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Voller Tatendrang. Cristian Fiél ist am Dienstag als neuer Trainer von Hertha BSC vorgestellt worden.

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

Mutig, dominant und defensiv stabiler: Cristian Fiél skizziert, was er als Trainer bei Hertha BSC vorhat

Die Aufgabe ist anspruchsvoll. Cristian Fiél löst bei Hertha BSC die Vereinslegende Pal Dardai als Cheftrainer ab. Er blickt mit großer Vorfreude auf seinen neuen Job.

Cristian Fiél war seiner Zeit voraus. Zum ersten offiziellen Termin als neuer Cheftrainer von Hertha BSC kam er fünf Minuten zu früh. Vielleicht war es nur Zufall, vielleicht aber auch mit Bedacht so gewählt. Um zu zeigen, dass er es gar nicht erwarten kann, richtig loszulegen.

Zumindest hat Fiél das so gesagt, als er am Dienstagmittag vor die Berliner Presse trat. Schon am Tag zuvor hatten für seine Spieler die leistungsdiagnostischen Tests begonnen, am Tag danach wird es für Fiél und sein Team zum ersten Mal auf den Trainingsplatz gehen.

Seit knapp zwei Wochen ist Herthas neuer Trainer bereits in der Stadt, in der er selbst Fußball gespielt hat (beim 1. FC Union) und in der seine Schwiegereltern wohnen. Er habe in Ruhe ankommen, sich ein eigenes Bild von allem machen und auch die Mitarbeiter kennenlernen wollen, erzählte er. Aber das reicht nun auch. „Jetzt ist Zeit, dass es losgeht“, sagte Fiel.

Bei Hertha tritt er die Nachfolge von Pal Dardai an, dessen Vertrag nicht verlängert worden ist. Der Berliner Fußball-Zweitligist ist die dritte Station für den 44-Jährigen als Trainer. Zuvor war Fiél bei Dynamo Dresden tätig (August 2018 bis Dezember 2019) und in der vergangenen Saison beim Ligakonkurrenten 1. FC Nürnberg, der den Berlinern im direkten Aufeinandertreffen eine Niederlage zugefügt und ihnen im Olympiastadion ein Unentschieden abgerungen hat.

„Ich will diesen Ball haben. Ich will, dass wir das Spiel kontrollieren, dass wir den Gegner in der gegnerischen Hälfte immer wieder vor Aufgaben stellen.

Herthas neuer Trainer Cristian Fiél über seine Idee vom Fußball

Einfluss auf die Entscheidung für Fiél hätten diese Begegnungen allerdings nicht gehabt, sagte Benjamin Weber, Herthas Sportdirektor. Aber es war in diesen Spielen viel von dem zu sehen, was auch den Berlinern künftig vorschwebt. „Wir haben jemanden gesucht, der mutigen und offensiven Fußball spielen lässt“, erklärte Weber.

Offensiv, mutig, dominant: Diesen Anspruch verfolgt Fiél, der in Esslingen geboren ist und spanische Wurzeln hat. „Ich will diesen Ball haben. Ich will, dass wir das Spiel kontrollieren, dass wir den Gegner in der gegnerischen Hälfte immer wieder vor Aufgaben stellen“, sagte er. Das habe sicherlich etwas mit seiner spanischen Herkunft zu tun.

Der Fußball, der ihn selbst am meisten gepackt und der seinen Blick auf das Spiel geprägt hat, das war der Fußball, den Pep Guardiola in den Jahren 2006 bis 2012 beim FC Barcelona hat spielen lassen. „Das ist für mich bisher der schönste Fußball, den ich gesehen habe“, erklärte Fiél. Damals habe er gedacht: „Wenn ich mal Trainer werden sollte, würde ich das Spiel gerne so kontrollieren und dominieren, wie diese Mannschaft das gemacht hat.“

Das ist ein hoher Anspruch, der mit den vorhandenen Mitteln in Berlin schwer umzusetzen sein wird. 25 Spieler wird Fiél an diesem Mittwoch auf dem Trainingsplatz um sich versammeln. Dazu zählt auch Deyovaisio Zeefuik, der nun doch noch einen neuen Einjahresvertrag erhalten hat. Herthas Nationalspieler – Marton Dardai, Andreas Bouchalakis, Haris Tabakovic – hingegen sind noch nicht dabei.

