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Nicht deutsch, aber aus Germanium: Kilbys Integrierter Schaltkreis.

© dpa-picture alliance / Texas Instruments

Tagesrückspiegel – Heute vor 64 Jahren: Als die Elektronik mikro wurde

Es gibt ein paar Dinge, die, wenn es sie nicht gäbe, die Welt heute recht anders aussehen lassen würden. Ganz oben auf der Liste: der „integrierte Schaltkreis“.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Vor nicht allzu langer Zeit erinnerten wir an dieser Stelle an die Erfindung des Transistors. Sie ist dafür verantwortlich, dass wir heute mit Mikrochips rechnen können und nicht auf kühlschrankgroße Maschinen voller Röhren angewiesen sind, die nicht viel mehr können würden als ein alter Taschenrechner. Aber damit das möglich ist, braucht man eben nicht nur Transistoren, sondern diese müssen auf Mikrochips auf Halbleiterbasis geschaltet sein.

Am 6. Februar 1959, heute vor 64 Jahren also, bekam ein erst kurz zuvor von der Firma Texas Instruments eingestellter Ingenieur namens Jack St. Clair Kilby eines der wichtigsten Patente in der Geschichte der Entwicklung dieser Technik: für einen „integrierten Schaltkreis“. Das eröffnete den Weg für elektronische Steuer- und Rechenbauteile, wo auf kleinstem Raum Schaltkreisgruppen mit jeder Menge winziger Transistoren und anderer elektronischer Komponenten untergebracht sind – und dann auch noch verlässlich funktionieren.

Eine sehr integrative Geschichte

Tatsächlich ist die Geschichte des integrierten Schaltkreises eine sehr integrative Geschichte. Denn sehr viele Einzelerfindungen und -entwicklungen und sehr viele einzelne Erfinder und Entwickler trugen dazu bei. Das erste Patent in diese Richtung, von ihm „Halbleiterverstärker“ genannt, hatte schon 10 Jahre zuvor Werner Jacobi, ein Ingenieur bei Siemens, eingereicht.

Jack Kilby im Kilby Center Lab in Dallas (USA).

© picture alliance / -/Texas Instruments/dpa / Foto: Texas Instruments/dpa-Bildfunk

Und einige andere hatten sich in den Folgejahren daran versucht, mehrere elektronische Komponenten in einem einzigen Bauteil unterzubringen. Zu ihnen gehörte der Brite Geoffrey Dummer, der als Erfinder zumindest der - für die Praxis allerdings ungeeigneten - Urform des eigentlichen integrierten Schaltkreises gilt.

Kilbys Erfindung nutze Germanium als Halbleitermaterial. Und auch sie war eigentlich noch kein voll integrierter Schaltkreis, und vor allem keiner, der sich für Massenproduktion im Miniaturformat eignete. Denn sie funktionierte nur mit extra angebrachten Verbindungen aus Golddrähten. Den nächsten Schritt machte Robert Noyce.

Erster integrierter Schaltkreis aus einem Stück

Der Physiker, der die Firma Fairchild Semicoductors gegründet hatte – und später einer der Gründer von Intel sein würde – ließ sich kaum ein halbes Jahr nach Kirby den ersten integrierten Schaltkreis „aus einem Stück“ patentieren. Er integrierte hierfür mehrere andere bedeutsame Erfindungen.

Dazu gehörten einerseits die Planartechnik, die sein Kollege Jean Hoerni kurz zuvor entwickelt hatte, und – Achtung, langes Wort – der Metalloxidhalbleiterfeldeffekttransistor, auch MOSFET genannt. Entscheidend war, dass Noyce das Silizium direkt auf der ebenen Chipoberfläche oxidierte, die Transistoren mithilfe einer UV-lichtempfindlichen Maske in die Metallschicht ätzte und sie anschließend mit einer deckenden Metallschicht verband – ohne lauter Minidrähte verlöten zu müssen.

Die Nasa wurde anfangs zum Hauptabnehmer der Bauteile. Erst 1971 kamen dann die ersten echten Mikroprozessoren in den Handel.

Heutige Mikrochips basieren auf dem von Noyce patentierten Verfahren. Aber nur Kilby bekam für seinen Anteil an der Entwicklung des integrierten Schaltkreises 2001 einen Physik-Nobelpreis. Noyce wäre in jenem Jahr aber höchstwahrscheinlich auch in Stockholm geehrt worden, wäre er nicht schon 1990 gestorben.

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