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Letzte Wahlvorbereitungen am Montagmorgen. Die Briefe mit den Wahlunterlagen müssen an die 591 Schüler:innen der 7. bis 10. Klassen verteilt werden

© Johanna-Eck-Schule

„Die Juniorwahl ist demokratiefördernd“: Jugendliche wählen in Berliner Schule schon vor der Europawahl

Die Schüler an der Johanna-Eck-Schule in Tempelhof geben ihre Stimme für das EU-Parlament ab, obwohl die Wahl für die meisten nur symbolisch ist. Warum das trotzdem sinnvoll ist.

Im Lehrerzimmer steht bereits die Wahlurne. „Die brauchen wir am Mittwoch“, sagt Politiklehrer Maximilian Dajka. An der Johanna-Eck-Schule in Tempelhof wird schon diesen Mittwoch und Donnerstag und damit wenige Tage vor der Europawahl am Sonntag gewählt. Das Ganze nennt sich „Juniorwahl“: Jugendliche der Klassenstufen 7 bis 10, von denen die meisten unter 16 Jahre alt sind und daher bei der offiziellen Europawahl noch nicht wählen dürfen, können bei einer simulierten schulinternen Wahl ihre Stimme für das europäische Parlament abgeben.

Die Stimmzettel gleichen exakt denen der „richtigen“ Wahl, das heißt jede Schülerin und jeder Schüler hat nur eine Stimme, mit der die Wahlliste einer politischen Partei oder Vereinigung gewählt wird. Das Projekt wird vom Berliner Verein „Kumulus e.V.“ organisiert, Schulen in ganz Deutschland können auf diese Weise an Landtags-, Bundestags- oder Europawahlen teilnehmen. Der Verein verschickt im Vorfeld der Wahlen didaktisches Begleitmaterial für den Unterricht zu den Themen Demokratie und Wahlen.

Die Juniorwahl gibt uns die Chance, zu lernen, wie man eine Wahl plant und wie man wählt.

Nora, Schülerin an der Johanna-Eck-Schule in Tempelhof

„Die Juniorwahl ist demokratiefördernd“, sagt Schülerin Nora. „Sie gibt uns die Chance, zu lernen, wie man eine Wahl plant und wie man wählt.“ Zusammen mit acht Mitschüler:innen und Politiklehrer Dajka hat sie als Wahlhelferin die Juniorwahl an der Johanna-Eck-Schule mit organisiert. Im Vorfeld haben sie die Wahlunterlagen für alle 591 Schüler:innen namentlich versehen und Listen erstellt, wann welche Klasse in der Aula wählt. Am Montagmorgen wurden die Wahlunterlagen in den Klassenzimmern verteilt. „Vergesst euren Schülerausweis nicht“, mahnt Nora, nachdem sie die Wahlunterlagen an die Mitschüler:innen ausgehändigt hat.

 Jede Schülerin und jeder Schüler hat nur eine Stimme. Die meisten wissen vorher nicht, wen sie wählen.

© Nora Tschepe-Wiesinger

Für die meisten Schüler:innen sei es besonders, an der Wahl teilzunehmen, erzählt Lehrer Dajka. Er hat bereits 2021 zur Bundestagswahl und zur Wahl des Abgeordnetenhauses in Berlin eine Juniorwahl an der Schule mit organisiert. „Wir besprechen mit den Schüler:innen vor allem, warum es wichtig ist, wählen zu gehen“, sagt Dajka. Bei der Juniorwahl zur Bundestagswahl vor drei Jahren gewann die SPD an der Johanna-Eck-Schule mit 35 Prozent deutlich vor der CDU mit 21 Prozent. Die Grünen kamen auf knapp 12 Prozent aller Schüler:innenstimmen, die AfD auf 8,6 Prozent. Viele der Schüler:innen würden ungefiltert die Meinung ihrer Eltern übernehmen, sagt Dajka.

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Aber: Seit der Enthüllung der Correctiv-Recherchen im Januar über die geplante Vertreibung der AfD von Millionen Migranten habe er ein Umdenken bei einigen seiner Schüler:innen gemerkt, von denen viele selbst einen Migrationshintergrund haben. Nach dem Bekanntwerden der Pläne hätten einige in seinem Unterricht geweint, erzählt er.

Ergebnisse der Juniorwahl werden erst nach der Europawahl veröffentlicht

Obwohl die Inhalte der Parteien im Unterricht besprochen wurden, wissen auch die meisten aus dem Wahlhelfer-Team noch nicht, wen sie am Mittwoch und Donnerstag wählen. „Das entscheide ich, wenn ich vor der Liste sitze“, sagt der 13-jährige Maurice. Nora erzählt, dass ihr vor allem das Thema soziale Gerechtigkeit bei der Entscheidung, wen sie wähle, wichtig sei und dass sich die Aussagen der Parteien wissenschaftlich überprüfen ließen.

Am Donnerstag nach der Wahl wird das Wahlhelfer:innen-Team die Stimmen auszählen. Am Montag, also erst nach der Europawahl am Sonntag, werden die Ergebnisse auf der Webseite der Schule veröffentlicht. Das hat einen Grund: Einige der Schüler:innen sind bereits 16 Jahre alt und dürfen erstmals auch bei der Europawahl am Sonntag wählen. Sie sollen durch die Ergebnisse der Juniorwahl nicht in ihrer Wahl-Entscheidung beeinflusst werden.

Es gebe viele Vorurteile gegen Jugendliche, sagt Dajka. „Aber unsere sind total engagiert, die sind super.“

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