Die zuletzt ausgeliehenen Myziane Maolida und Wilfried Kanga werden erst am 1. Juli bei Hertha erwartet, wenn sie überhaupt zurückkommen. Kelian Nsona, ebenfalls in der Vorsaison verliehen, soll erst einmal in der U 23 trainieren. Dafür rückt Oliver Rölke aus Herthas U 19 zu den Profis.

Fiéls Verpflichtung – zumal als Nachfolger der Vereinslegende Pal Dardai – hat unter den Fans der Berliner gemischte Reaktionen ausgelöst. Die einen schätzen seine fußballerische Idee, die anderen verweisen darauf, dass er mit Nürnberg (14.) in der Tabelle sogar hinter Hertha (9.) gelandet sei. Wo soll da die Verbesserung sein?

Natürlich ist es schwierig, die Voraussetzungen beider Vereine direkt miteinander zu vergleichen. Herthas Kader war qualitativ deutlich besser bestückt als der des 1. FC Nürnberg. Ein Problem aber hatten beide Teams gemeinsam: Sie waren defensiv zu anfällig. „Wir haben so viele Tore kassiert, dass es schwierig ist, erfolgreich zu sein“, sagte Fiél über seine wichtigste Erkenntnis aus der vergangenen Saison.

Hertha soll um den Aufstieg mitspielen

Nürnberg hatte mit 64 Gegentoren die zweitschlechteste Abwehr der Liga, Hertha kassierte 59 Gegentore. Für mehr Stabilität in der Defensive müsse man als Mannschaft gut positioniert sein, die Abstände kurz halten, „um bei Ballverlust sofort ins Gegenpressing zu gehen“, sagte Fiél. Aber es gehe auch darum, dass alle Spieler ein Verantwortungsgefühl für die Defensive entwickelten. „Das muss in die Köpfe.“

Wie lange er brauche, bis die Mannschaft seine Idee vom Fußball umsetzen könne, „das sei schwer zu beantworten“, sagte Herthas neuer Trainer. Es hängt wohl auch von äußeren Einflüssen ab, die nicht in seiner Macht liegen. Wie viele der Spieler, die aktuell im Kader stehen, werden auch beim Saisonstart am ersten Augustwochenende noch da sein? Und wie viele werden es sein, wenn einen Monat später die Sommer-Transferperiode endet?

So wild wie vor einem Jahr dürfte es diesmal nicht werden. Aber Gerüchte gibt es viele: um Fabian Reese, den besten Spieler der Vorsaison, um Zweitliga-Torschützenkönig Haris Tabakovic, der beim Bundesligisten 1. FC Heidenheim im Gespräch sein soll, oder um Ibrahim Maza, der das Interesse des VfB Stuttgart geweckt haben soll. Bisher sind das nur Gerüchte, an konkreten Anfragen gebe es „erst mal gar nichts“, sagte Sportdirektor Weber.

Wie auch immer der endgültige Kader aussehen wird, er sollte gut genug sein, um besser abzuschneiden als in der Vorsaison. Und er sollte Hertha in den Kreis der Aufstiegsanwärter befördern. Fiél selbst sagte über das Saisonziel, er wolle „so erfolgreich wie möglich“ sein.

Auch aus finanzieller Sicht ist eine Rückkehr in die Bundesliga eher auf kurze als auf mittlere Sicht für Hertha unausweichlich. „Mir ist schon bewusst, für welchen Klub ich arbeitete“, sagte Fiél. Natürlich zähle Hertha in der Zweiten Liga zu den Mannschaften, „die oben mit dabei sind“. Dass das einen gewissen Druck, auch auf den neuen Trainer, erzeugt, das liegt auf der Hand. „Wenn ich nicht druckresistent wäre“, sagte Cristian Fiél, „wäre es besser, nicht hier zu sein.“

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