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Die Sticker-Alben tragen einen großen Teil dazu bei, dass unter anderem Süßigkeiten beworben werden. Das sollte kritisch hinterfragt werden.

© AFP/SERGEI GAPON

Kolumne „inklusiv“: Warum die Werbung durch EM-Sticker problematisch ist

Seit Jahren wird durch Sticker-Sammelaktionen Werbung gemacht. Gerade zu Mega-Events, wie der Fußball-EM 2024, wird das besonders deutlich. Unser Kolumnist findet das bedenklich.

Von Nikolai Prodöhl

Ich war im Supermarkt einkaufen. Dort habe ich Süßigkeiten für Kinder gesehen, wie zum Beispiel Duplo und Hanuta. Zur Fußball-Europameisterschaft gibt es Fußball-Sticker der Deutschen Mannschaft. Allerdings muss man Punkte sammeln, damit man diese Sticker bekommt. Ich habe zuerst gedacht, dass in jedem Duplo ein Fußball-Sticker drin wäre. Als ich noch ein Kind war, enthielt jede Packung noch einen Sticker. Das ist jedoch heute anders.

Ich sammle gerne Fußball-Sticker, da es mich auf die EM vorbereitet und mir später Erinnerungen an das Turnier bringt. Ich habe mich entschieden, eine Packung Duplo zu kaufen. Zu Hause habe ich festgestellt, dass man Punkte sammeln muss, damit man eine Packung Fußball-Sticker bekommt. Ich fand echt blöd, dass man Duplo-Packungen kaufen muss, damit man Fußballbilder bekommt. Weil ich nicht durch die Süßigkeiten zunehmen möchte, habe ich die Packung Duplo weggeschmissen.

Jetzt sammle ich keine Sticker mit Fußballbildern mehr, weil man dann ziemlich viel Duplo kaufen muss, und das will ich nicht. Um eine Packung mit Bildern zu bekommen, muss man zwei Packungen Duplo kaufen. Dafür gibt man über fünf Euro aus.

Generell sind wir der Meinung: Süßwaren sollen ein Genuss sein, der Spaß macht und in Maßen konsumiert wird.

Mitarbeiter von Ferrero

Mit den Fußball-Stickern bei Duplo haben sie einfach nur Werbung gemacht. Werbung wird meiner Meinung nach gemacht, damit mehr Kunden die Produkte kaufen. Ich finde, man muss aufpassen, ob das Projekt wirklich gut ist, ob das gesund ist und was da drin steckt in den Sachen.

Problematische Werbung

Ich finde Werbung problematisch, wenn sie für ungesunde Lebensmittel gemacht wird, wie zum Beispiel bei Süßigkeiten für Kinder. Das finde ich nicht gut, weil man zum Beispiel durch zu viel Zucker dick wird und zunimmt. Werbung verunsichert mich. Manchmal denke ich, durch Werbung ist das Produkt gut, obwohl das Produkt dann in Wirklichkeit nicht so gut ist. Es enthält zu viel Zucker, zu viel Salz oder künstliche Farbstoffe.

Ich habe Ferrero, den Hersteller von Süßigkeiten für Kinder, kontaktiert und nach der EM-Aktion gefragt. Ich fragte sie, welchen Sinn sie in ihrer Aktion sehen und was sie damit erreichen möchten. Sie antworteten mir: „Verschiedene Befragungen unserer Konsumenten haben ergeben, dass das Thema Sammelsticker zwar nach wie vor von hoher Relevanz ist, sich viele Fußballfans jedoch auch Alternativen wünschen“. Ich wollte wissen, warum Sie ungesunde Lebensmittel an Kinder verkaufen, obwohl viele übergewichtig sind.

Ihre Antwort lautete wie folgt: „Generell sind wir der Meinung: Süßwaren sollen ein Genuss sein, der Spaß macht und in Maßen konsumiert wird. Und genau diesen Spaß, wie auch den Genuss unserer Produkte möchten wir mit der sogenannten Sammelspaß-Aktion in den Vordergrund stellen“.

Weniger Sticker pro Packung?

Ich habe sie gefragt, warum nicht in jeder Packung Sticker enthalten sind. Sie antworteten mir: „Die Umstellung hat zudem noch einen weiteren Grund: Heute nehmen viel mehr Marken als früher an den Sticker-Sammelaktionen teil und bei einigen dieser Marken ist es aus produktions- und hygienetechnischen Gründen nicht möglich, die Sticker direkt zum Produkt zu legen“. Er sieht auch ein Vorteil in der Umstellung: „Durch den Verzicht auf die direkte Beigabe ergeben sich jedoch auch weitere Vorteile, denn die Sticker können nun größer gestaltet und aus dickerem, hochwertigerem Material produziert werden“.

Werbung beeinflusst Journalismus

Ich finde, Werbung kann auch den Journalismus beeinflussen. In Artikeln, Fernsehbeiträgen und Filmen wird zu viel Geld bezahlt. Oft wird nur das geschrieben und gesendet, was am meisten Geld bringt. Das geht mir auf die Nerven.

Es braucht meiner Meinung nach einen unabhängigen Journalismus. Ich bin freier Journalist beim inklusiven online Medium „andererseits” in Wien. Dort machen wir unabhängigen Journalismus. Die Werbung kennzeichnen wir in unseren Heften, damit die Leute wissen, was Werbung ist.

Es kommt auf die Art und Weise an

Letztendlich ist die Art und Weise der Werbung entscheidend. Als Journalist mache ich auch Werbung auf Social Media wie Instagram, Facebook, LinkedIn, und X. Damit ich mehr Reichweite bekomme und ich möchte, dass die Leser meine Artikel viel lesen. Grundsätzlich finde ich Werbung nicht schlecht, aber es kommt darauf an, wie man damit umgeht.

- Nikolai Prodöhl ist Journalist. Er hat eine Lern- und Sprachbehinderung und schreibt seit September 2023 eine Kolumne für den Sportteil Tagesspiegel. Diesmal hat er sich einem gesellschaftspolitischen Thema gewidmet.

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