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Broughton Suspension Bridge

© mauritius images/Alamy Stock Photos/FLHC JN2

Tagesrückspiegel – Heute vor 192 Jahren: Keine Good Vibrations auf der Broughten Bridge

Resonanz ist eigentlich ein sehr positiv belegter Begriff. Doch sie kann sich fatal auswirken, etwa auf einer Brücke.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Brücken gelten als Symbole des Friedens. Vielleicht ist das ein wenig auch deshalb so, weil selbst ganze marschierende Bataillone auf ihnen plötzlich viel friedlicher wirken. Denn sie dürfen dort eben nicht im Gleichschritt unterwegs sein.

Soweit bekannt erging der erste offizielle Befehl in diese Richtung, nachdem am 12. April 1831, heute vor 192 Jahren, nahe Manchester eine Kettenbrücke eingestürzt war. Soldaten seiner Majestät, des noch nicht einmal gekrönten neuen Königs Willliam IV, dem übrigens vor kurzem der Rekord als ältester britischer Thronfolger bei Amtsantritt entrissen wurde, waren auf der Broughton Suspension Bridge über den River Irwell in Richtung Kaserne im Gleichschritt unterwegs.

Dessen Frequenz, so weiß man heute, lag in der Nähe der Resonanzfrequenz der Brücke. Die Schwingungen waren sichtbar, spürbar, und wurden durch die rhythmische Krafteinwirkung der Soldatenfüße weiter verstärkt. Ein Konstruktionsfehler der Brücke trug dazu bei, dass sie diese Kräfte letztlich nicht mehr aushielt und einstürzte.

Ein Lied

Zahlreiche Soldaten wurden verletzt, laut historischen Dokumenten aber keiner tödlich.

Die etwa 70 Männer waren, soweit bekannt, ohnehin eigentlich anfangs nicht im Gleichschritt unterwegs gewesen. In gelöster Stimmung in Richtung Feierabend waren sie offenbar aufgrund eines angestimmten Liedes erst in ihn gefallen.

Solche Resonanzphänomene treten oft auch spontan auf und können problematisch werden. So begann etwa die „Millennium Bridge“ in London im Juni 2000, just am Tage ihrer Eröffnung, sichtbar zu schwingen.

Katastrophe in Indien

„Viele Fußgänger fielen spontan in die Schwingungen der Brücke ein und verstärkten sie ungewollt", heißt es in einer 2005 in „Nature“ erschienen Analyse. Offizieller Verlautbarungen zufolge herrschte zu keinem Zeitpunkt Gefahr. Doch die Brücke wurde ein Jahr lang gesperrt, um Dämpfer einzubauen, die just solche Ereignisse vermeiden sollen.

Das letzte Ereignis, bei dem laut Augenzeugen durch Menschen auf einer Brücke deren Eigen-Schwingung verstärkt wurde und dies möglicherweise zur Katastrophe beitrug, ist nicht einmal ein Jahr her. Auch hier waren viele Personen auf einem neu eröffneten, wiewohl in diesem Falle renovierten, solchen Bauwerk beteiligt. Mindestens 135 Menschen starben, als die Brücke über den Fluss Machchhu in Morbi im indischen Bundesstaat Gujarat kollabierte.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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