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Am Tatort. Produzent Sigi Kamml (Mitte) mit den „Tschiller“-Schauspielern Erdal Yildiz und Til Schweiger.

© promo

Banken im Film-Geschäft: Vertrauen zählt mehr als Sicherheit

Filme wie der Kino-Tatort „Tschiller: Off Duty“ brauchen viele Geldquellen. Die Commerzbank war im vergangenen Jahr bei 100 Produktionen dabei.

Berlin - Auch Til Schweiger garantiert noch keine Rendite. Nur 12 000 Zuschauer sahen am vergangenen Donnerstag die Premiere des Kino-Tatorts „Tschiller: Off Duty“, schätzungsweise 100 000 sollten es bis Sonntagabend gewesen sein. Ein schwacher Start für einen Actionstreifen, der in 500 deutschen Kinos angelaufen ist. Produzent und Verleiher hoffen nun, dass die Marken „Tatort“ und „Schweiger“ nach dem Fehlstart noch deutlich mehr Anziehungskraft entfalten.

Es geht – gemessen an herkömmlichen Tatort-Folgen – um viel Geld. „Off Duty“ wurde an 41 Drehtagen mit einem Budget von acht Millionen Euro produziert. Ein klassischer Tatort kostet meist nicht mehr als 1,5 Millionen Euro. Allein der NDR dürfte mit mindestens 1,7 Millionen Euro dabei sein. Wie immer sitzen auch bei „Off Duty“ aber viele Geldgeber im Boot: Neben dem NDR als Lizenzinhaber sind dies unter anderem der Verleih (Warner), die Filmförderanstalt FFA, der Deutsche Film- und Fernsehfonds DFFF und das Medienboard Berlin-Brandenburg, das 800 000 Euro investierte.

Auch dabei: die Commerzbank. Das Geldinstitut hat im vergangenen Jahr mehr als 100 Filme mitfinanziert und zählt neben der DZ Bank und einigen Sparkassen zu den letzten Banken, die sich hierzulande in der Finanzierung von Kinofilmen, TV-Produktionen, Dokumentationen und Animationsfilmen engagieren. Viele andere Institute sind seit der Finanzkrise oder schon nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes vom Filmmarkt verschwunden.

„Das ist für uns mit Blick auf das Risiko-Ertrags-Verhältnis ein interessantes Geschäft, obwohl es gemessen in absoluten Zahlen eine Nische ist“, erklärt Joachim Köhler, Leiter des Medienteams Berlin. Der gesamte Markt für TV- und Kinoauftragsproduktionen beträgt jährlich circa 3,5 Milliarden Euro. Davon werden zwischen ein bis 1,5 Milliarden Euro über Banken finanziert. Die Commerzbank hat dabei einen Marktanteil von 30 Prozent, den sie in den kommenden Jahren ausbauen will. „Wir haben fast keine Ausfälle. Das liegt auch daran, dass wir unsere Kunden seit Jahren gut kennen“, sagt Köhler, der in einem Team von insgesamt 25 Medienexperten an fünf Standorten arbeitet.

Spezialisiert hat sich die Bank auf die Zwischenfinanzierung von vertraglich fixierten Sendergeldern, öffentlichen Filmfördermitteln oder Minimumgarantien aus Vorabverkäufen, die erst im Laufe der Produktion oder danach fließen. Weil der Filmproduzent schon während des Drehs teils hohe Kosten hat, springt die Bank ein. Für „Off Duty“ räumte die Commerzbank einen Kreditrahmen von bis zu drei Millionen Euro ein.

Während große Filmproduzenten laufende Ausgaben meist selbst zwischenfinanzieren können, sind Mittelständler auf die Hilfe von Banken angewiesen. „Der Großteil der eher kleinen Firmen kann sich das nicht leisten“, sagt „Off Duty“-Produzent Sigi Kamml von der Berliner Syrreal Entertainment. Kamml, der seit 20 Jahren Kino-Filme und TV-Serien („Wolffs Revier“, „SK Kölsch“) produziert, hat ein entspanntes Verhältnis zu den Bankern. „Ich bin als Produzent am liebsten nur kreativ – aber beim Film geht es auch um viel Geld. Und das muss irgendwoher kommen.“ Er habe bei einigen Produktionen „schon einen mittleren sechsstelligen Betrag auf der Uhr, bevor die Dreharbeiten beginnen“, sagt Kamml. Ohne flexible Geldgeber sei keine Filmfinanzierung möglich. Anders als ein Maschinenbauer bringt ein Filmproduzent keine Sicherheiten in Form von Anlagen oder Gebäuden mit. „Wenn die Bank nur unterschriebene Verträge als Sicherheit akzeptieren würde, könnten nur noch sehr wenige Filme produziert werden“, sagt der Berliner Filmemacher. Andererseits erwartet das Geldhaus, dass der Produzent betriebswirtschaftlich solide arbeitet. So kontrolliert Kamml wöchentlich, ob sich die Produktion noch im Rahmen des Zeit- und Geldbudgets bewegt.

„Leider wird immer noch die Mär verbreitet, dass die Grundschuld der Oma für eine Zwischenfinanzierung haften muss. Das ist bei uns definitiv nicht der Fall“, sagt Achim Thielmann, Firmenkundenbetreuer im Medienteam der Commerzbank. Bei der Beurteilung der Projekte schaue man sich genau an, wer die handelnden Personen sind. „Neben dem Produzenten sind dies auch Regie, Kamera, Produktionsleitung und die Schauspieler.“ Könne eine Produktionsfirma hier eine positive Historie aufweisen, falle der Bank die Entscheidung leichter.

Bei großen internationalen Produktionen wie „Grand Budapest Hotel“ kann die Zwischenfinanzierung laut Commerzbank einen „deutlich zweistelligen Millionenbetrag“ ausmachen. Bei kleineren Produktionen sind es auch nur mal 100 000 bis 150 000 Euro. Der Anteil am Budget schwankt zwischen 30 und 80 Prozent.

Auf dem „European Film Market“ der am Donnerstag beginnenden Berlinale wird sich auch die Commerzbank nach neuen Projekten umschauen. Ein Großteil der Engagements wird in Berlin akquiriert. Auch Sigi Kamml ist auf dem Filmmarkt unterwegs: „Wir haben Meetings im Stundentakt“. An den Erfolg von „Tschiller: Off Duty“ glaubt er fest – auch, weil der Film international Chancen hat. „Wir haben als Produzenten die Märkte Russland, Türkei und China zur Vermarktung behalten. Hier ist Til Schweiger besonders beliebt“, sagt Kamml. Selbst in der chinesischen Provinz soll Tschiller im Kino laufen. Kamml: „Action lässt sich international gut übersetzen.“

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