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Abdul Hanan Omari (M), amtierender Arbeits- und Sozialminister der von den Taliban geführten afghanischen Regierung, und Vertreter der Taliban kommen zum Internationalen Wirtschaftsforum.

© dpa/DMITRI LOVETSKY

Update

Abschiebung von afghanischen Straftätern: Taliban offen für Zusammenarbeit mit Bundesregierung – Baerbock skeptisch

In die Debatte um Abschiebungen von afghanischen Straftätern haben sich nun auch die Taliban eingeschaltet. Die Islamisten fordern Deutschland zur Zusammenarbeit auf.

Die in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban zeigen sich angesichts der in Deutschland neu entflammten Debatte um Abschiebungen von afghanischen Straftätern und Gefährdern offen für eine Zusammenarbeit. „Das Islamische Emirat Afghanistan fordert die deutschen Behörden auf, die Angelegenheit im Rahmen der üblichen konsularischen Beziehungen und eines geeigneten Mechanismus auf der Grundlage einer bilateralen Vereinbarung zu regeln“, teilte der Sprecher des Taliban-Außenministeriums, Abdul Kahar Balchi, am Freitag auf der Plattform X mit.

Seit der erneuten Machtübernahme der Taliban in Kabul im August 2021 gilt in Deutschland ein Abschiebestopp für Afghanen. Doch nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen zu wollen.

Am Freitag kündigte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) an, in Kürze einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Ausweisung von Islamisten erleichtern soll. Bei Mitgliedern terroristischer Vereinigungen soll das Ausweisungsinteresse künftig höher gewichtet werden. Dies helfe dann auch bei der Abschiebung, sagte Faeser. Wie die nach Afghanistan aber praktisch umgesetzt werden sollen, blieb am Freitag weiter offen. Gespräche gibt es dazu vom Bundesinnenministerium, mit Nachbarländern Afghanistans. Welche das sind, sagte ein Sprecher des Ministeriums mit Verweis auf die Vertraulichkeit der Gespräche aber nicht.

Kritiker warnen allerdings vor solchen Gesprächen mit den Islamisten, die international isoliert sind. Die Taliban könnten von Abschiebungen profitieren, indem sie diese als Möglichkeit für eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Staat nutzten, meinte Afghanistan-Experte Thomas Ruttig. Auch Vertreter der Grünen lehnen Abschiebungen von Afghanen und eine Kooperation dafür mit den Taliban ab oder stehen dem Vorhaben skeptisch gegenüber.

Baerbock skeptisch

Das Auswärtige Amt ist ebenfalls zurückhaltend. Erste Statements der Taliban zeigten, dass sie sich etwaige Rückführungen „mindestens durch internationale Anerkennung bezahlen lassen wollen“, sagte ein Sprecher von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Freitag in Berlin. Die Taliban nutzten „jeden Anknüpfungspunkt, um sich international aufwerten zu lassen“, ergänzte er. Die Bundesregierung erkenne die De-Facto-Regierung Afghanistans aber wie jedes andere Land der Welt nicht an.

Der Außenamtssprecher betonte, für die Normalisierung der Beziehungen gebe es international sehr klare Regelungen. Dabei gehe es um die Umsetzung internationaler Verpflichtungen Afghanistans etwa im Bereich der Menschenrechte, insbesondere der Rechte von Frauen und Mädchen. Sie würden als Grundvoraussetzung für Schritte im internationalen Kontext gesehen, sagte er.

Ein Umweg über Nachbarländer Afghanistans wie Pakistan wird derzeit ebenfalls von der Bundesregierung erwogen. Diese Möglichkeit lehnen die Taliban jedoch offensichtlich ab. Auslieferungen an Drittstaaten seien ein Verstoß gegen geltende Konventionen, hob der Sprecher des afghanischen Außenministeriums in seiner Mitteilung hervor. (dpa)

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