernen. Und weil derjenige, der Wohnungsbauprämie bekommt, bei gleichem Einkommen nachweislich deutlich mehr spart als sonst üblich. Weil Wohneigentum nicht zum Privileg Besserverdienender werden darf. Wir rechnen damit, dass in den nächsten Jahren deshalb rund ein bis eineinhalb Millionen Menschen zusätzlich anfangen, gefördert zu sparen.

Sie haben viel über die Vorteile von Bausparverträgen gesprochen. Ihr „Garantiezins“ ist in der Regel aber niedriger als die Inflationsrate. Von Vermögensaufbau kann ja unter diesen Vorzeichen wohl kaum die Rede sein. Was sagen Sie jetzt?
Für den Vermögensaufbau ist nicht so sehr der Zins entscheidend. Da steht bei uns eine Null vor dem Komma, wie bei sicheren Sparformen heute üblich. Entscheidend für den Vermögensaufbau ist das Sparen. Bausparen ist Zwecksparen mit dem Zweck eigene vier Wände. Wer sich dafür entscheidet, spart mit großer Disziplin. Das Ergebnis: In der gleichen Einkommensklasse haben Wohneigentümer im Alter im Schnitt rund sechs Mal mehr Vermögen als Mieter. Das quasi selbst verordnete Zwangssparen lohnt sich also.

Anders als vor fünfzig Jahren sind heute rasche Orts- und Berufswechsel die Regel. Sollten die zeitlichen Parameter von Bausparverträgen – mit ihrer Ansparphase und den weit im Voraus festgelegten Zuteilungszeiträumen – flexibilisiert werden?
Sie finden bei Bausparkassen heute schon eine Vielzahl von Tarifvarianten. Zum Beispiel lässt sich die Bausparsumme auch später ändern, es lassen sich Teilverträge bilden, der Tilgungsbeitrag kann gewählt und gewechselt werden. Wir bieten klassische Bauspardarlehen an, bausparunterlegte Sofortfinanzierungen, Modernisierungsdarlehen bis 30 000 Euro ohne Grundbucheintrag, ja, selbst normale Hypothekendarlehen. Ihre Frage zeigt mir aber, dass wir darüber öfters sprechen müssen.

Das Interview führte Reinhart Bünger.

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