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Rauch steigt aus einem durch einen russischen Raketenangriff zerstörten Lagerhaus in Odessa auf.

© dpa/---

Ukraine-Invasion, Tag 852: Welche Rolle die EM für die kriegsgebeutelten Menschen in der Ukraine spielt

EU schließt Sicherheitspartnerschaft mit der Ukraine. Ukrainischer Grenzschutz hindert zwei Dutzend Männer an der Flucht. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Am Mittwoch war für die Ukraine Schluss bei der Fußball-EM 2024. Zu Beginn des Turniers hatte unser Kollege Till Mayer aufgeschrieben, wie die Soldaten an der Front dieses wahrnehmen (Quelle hier). Wie aber sehen die Menschen im Land selbst die Europameisterschaft? Spielt sie überhaupt eine Rolle in Zeiten des Krieges? Der britische Fotograf Richard Morgan hat Eindrücke in Odesa gesammelt. Entstanden ist daraus eine Bilder-Reportage, die der „Guardian“ nun veröffentlicht hat (Quelle hier).

Auf den Bildern ist etwa der Fußballtrainer Dima zu sehen, der eine Jugendmannschaft betreut. Er sagt, viele talentierte Fußballer hätten das Land verlassen, lebten und spielten jetzt in Westeuropa. Die EM, die möge er, aber wegen des Krieges sei sie nur schwer zu verfolgen. Denn angesichts der russischen Angriffe auf die Infrastruktur gibt es immer wieder Stromabschaltungen. Am Morgen des letzten Gruppenspiels gibt es bereits Explosionen, während des Spiels fällt das Signal aus, die harte Realität des Krieges ist zurück.

Der Fotograf schreibt, seine Reportage sei keine Geschichte, wie die EM den Menschen „ein wenig Erleichterung in der harten Realität des Krieges“ verschaffe, denn es sei unmöglich, dem Schrecken zu entfliehen. Vielmehr versucht er zu zeigen, wo das Turnier überhaupt sichtbar ist.

Da ist etwa der Junge Andriy mit seinem neuen ukrainischen Trainingsanzug, ein Geschenk seiner Mutter vor der Europameisterschaft. Da ist die Studentin Valeriia, die am Tag des ersten Spiels der Ukraine mit in den Nationalfarben gefärbtem Haar zur Kunsthochschule geht. Oder da ist der Junge, der ukrainische Flaggen verkauft und ein Trikot mit der Nummer des französischen Nationalspielers Kylian Mbappé trägt.

Die Euro, so schreibt der Fotograf, ist in kleinen, aber auffälligen Zeichen und Bildern in Odesa zu sehen: in der Bierwerbung, in Schaufensterdekorationen oder auch auf Hunderten von Plakatwänden. Doch dort spielt sie nur eine kleine Rolle. Denn die meisten der Botschaften drehen sich um das, was für die Menschen vor Ort seit mehr als zwei Jahren grausamer Alltag ist: der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat Schlüsselpositionen in Regierung und Präsidialverwaltung neu besetzt. „Die Effizienz muss enorm erhöht werden, wenn wir in diesem wilden Kampf bestehen wollen“, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. Mehr hier.
  • Nach dem Vorrundenaus der Ukrainer bei der Fußball-Europameisterschaft hat Präsident Wolodymyr Selenskyj der Elf für ihren Auftritt gedankt. „Trotz des enttäuschenden Ergebnisses habt ihr für unser Land gekämpft“, schrieb der Staatschef am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst X. Mehr hier.
  • Die Nato rechnet nach den Worten ihres scheidenden Generalsekretärs Jens Stoltenberg nicht mit „großen Durchbrüchen“ der russischen Streitkräfte in der Ukraine. „Sie haben in diesem Frühjahr und Sommer erneut versucht, eine Offensive zu starten - aber bisher nur marginale Erfolge erzielt“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Mehr in unserem Newsblog.
  • Der ukrainische Grenzschutz hat zwei Dutzend wehrpflichtige Männer an der Flucht aus dem Kriegsland gehindert. Die Gruppe sei bei der Ortschaft Kelmenzi an der Grenze zu Moldau im westukrainischen Gebiet Tscherniwzi (Czernowitz) festgenommen worden, teilte die Behörde am Donnerstag mit. 
  • Die EU hat mit der von Russland angegriffenen Ukraine eine Vereinbarung zur Sicherheitskooperation und langfristigen Unterstützung getroffen. Das Dokument wurde am Donnerstag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel unterzeichnet.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz fordert eine gerechtere Lastenteilung bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in Europa. Die Frage, wer was mache, sei nicht eindeutig verteilt, sagt Scholz bei seiner Ankunft zum EU-Gipfel in Brüssel.
  • In der nordwestrussischen Region Twer ist einem Medienbericht zufolge eine Chemiefabrik Ziel eines Drohnenangriffs geworden. Der Angriff sei in der Nacht zum Donnerstag verübt worden, meldet die staatliche Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf örtliche Behörden weiter. 
  • Die EU erhebt einem Medienbericht zufolge ab Freitag wieder Zölle auf Zucker- und Eier-Importe aus der Ukraine. Die Höhe werde 89 Euro pro Tonne betragen, meldet die „Financial Times“ unter Berufung auf mit dem Vorgang vertraute Personen. Die EU hatte Zollerleichterungen beschlossen, um die vom Krieg gebeutelte ukrainische Landwirtschaft zu unterstützen. 
  • Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldet unter Berufung auf die russische Marine ein Übungsmanöver des russischen Lenkwaffenkreuzers „Varyag“ im Mittelmeer. Die Übungen konzentrierten sich auf die Abwehr eines massiven Drohnenangriffs, so das Marinekommando. 
  • Polen, Litauen, Lettland und Estland fordern die EU zur Errichtung einer Verteidigungslinie entlang der Grenze zu Russland und Weißrussland auf. Der Aufbau werde „der dringenden Notwendigkeit Rechnung tragen, die EU vor militärischen und hybriden Bedrohungen zu schützen“, heißt es in dem Schreiben der vier Staats- und Regierungschefs. 

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