zum Hauptinhalt
Eine wehende Europa-Fahne.

© picture alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Vor der EU-Wahl am 9. Juni: Was hat Europa mit Neukölln zu tun?

Sarah Darge ist Europabeauftrage im Neuköllner Bezirksamt. Im Interview erzählt sie, welchen Einfluss die Europäische Union auf Neukölln hat – und warum es wichtig ist, am 9. Juni zu wählen.

Frau Darge, was hat Europa mit Neukölln zu tun?
Eigentlich eine ganze Menge. Europa ist präsent in vielen Aspekten. Wir sehen das auch an der Neuköllner Bevölkerung, bei der ungefähr 30.000 Bürger:innen aus dem europäischen Ausland stammen.

Und natürlich in den Straßen, seien es der französische Bäcker oder die polnische Buchhandlung – Europa ist allgegenwärtig. Wir verstehen uns als Europäer:innen, nicht nur als Neuköllner. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt im Leben, den alle dann auch etwas anders und individuell ausgestalten.

Wie beeinflusst die EU das Leben in Neukölln?
Zum einen durch die gerade erwähnte kulturelle Vielfalt. Wir haben die Freizügigkeit in der EU. Das heißt, es ist relativ einfach für EU-Bürger:innen, sich frei zu bewegen, innerhalb der Europäischen Union auch erwerbstätig zu sein.

Sarah Darge ist Europabeauftragte in Neukölln.

© Bezirksamt Neukölln

Sie können zum Beispiel aus einem anderen europäischen Land nach Neukölln kommen, hier arbeiten, zu Schule zu gehen, eine Ausbildung zu machen. Außerdem gibt es viele Projekte in Neukölln, die mit europäischen Geldern unterstützt werden – und die oft die Diversität der Bevölkerung thematisieren und fördern.

Welche Projekte sind das beispielsweise?
Es gibt zum einen Projekte, an denen auch das Bezirksamt beteiligt ist. Dazu zählt zum Beispiel die Kiezakademie Neukölln: Das ist ein lokales Bildungs-,Wirtschafts- und Arbeitsmarktprojekt, bei dem nachhaltige Integration und Beschäftigung gefördert werden.

Das heißt, dass arbeitslose Personen ab 18 Jahren und auch Solo-Selbstständige gefördert werden. Sie können zum Beispiel eine kostenlose Vor-Ort-Beratung in Anspruch nehmen oder ein Coaching. Das Projekt richtet sich auch an kleine und mittelständische Unternehmen in Neukölln.

Man möchte die Vernetzung fördern und hat auch erkannt, dass die wohnortnahe Beschäftigung einfach ein sehr bedeutender Beschäftigungsfaktor ist. Die Kiezakademie Neukölln wird von der Wirtschaftsförderung und -beratung des Bezirksamts Neukölln in Kooperation mit der mpr Projekte UG und der coopolis GmbH umgesetzt.

Mit EU-Mitteln werden viele Projekte in Neukölln finanziert

Ein anderes Beispiel wäre Young Arts Diversity. Das ist eine bezirksweite Plattform, die an vier verschiedenen Standorten in Neukölln stattfindet und sich als Schnittstelle versteht zwischen Kunstvermittlung und Antidiskriminierungsarbeit.

Dort finden Workshops statt, offene Ateliers, Schul-AGs und Veranstaltungen, alles kostenlos. Das richtet sich an Kinder und junge Erwachsene. Young Arts Diversity ist eine Kooperation des Fachbereichs Kultur im Bezirksamt Neukölln mit dem Verein Kulturnetzwerk Neukölln.

Ein Projekt, das ich auch sehr interessant und wichtig finde, ist das TAFin Projekt (TAFin steht für „Teilhabe Armutsgefährdeter Familien in Neukölln“, Anm. d. Red). Das ist eine Kooperation vom Nachbarschaftsheim Neukölln mit dem Träger Kleiner Fratz und dem Verein Phinove. TAFin ist ein niedrigschwelliges Beratungsangebot für neu zugezogene Familien aus Rumänien und Bulgarien mit dem Ziel, die Lebenssituation und Bildungs- und Teilhabechancen zu verbessern.

Was genau beinhaltet die Arbeit einer Europabeauftragten?
Das ist ein sehr vielfältiges Aufgabenbild. Wir haben einen Schwerpunkt in der Fördermittelberatung für zivilgesellschaftliche Organisationen, aber auch für Fachämter hier im Bezirk. Dabei beraten wir zu den europäischen Förderprogrammen beraten und unterstützen dabei, sich zurechtzufinden in diesem Dschungel.

Mein Anliegen ist, die Programme weniger bürokratisch und damit weniger aufwendig zu gestalten für die Organisationen und Akteure.

Sarah Darge, Europabeauftragte in Neukölln

Gerade wenn man zum ersten Mal EU-Gelder beantragen möchte, kann das etwas verwirrend sein. Da helfen wir, geeignete Programme zu finden und auch bei den Fragen, die dann so aufkommen. Wir beraten aber auch zu anderen Fördermitteln.

Das andere ist die europapolitische Öffentlichkeitsarbeit. Jetzt gerade im Vorfeld zu den Europawahlen machen wir natürlich darauf aufmerksam, dass die Wahlen anstehen und wie man wählen kann. Natürlich bin ich auch Ansprechpartnerin hier im Bezirk für alle Themen, die rund um das Thema Europa anfallen.

Was finden Sie persönlich interessant an der Arbeit als Europabeauftragte?
Was ich spannend finde, ist vor allem der Kontakt mit den verschiedenen Akteuren hier im Bezirk, die zum Thema Europa arbeiten. Also die Projekte, die ich eben genannt habe, die Arbeit, die in den verschiedenen Kiezen stattfindet, mit den Bürgerinnen und Bürgern. Ich denke, dass das eine sehr wichtige Arbeit ist und unser Zusammenleben hier im Bezirk sehr bereichert.

Gleichzeitig ist es auch eine Arbeit, die teilweise in Fachgruppen und Gremien stattfindet – wo man dann aber auch die Gelegenheit hat, sich über zum Beispiel die EU-Förderprogramme auszutauschen und die mit zu gestalten oder Feedback zu geben aus dem Bezirk. Mein Anliegen ist, die Programme weniger bürokratisch und damit weniger aufwendig zu gestalten für die Organisationen und Akteure. Ich habe früher für einen gemeinnützigen Verein gearbeitet und kennen die Projektarbeit aus eigener Erfahrung. Ich habe lange auch selber in Neukölln gelebt und daher hat mich die Stelle angesprochen.

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, bei der EU-Wahl am 9. Juni zu wählen?
Wenn man die eigene Stimme nicht nutzt, verpasst man damit die Chance, mit zu entscheiden, was vor Ort passiert. Dann entscheiden auch andere für einen mit. Ich denke, sich zu beteiligen ist die Pflicht der Bürgerinnen und Bürger.

Aber darüber hinaus ist auch jedes zivilgesellschaftliche Engagement eine Form, sich zu beteiligen. Ich denke, dadurch kommen wir zusammen in den Austausch. Daher ist das sehr wichtig, auch weil nicht alle das Recht oder die Möglichkeit haben, an freien demokratischen Wahlen teilzunehmen. Wenn man die hat, sollte man davon Gebrauch machen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false