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Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) ist aktuell Vorsitzender der MPK.

© dpa/Hannes P Albert

Treffen zu Migration: Länder drängen auf Drittstaatenlösung – Einigung bei der Bezahlkarte

Erneut verhandeln die Länderchefs über strengere Regeln für Geflüchtete. Vor ihrem Treffen mit dem Kanzler einigt man sich bei der Bezahlkarte. Kritik gibt es wegen geplanter Grenzkontrollen.

Die Sorgen bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gehen weit auseinander. Während die Länderchefs am Donnerstagmittag in der hessischen Landesvertretung in Berlin über den richtigen Kurs in der Migrationspolitik verhandeln, machen draußen Lehrkräfte ihrem Ärger Luft. „Bildungswende jetzt“, fordert ein Gewerkschaftsbündnis, das zehntausende offene Stellen in Kitas und Schulen sowie marode Infrastruktur kritisiert.

Doch das Länderthema Bildung hatten die Ministerpräsidentinnen nicht auf der Tagesordnung, sondern Forderungen an den Bund und Kanzler Olaf Scholz (SPD), eine noch schärfere Asyl- und Migrationspolitik voranzutreiben: Asylverfahren in Drittstaaten, Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan oder die Bezahlkarte für Geflüchtete.

Die Länderchefs berieten viele Stunden, legten sich dann auf harte Forderungen fest: So soll eine Bezahlkarte für Flüchtlinge und eine bundesweit einheitliche Bargeldobergrenze von 50 Euro eingeführt werden. Eine weitere Forderung der Länder: längerfristige Grenzkontrollen.

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Diese sollten „zur Gewährleistung von Humanität und Ordnung des Migrationsgeschehen [...] bis zur nachhaltigen Sicherung der EU-Außengrenzen“ weiter aufrechterhalten werden, hieß es in einer frühen Beschlussfassung. Ein realistischer Blick an die Grenzen Europas verdeutlicht, dass es bis dahin wohl noch einige Jahre dauern dürfte.

Streitthema Drittstaaten

Vor allem auf der A-Seite, den Ländern mit SPD-geführten Regierungen, ist man aber zunehmend genervt von immer neuen Forderungen der Union. Die wolle nur den Kanzler mit Symbolpolitik treiben. Doch der Debatte verweigern wollen sich die Sozialdemokraten auch nicht länger, zu ernst ist das Thema.

Mit mehr als einer Stunde Verspätung traten die Vorsitzenden der MPK, Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und sein Stellvertreter Stephan Weil (SPD), Landeschef in Niedersachsen, am Nachmittag dann vor die Presse. Rhein konnte auch eine Einigung beim politisch schwierigsten Thema verkünden: Man habe sich auf eine gemeinsame Erklärung zu Asylverfahren in Drittstaaten geeinigt, der Hesse.

SPD-Politiker Weil betonte dagegen die Schwierigkeit solcher Asylverfahren außerhalb von Deutschland und verwies auf einen Bericht des Bundesinnenministeriums, der in dieser Woche bekannt geworden war. „Die Sachverständigen haben einen ganzen Sack voller Fragen, Probleme und notwendigen Rechtsänderungen zusammengetragen“, erinnerte Weil. Sein Fazit: „Niemand sollte den Eindruck vermitteln, das sei der Schlüssel“

Eine Bezahlkarte mit Bargeldobergrenze soll kommen

Mehr Einigkeit herrschte zwar bei der Bezahlkarte für Geflüchtete. „Diese Bezahlkarte geht ab dem Sommer an den Start. Das ist schon ein großer Schritt“, sagte Rhein. Rheinland-Pfalz, Thüringen und Bremen gaben nach Tagesspiegel-Informationen jedoch eine Protokollerklärung ab und sehen sich nicht an den Beschluss gebunden.

Dann laufen wir Gefahr, dass Großveranstaltungen wie die Bundesliga-Saison nicht mehr durchgeführt werden kann.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, kritisiert Forderungen einer dauerhaften Grenzsicherung.

Erste Kritik aus der Regierungskoalition gab es an den Beschlüssen schon am Abend. Zur Europameisterschaft und den Olympischen Spielen in Paris seien Grenzkontrollen etwa geboten, sagt Innenpolitiker Marcel Emmerich: „Perspektivisch sollten wir davon aber wieder wegkommen und den Fokus auf mobile Grenzkontrollen legen, die viel effektiver sind und auch von der Polizei selbst gefordert werden“, sagt er dem Tagesspiegel. „Dauerhafte stationäre Grenzkontrollen sind eine große Belastung im Alltag für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger in den Grenzregionen.“

Ist die Bundesliga durch Grenzkontrollen in Gefahr?

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt die Forderung strikt ab. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Ministerpräsidenten verstehen, was sie da fordern. Wenn wir nur noch die Grenze schützen sollen, dann gefährdet das die Sicherheit in den Ländern“, sagte Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der GdP, dem Tagesspiegel.

Wer mehr Grenzschutz wolle, müsse „massiv investieren“, betonte Kopelke. Mit den vorhandenen Kräften könne man nicht über eine längere Zeit die Grenze stationär schützen, ssagte Kopelke: „Die Landespolizeien können den Personalmangel nicht abfedern, wenn die Bundespolizei dauerhaft an die Grenzen beordert wird. Dann laufen wir Gefahr, dass Großveranstaltungen wie die Bundesliga-Saison nicht mehr durchgeführt werden kann.“

Mit all diesen Beschlüssen und erster Kritik daran im Gepäck trafen sich die Ministerpräsidenten dann mit Olaf Scholz. Vier Stunden sollte das Gespräch ursprünglich dauern, vor allem um die Drittstaatenfrage wurde nach Tagesspiegel-Informationen lange gerungen. Das späte Spiel der Europameisterschaft war längst angepfiffen, da saßen die Länderchefs noch immer mit dem Kanzler beisammen.

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