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21.03.2023, Ukraine, Butscha: Fumio Kishida (M), Premierminister von Japan, steigt nach seinem Besuch einer Kirche in ein Auto ein. Kishida ist zu einem überraschenden Besuch in die Ukraine gereist. Foto: Iori Sagisawa/Kyodo News via AP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/IORI SAGISAWA

Kishida in der Ukraine: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg reist ein japanischer Regierungschef in Kriegsgebiet

Während Chinas Machthaber Xi Jinping in Moskau seine Zusammenarbeit mit Kremlchef Wladimir Putin stärkt, ist Japans Premier zu Präsident Selenskyj nach Kiew gereist. Sein Besuch ist historisch.

Russlands Angriffskrieg in der Ukraine hat die Welt verändert und die internationale Sicherheitslage auf den Kopf gestellt. Bestes Beispiel dafür: Die Staatschefs zweier asiatischer Großmächte sind gerade in Europa, um sich ein Bild von der Lage zu machen.

Während Chinas Präsident Xi Jinping in Moskau mit Kremlchef Wladimir Putin verhandelt, war Japans Premier Fumio Kishida auf dem Weg nach Kiew. Am Dienstagnachmittag traf er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Selenskyj nannte Kishida während dessen Besuchs einen „langjährigen Freund der Ukraine“. „Ich freue mich, den japanischen Ministerpräsidenten (...) in Kiew begrüßen zu dürfen - einen wahrhaft starken Verteidiger der internationalen Ordnung und einen langjährigen Freund der Ukraine“, erklärte Selenskyj am Dienstag in Online-Netzwerken.

Kishida äußert bei Besuch in Butscha Empörung

Kishida war zuvor nach seiner Ankunft in Kiew mit dem Zug nach Butscha gefahren. In Butscha äußerte Kishida angesichts der dort an Zivilisten verübten Gräueltaten seine Empörung. Während er in Butscha Zeuge „all der Brutalitäten“ sei, die dort begangen wurden, empfinde er „ein starkes Gefühl der Empörung“, sagte Kishida. „Die ganze Welt ist schockiert“, fügte der Ministerpräsident hinzu.

Der Ort Butscha nahe Kiew war zu Beginn des Krieges nach ukrainischen Angaben Schauplatz massiver russischer Kriegsverbrechen. Moskau streitet die Gräueltaten ab und sagt, diese seien inszeniert worden.

Zuvor war Kishida auf Staatsbesuch in Indien, von wo er direkt weiter in Richtung Ukraine gereist sein soll. Es ist die erste Reise eines japanischen Staatschefs in eine Kriegsregion seit dem Zweiten Weltkrieg.

Volle Solidarität für die Ukraine: Japans Premier Fumio Kishida bei seiner Ankunft in Kiew am Dienstag.

© AFP/HANDOUT

Der Regierungschef wollte demnach die „Solidarität und unerschütterliche Unterstützung“ Tokios und den G7, einer Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien, für das von Russland überfallende Land übermitteln.

Mit seinem Besuch unterstreicht Kishida Japans Solidarität mit der Ukraine – eine Geste, die von Peking nicht zu erwarten ist. Wie Putins außenpolitischer Chefberater Jurij Uschakow auf Telegram mitteilte, werde es kein Telefongespräch zwischen Xi und Selenskyj am Dienstag oder Mittwoch geben.

Ursprünglich wollten die beiden chinesischen Angaben zufolge gleich nach Xis Moskau-Reise ins Gespräch kommen. Gerüchten zufolge hatte die chinesische Delegation sogar eine Reise nach Kiew in Erwägung gezogen.

Stimmen die Angaben der russischen Seite, schadet dies erneut Pekings Rolle als „Friedensstifter“ in dem Krieg. Wollte Xi diese Rolle tatsächlich ausfüllen, gehörte eine Reise nach Kiew zum Pflichtprogramm – gerade jetzt, da Japans Premier und enger Verbündeter von US-Präsident Joe Biden ebenfalls dort ist.

5,5
Milliarden US-Dollar Hilfe zahlt Tokio an Kiew.

Xi und Putin arbeiten noch enger zusammen

Beide Staaten haben aber unterschiedliche Interessen. Xi Jinping betonte kurz nach seiner Ankunft in Moskau die enge Freundschaft zu Putin, der seit Freitag vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesucht wird. Die Ermittler in Den Haag werfen dem Kreml-Chef Kriegsverbrechen vor, da seine Armee ukrainischen Angaben zufolge Kinder aus der Ukraine nach Russland entführt hat.

Dem Gast den Vortritt lassen: Xi beim Gespräch mit Russlands Premier Mikhail Mishustin.

© action press/Астахов Дмитрий

Peking und Moskau erkennen den Strafgerichtshof jedoch nicht an – und so lud Xi Putin noch für dieses Jahr zum Gegenbesuch nach China ein. Außerdem wollen die beiden Länder ihre Zusammenarbeit weiter ausbauen.

Bei seinem Treffen mit Ministerpräsident Michail Mischustin ging es offiziellen Angaben zufolge vor allem um Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Landwirtschaft.

Der russische Regierungschef bezifferte den Wert bilateraler Investitionsprojekte auf umgerechnet mehr als 154 Milliarden Euro. Neben der einer Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen erhoffte sich Moskau auch mögliche Waffenlieferungen chinesischer Rüstungskonzerne.

Kishida lässt Worten Taten folgen

Kishida hingegen hat ein Hilfspaket für Kiew im Gepäck: Im Februar hatte Japan der Ukraine 5,5 Milliarden US-Dollar an humanitärer Hilfe zugesagt und vervierfachte damit die bisherigen Beiträge Tokios.

„Russlands Aggression gegen die Ukraine ist nicht nur eine europäische Angelegenheit, sondern eine Herausforderung für die Regeln und Grundsätze der gesamten internationalen Gemeinschaft“, sagte Kishida damals und machte so deutlich, auf wessen Seite er steht. Jetzt zeigt er es mit seinem Besuch in Kiew.

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