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Van Morrison bei einem Konzert in Freiburg.

© dpa

Blues-Legende Van Morrison wird 70: Der Mann, der niemals lacht

Van Morrison ist ein Meister des Blues und gehört zu den großen Grummlern des Rock ’n’ Roll. Ein Rundumblick zum 70. Geburtstag.

Eigentlich hatte George Ivan Morrison, der seit seiner Kindheit von allen Van genannt wird, Tierarzt werden wollen. Oder Profifußballer. Bis eines Tages, da war Van 15 und spielte bereits in einer Skiffle-Band, ein Lehrer vor der versammelten Schulklasse auf ihn zeigte und sagte: „Dieser Junge wird ein Sänger werden!“ Ein Erweckungsmoment. Der Lehrer, der seinen Schüler schon einmal in seiner Gruppe hatte singen hören, sollte recht behalten. Van Morrison wurde ein Sänger, einer der größten im Pop, mit einer herbschönen, so rauen wie expressiven Bluessoulstimme, wie sie sonst kein zweiter Weißer besitzt.

Morrison wuchs in Belfast auf, der Hauptstadt Nordirlands, die von bürgerkriegsartigen Konflikten zwischen Protestanten und Katholiken erschüttert wurde. Am Blues, den er in Form von Howlin’ Wolf, Muddy Waters oder Leadbelly in der Plattensammlung seines Vaters kennenlernte, schätzte er „die Rohheit“. „Ich kam aus der Arbeiterklasse und fühlte mich dem verbunden, worüber sie sangen“, hat Morrison dem Magazin „Mojo“ in einem seiner seltenen Interviews gesagt. „Ich habe nicht versucht, ihren Sound zu imitieren, aber die Texte der Bluessänger passten haargenau in die Welt, in der ich lebte“.

"Sie zwangen dich, bestimmte Klamotten zu tragen"

Seine Band Them, die er 1964 gründete, wirkte wie eine härtere, ungewaschene Alternative zu den Beatles. Irische Straßenkids, die vom Mississippi- Delta träumten. Them hatten ein paar Hits, „Here Comes the Night“, „Baby Please Don’t Go“, „Gloria“, das später Patti Smith singen sollte, und die herzzerreißende Trennungs-Ballade „It’s All Over Now, Baby Blue“, die von Bob Dylan stammte. „Das bedeutete gar nichts“, schimpfte Morrison später. „Um respektiert zu werden, hätten wir mindestens zehn Hits haben müssen. In der Popwelt ging es damals bloß ums Image. Sie zwangen dich, bestimmte Klamotten zu tragen, und alle paar Tage ließ unsere Plattenfirma Decca Fotos von uns machen. Wie viele Fotos braucht man wirklich?“

Van Morrison gehört zu den großen Grummlern des Rock ’n’ Roll. Man nennt ihn auch „den Mann, der niemals lacht“. Die Wut auf die Musikindustrie ist bis heute eine seiner stärksten Antriebskräfte geblieben. Aus Irland floh er nach Amerika, um seiner Band und seiner Plattenfirma zu entkommen. In New York nahm Morrison 1967 innerhalb von zwei Tagen sein erstes Soloalbum „Blowin’ Your Mind!“ auf, das Beat und Psychedelik mischte. Doch der Sänger fühlte sich vom Produzenten Bert Berns und der Plattenfirma Bang Records über den Tisch gezogen und weigerte sich jahrzehntelang, den Hit „Brown Eyed Girl“ in sein Live-Repertoire zu nehmen. Morrison blieb trotzdem in Amerika, zog mit seiner Familie nach Woodstock und veröffentlichte in rascher Folge Meisterwerke, die mit ihrer Fusion von Blues, Folk und Jazz Maßstäbe setzten: „Astral Weeks“, „Moondance“, „Tupelo Honey“, „T.B. Sheets“, „Into The Music“.

Van Morrison hat sich als Bluesmann verstanden

Van Morrison hat sich stets als Bluesmann verstanden. Er singt übers Leben, nicht über Politik. Doch zuletzt kritisierte er mit Songs wie „In Money We Trust“ und „Open the Door (To Your Heart)“ die Gier des Finanzkapitalismus. Hat er sich in einen Protestsänger verwandelt? „Ich protestiere nicht“, sagt er. „Ich beobachte nur, was passiert.“ Heute feiert Sir Van Morrison, der im Juni von Elisabeth II. geadelt wurde, seinen 70. Geburtstag. Möglicherweise wird er an diesem Tag lächeln.

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