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Brandenburg hat seit Mittwoch einen Antisemitismusbeauftragten.

© dpa/Soeren Stache

Wahl des Brandenburger Antisemitismusbeauftragten: „Der Landtag hat eine historische Chance verpasst“

Das Parlament hat Andreas Büttner zum ersten Antisemitismusbeauftragten Brandenburgs gewählt. Den Ausschlag habe nicht Kompetenz, sondern Interessen-Geschacher gegeben, meint Historiker Julius H. Schoeps.

Ein Kommentar von Julius H. Schoeps

Es ist das wohlbekannte klassische Dilemma: Eine gutgemeinte Initiative beginnt mit viel Ernsthaftigkeit, fast enthusiastisch – und endet in taktischen Spielchen, provinziellem Dilettantismus und einer fragwürdigen Lösung, die eigentlich keine ist. Wenn es um ein so sensibles Feld wie Judenhass-Bekämpfung geht, ist dies umso bedauerlicher.

Vor Jahren schon hat Brandenburg erklärt, das Amt eines Antisemitismusbeauftragten einrichten zu wollen – so wie die meisten anderen Bundesländer es längst getan haben. Doch dem guten Willen folgte bald eine Kette von Fehlentscheidungen.

Andreas Büttner (Die Linke) wurde zum Brandenburger Antisemitismusbeauftragten gewählt.

© picture alliance/dpa/Annette Riedl

Zunächst unter dem Dach der Staatskanzlei angedacht, wanderte die Planung der Stelle aus schwer nachvollziehbaren Gründen zum Landtag. Hier stritten sich Abgeordnete und Fraktionen nicht nur um die inhaltliche Ausrichtung, sondern begann – hinter den Kulissen – bald schon die Rauferei um parteipolitische Begehrlichkeiten.

Zum Hoffnungsschimmer zwischendurch wurde die Ausschreibung der Stelle für den/die Antisemitismusbeauftragt(e) an sich – hier gab es klare Vorstellungen und Kriterien, um möglichst die kompetentesten Akteure im Land ansprechen zu können. Um die 30 Frauen und Männer sollen sich beworben haben, nicht wenige mit einer starken Verbindung zu jüdischem (Gemeinschafts-)Leben, jüdischer Geschichte und Kultur, Erfahrungen im Kampf gegen Judenhass und zivilgesellschaftlicher Expertise.

Zu keiner Zeit aber wurden Ränkespiele und taktische Überlegungen in den zuständigen Gremien unterbrochen, geschweige denn eingestellt. Und man muss es so deutlich benennen: Im Ergebnis hat nicht Kompetenz, Befähigung und Erfahrung den Ausschlag für die Ernennung gegeben, sondern provinzielles Geklüngel und Interessen-Geschacher.

Der nun gewählte Antisemitismus-Beauftragte Andreas Büttner ist ein Freund Israels und steht der Entwicklung jüdischen Lebens in Brandenburg wohlmeinend gegenüber. Das ist gut so. Andere Kandidaten aber trieben über Jahre den (nicht einfachen) Synagogenneubau in Potsdam voran, entwickelten Workshop-Programme für Lehrer und Studierende, organisierten Konferenzen und Veranstaltungsreihen zum Kampf gegen Judenhass und beraten jüdische Gemeinden seit Jahren juristisch und politisch – ehrenamtlich natürlich.

Auf all diese Kompetenzen und Erfahrungen verzichtet das Land Brandenburg nun stehenden Auges. Sei's drum, am Ende setzt der Landtag zusätzlich noch das falsche politische Signal: Gewählt wurde ein Politiker der Linkspartei, welcher wohl kein durchgängiger Anti-Israelismus nachzusagen ist, die sich im aktuellen Nahostkonflikt aber nicht ideologiefrei positioniert und in der sich weiterhin erklärte Israel-Feinde munter tummeln können.

Insofern hat der Brandenburger Landtag nicht nur eine historische Chance verpasst, sondern extra noch die falschen Signale nach außen gesendet.

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