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Mitglieder des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) eröffnen eine Anhörung (Symbolbild).

© dpa/FREDERICK FLORIN

Gesetz zu „unerwünschten Organisationen“: Europäisches Menschenrechtsgericht verurteilt Russland zu Geldstrafe

Das beanstandete russische Gesetz enthalte zu viele „wage und unpräzise Formulierungen“, hat das EGMR geurteilt. Dennoch wendet es Moskau weiter an, zuletzt gegen das Deutsche Historische Institut.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat Russland wegen seines Gesetzes zu „unerwünschten Organisationen“ am Dienstag zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Moskau muss demnach mehrere 100.000 Euro an vier Organisationen und rund 80 Personen zahlen, darunter auch der inhaftierte Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa. Am Vortag hatte Russland das Deutsche Historische Institut (DHI) in Moskau zur „unerwünschten Organisation“ erklärt.

„Diese Entscheidung stellt einen schweren Schlag gegen die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit dar und doch war sie im Zuge der politischen Entwicklung in Russland vorhersehbar“, teilte die Max-Weber-Stiftung, erklärte die Trägerorganisation des DHI, am Montag.

Am DHI Moskau forschten russische und deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler „zur Geschichte beider Länder“, erklärte das Auswärtige Amt am Dienstag im Onlinedienst X.

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Dass Russland das Institut nun zur unerwünschten Organisation erklärt habe, zeige erneut, wie viel „Angst“ Präsident Wladimir Putin „vor einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte“ habe. Putin wolle „auch die letzten kritischen Stimmen in Russland zum Schweigen bringen“, schrieb das Auswärtige Amt weiter.

Russisches Gesetz verletzt Redefreiheit

Das Gesetz zu den „unerwünschten Organisationen“ stammt von 2015 und macht die Arbeit der betroffenen Institute in Russland praktisch unmöglich. Sie dürfen damit weder Niederlassungen eröffnen noch Projekte umsetzen oder Informationen verbreiten.

Wer für sie oder mit ihnen zusammenarbeitet, muss mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Die Regelung ist nicht zu verwechseln mit dem Gesetz gegen „ausländische Agenten“, ein weiteres Instrument, mit dem russische Behörden unliebsame Akteure verfolgen.

Der EGMR urteilte am Dienstag, Russland verletzte mit dem Gesetz zu den „unerwünschten Organisationen“ die Europäische Menschenrechtskonvention in Bezug auf die Vereinigungs- und Redefreiheit.

Wir begrüßen die Entscheidung, die uns und ähnlichen Organisationen Recht gibt, die ungerechtfertigter Weise Zielscheibe der russischen Behörden wurden.

Nils Muiznieks, Leiter der Vereinigung der Politik-Hochschulen des Europarates

Das Gesetz enthalte zu viele „wage und unpräzise Formulierungen“ zu den Gründen für die Einstufung. Dadurch sei für die Betroffenen nicht vorhersehbar, dass ihre „normalerweise legalen“ Handlungen als illegal eingestuft würden, befanden die Straßburger Richterinnen und Richter.

„Wir begrüßen die Entscheidung, die uns und ähnlichen Organisationen Recht gibt, die ungerechtfertigter Weise Zielscheibe der russischen Behörden wurden“, teilte der Leiter der Vereinigung der Politik-Hochschulen des Europarates, Nils Muiznieks, mit. Die Vereinigung ist eine der vier Organisationen, an die Russland in Folge des EGMR-Urteils eine Geldstrafe zahlen muss.

Ebenfalls am Dienstag erging ein weiteres Urteil des EGMR gegen Russland wegen der Weigerung der russischen Behörden, der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Menschenrechtsorganisation Memorial und anderen Organisationen Zugang zu Archiven über Repressionen während der Sowjetzeit zu gewähren.

Der EGMR ist ein Organ des Europarats, aus dem Russland wegen des Kriegs gegen die Ukraine ausgeschlossen wurde. Seit September 2022 ist Russland auch nicht mehr Mitglied der Europäischen Menschenrechtskonvention. Urteile zu vorher eingereichten Klagen muss Russland aber weiterhin umsetzen. (AFP)

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