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Stonewall-Geburtstag. Pride-Empfang  in der US-Botschaft mit Ferda Ataman, Amy Gutmann und Marcus Urban.

© US-Botschaft/Marc Ermer

Pride-Event in der US-Botschaft in Berlin: Ein Moment, der die Welt verändert hat

Um LGBTQI+ und die Menschenrechte zu ehren, lud US-Botschafterin Amy Gutmann in ihr Haus. Dort gab es auch eine Ausstellung zum Aufstand in der Stonewall Bar.

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Regenbogenfarben, wohin das Auge blickt: Luftballonsäulen in Rot, Orange, Gelb, Grün, Lila, Blau. Pappherzen am Stiel in denselben Farben. Sogar die Security-Leute lächeln breit. Ist das noch ein Botschaftsempfang – oder schon ein Hippie-Happening?

Zum 55. Geburtstag des Stonewall-Aufstandes hat US-Botschafterin Amy Gutmann an den Pariser Platz geladen. Im Innenhof der Botschaft gibt es eine Ausstellung zu dem Ereignis, das später unter dem Namen „Christopher Street Day“ weltberühmt wurde. Auch die Berlin-Parade ist danach benannt.

Es geschah am Tag, als Judy Garland starb. So erzählt es ein Botschaftsmitarbeiter. Am 28. Juni 1969 kam, wie so oft, früh um 1 Uhr die Polizei zu einer Razzia in die Stonewall Bar im New Yorker Greenwich Village. Damals war es dort verboten, Alkohol an Homosexuelle auszuschenken. Normalerweise verschwanden die Kunden, wenn die Polizei anrückte. Diesmal blieben sie. 

Was als Moment begann, wurde zur Bewegung.

Amy Gutmann, US-Botschafterin 

In dieser Nacht wehrten sie sich gegen Diskriminierung und forderten ihre Rechte ein. Das war die Initialzündung der Pride-Bewegung und der Grund, warum die Botschafterin mit diesem Empfang „LGBTQI+ und die Menschenrechte“ ehren will.

Jedes Jahr im Juni werde in den USA der Pride Month gefeiert, sagt sie. Eines der Bilder in der Ausstellung zeigt Marsha P. Johnson, wie sie Flugblätter zur Unterstützung homosexueller Studenten verteilt. Später wurde sie von Andy Warhol porträtiert. „Was als Moment begann, wurde zur Bewegung“, sagt Amy Gutmann.

Die Stonewall Bar ist ein nationales Denkmal

Seit 2016 ist die Stonewall Bar in der Christopher Street ein nationales Denkmal. Von dort aus habe sich die Bewegung langsam vorwärtsbewegt, von Stadt zu Stadt und Land zu Land. „Pride erinnert uns an den Geist demokratischen Protests und das Prinzip, dass alle Menschen gleich sind und jeder einzelne Respekt verdient.“

Eine persönliche Erinnerung will die Botschafterin noch einflechten: Als ihre Tochter vier Jahre alt war, ging die Familie manchmal im New Yorker West Village spazieren, und das Kind fragte, warum die Leute hier alle so freundlich seien. Die vielen Händchen haltenden Männer und Frauen fielen ihr auf. Die kleine Tochter erkannte intuitiv, dass es besser ist zu lieben als zu hassen. Heute arbeitet sie als Professorin in Kalifornien.

Auch Toleranz kann viral gehen

Amy Gutmann erinnert auch daran, dass genau vor 30 Jahren in Deutschland der Paragraf 175 abgeschafft wurde, der sexuelle Beziehungen zwischen Männern kriminalisierte.

Fünf Jahrzehnte nach Stonewall wisse man, „dass unsere Demokratien stärker werden, wenn wir die Rechte aller Menschen schützen, respektieren und feiern, egal, wen sie lieben, was sie glauben, wo sie herkommen oder wie sie aussehen“. Im digitalen Zeitalter könnten Hass und Intoleranz über Grenzen wandern. Das sei aber auch möglich für Toleranz und Akzeptanz.

Mauern können fallen.

Marcus Urban, ehemaliger deutscher Fußballspieler

Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, bedankt sich bei der Botschafterin für deren Engagement und dafür, dass sie Brücken baue. Es sei schon viel erreicht worden, aber: „Es bleibt noch viel zu tun.“

Zu Gast sind unter anderem Repräsentanten der Christopher-Street-Day-Komitees aus Neubrandenburg, Rostock, Zwickau, Altenburg und dem Burgenlandkreis. Als letzter offizieller Redner spricht der gebürtige Weimarer Marcus Urban, der erste Fußballer, der sich in Deutschland geoutet hat.

Herz zeigen. Viele Gäste in der Botschaft schwenkten Regenbogensymbole.

© Elisabeth Binder/TSP

Ein Jahr danach erschien im Jahr 2008 seine Biografie, die von der Homophobie im Fußball handelt. Er glaubt an die Wirkungsmacht der Hoffnung: „Mauern können einstürzen.“

Während es sonst bei Botschaftsempfängen eher gemessen zugeht, wird hier das Herzblut deutlich spürbar, das viele Mitarbeiter in diese Veranstaltungen gesteckt haben. Am Turntable legt DJ Shelly Shel im goldenen Paillettenanzug Ohrwürmer wie „YMCA“, „Dancing Queen“ oder „I Will Survive“ auf.  

Normalerweise veranstaltet er immer freitags in der Poststelle der Botschaft eine Disco, erzählen Mitarbeiter. Viele sind in leuchtenden Farben gekleidet. Neben Cocktails wird rosa Prosecco ausgeschenkt, dazu gibt es Wraps mit schwarzem Bohnenmus und Gemüse, außerdem feine Miniburger, in denen Regenbogenflaggen stecken.

Die Amerikaner können halt Party. Und sie zeigen stolz und ausgelassen, wie aus einem besonderen New Yorker Augenblick ein Mythos wurde, der die Welt verändert hat.

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