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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht während einer Rede an der Zhejiang Universität im Rahmen eines Besuchs in der Volksrepublik China.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Kann der Grüne Kanzler?: Schöne Worte reichen nicht – Habeck muss den Härtetest bestehen

Dass Robert Habeck Kanzlerkandidat werden will, daran besteht kein Zweifel. Vorher muss der Minister die Grünen überzeugen. Und dann nicht nur die.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Robert Habeck – sein Name ist gerade in aller Munde. Wie er den Chinesen was erzählt hat, in China. Wegen deren selbstbezogener Politik. Ja, der Wirtschaftsminister, der traut sich was. Auch sich selbst was zu. Wäre der Vize nicht doch der bessere Kanzler?

Dass Habeck will, daran lässt er keinen Zweifel. Aber ob er darf und kann, daran gibt es viele. Zu viele?

Der Härtetest hat jetzt richtig begonnen. Denn er will es ja nicht allein, Kanzler werden. Und dann auch nicht er allein bei den Grünen. Da ist noch Außenministerin Annalena Baerbock.

Mag Baerbock es beim vergangenen Mal, der ersten grünen Kanzlerkandidatur, auch schlecht gemacht haben, ihrem Ehrgeiz tut das keinen Abbruch. Geschlagen gibt sie sich nicht; und geschlagen ist sie noch nicht.

500.000
Wärmepumpen sollen in diesem Jahr eingebaut werden

Immerhin: Die Deutschen sind – wenn schon – eher beim Wirtschaftsminister als bei der Außenministerin. 22 Prozent wollen laut Umfragen ihn, 13 Prozent sie. Aber 55 Prozent wollen keinen von beiden.

Dann die grüne Partei, braucht die überhaupt einen Kanzlerkandidaten? Da ist doch die AfD stärker. Und die SPD. Die Union sowieso.

Grüne und Kanzler? Volkspartei sind sie nicht, bei Weitem immer noch nicht geworden, weder inhaltlich noch zahlenmäßig. Zwischenzeitlich lagen sie bei zwölf Prozent. Wegen ihrer Politik. Auch Habecks Politik.

Mag er in China Schlagzeilen als Außenpolitiker produziert haben – nicht alle Meldungen daheim kurbeln seine Konjunktur an. Die jüngste: Bei den Wärmepumpen läuft es nicht. Ausgerechnet. Als gäbe es nicht schon genug darüber zu lästern.

500.000 dieser Pumpen sollen – nach all dem Hin und Her ums Gesetz – in diesem Jahr eingebaut werden. Es kann noch was kommen, hoffen sie in Habecks Haus. Wenn es am Ende 200.000 Wärmepumpen werden, ist das schon viel. Aber zu wenig, um von einem Erfolg zu reden.

Auch, ob die Reise nach China zum Erfolg führt, steht noch dahin. Dass Habeck sich in seiner Art von Baerbock absetzt, vom sozialdemokratischen Kanzler Olaf Scholz außerdem, ist so noch keiner.

Robert Habeck, in aller Munde. Das hat er erreicht, erreicht er immer wieder. Weil er gut reden kann, besser als die meisten. In der Regierung sowieso, bei den Grünen auch.

Doch gerade deshalb wird bei ihm jedes Wort wichtig. Zunehmend sogar. Wie Habeck wird gegenwärtig kein Zweiter von Parteifreundinnen wie Parteigegnern und Koalitionären beobachtet. Und das argwöhnisch.

Habeck produziert Bilder

Was hat er bisher geschafft? Seine Kritiker sagen: Habeck produziert Bilder. Und was helfen die, ganz praktisch? Eine Flüssiggas-Kooperation mit Katar, beispielsweise, kam trotz Verneigung vorm Emir nicht zustande.

Alles wird genau darauf hin geprüft, ob er etwas leistet oder sich was leistet. Ob er Unsinn macht oder redet. Stichwort Insolvenz, Stichwort Gasumlage – das ist der „Pragmatiker“, dem Deutschland folgen soll? Stichwort Abschiebungen nach Afghanistan – das ist der Ethiker, dem auch die Linke in der Partei folgen kann?

Dass die Energiewende hin zu den Erneuerbaren wirklich vorankommt; dass Deutschland 2022 nicht zitternd im Kalten saß – alles das ist, nicht zuletzt, Habeck zu verdanken. Aber das Gedächtnis ist kurz, die Erfolge wirken konsumiert. Auch bei den Grünen.

Es wird schon schwierig, die grüne Basis hinter sich zu versammeln. Die Funktionäre fürchten um ihre Posten; sie werden sich hinter den stellen, der oder die sie ihnen sichert. Doch nicht nur, dass Habeck die Grünen geschlossen hinter sich versammeln muss – in die Gesellschaft muss er außerdem weiter hineinreichen als bisher.

Bei der Europawahl haben die Grünen mehr verloren als jede andere Partei, vor allem bei den Jüngeren. Und nur 22 Prozent der Befragten denken, dass die Grünen einen Kanzlerkandidaten benennen sollten. Die zu überzeugen, bedeutet harte Arbeit.

Robert Habeck – innen, außen, er ist im Härtetest. Ein Spitzenkandidat muss den bestehen. Einer, der Kanzler werden will, erst recht.

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