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 K.I.Z.-Konzert im Görlitzer Park.

© Sebastian Leber

Der Einfluss der KPD bei „Rave against the Zaun“: Wenn Mauerbaufreunde sich als Zaungegner inszenieren

Zäune schaden Menschen, warnen die Gegner der Umbaupläne im Görlitzer Park. Doch wie glaubwürdig ist ein Bündnis, das ausgerechnet von der DKP dominiert wird?

Ein Kommentar von Sebastian Leber

Was die Protestierenden am Freitag im Görlitzer Park vortrugen, war durchaus bedenkenswert: Das Einzäunen des Görlitzer Parks müsse verhindert werden, weil eine solche Maßnahme kein einziges der sozialen Probleme Kreuzbergs oder gar Berlins lösen könne, hieß es da.

Sowieso seien Zäune wie Mauern überall auf der Welt schädlich. Die Macher von „Rave against the Zaun“ erinnerten an die vielen Menschen, die jedes Jahr beim Versuch ums Leben kommen, nach Europa zu gelangen. Auch diese Argumentation war plausibel.

Höchst verstörend dagegen, wer die Veranstaltung, die dank des Auftritts der Band K.I.Z. mehrere Tausend Menschen anzog, organisiert hatte: Bei der mit Abstand sichtbarsten Gruppe handelte es sich ausgerechnet um die kommunistische Kleinstpartei DKP. Ihre Fahne wehte direkt neben der Bühne, Anhänger verteilten DKP-Flugblätter. Den wichtigsten Redeslot unmittelbar nach der Hauptband hatte sich ebenfalls die DKP gesichert.

Also jene Partei, der man eine Zaungegnerschaft so gar nicht abzunehmen braucht. Die DKP verherrlicht noch heute den Bau der Berliner Mauer, hält das Bauwerk gar für eine Friedenserhaltungsmaßnahme. „Mit Fug und Recht kann man deswegen sagen: ,Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben’“, behauptet etwa der Vorsitzende Patrik Köbele.

Und weiter: „Die Maßnahmen der Grenzsicherung sicherten den Frieden in Europa und der ganzen Welt.“ Deutschen Politikern, die heute der Mauertoten gedenken, wirft Köbele Heuchelei vor. Er fordert, dass um jene DDR-Grenzsoldaten getrauert werden solle, die damals „in Ausübung ihres Dienstes zu Tode kamen“. Die DKP vertritt das Gegenteil dessen, wogegen die Menge am Freitag im Görlitzer Park zu demonstrieren glaubte.

Vereinnahmungsversuche abgedrehter Kleinstparteien

Dank geschickter Organisation durfte die DKP ihren Redebeitrag wohl vor deutlich mehr Menschen halten, als sie bundesweit Mitglieder zählt. Allerdings interessierte der Beitrag die wenigsten. Etliche Besucher wandten sich ab, unterhielten sich oder verließen den Ort ganz. Verschärfend kam hinzu, dass der Abgesandte der DKP nicht frei sprach, sondern ein seitenlanges Manuskript vorlas. Die Menge zerstreute sich, während der Mann sein Weltbild ausbreitete. Ein Besucher kommentierte: „Und dabei muss man bedenken, dass die hier sicher schon ihren besten Mann auf die Bühne geschickt haben.“

Nun wäre es nicht das erste Mal, dass sich ein breites linksliberales Bündnis gegen Vereinahmungsversuche abgedrehter Kleinstparteien wehren muss. Leider ist es unter Politsekten beliebte Taktik, in Bündnisse zu drängen, sich dort zu profilieren, zum Wortführer aufzuschwingen und so neue Mitglieder für die eigene Sache anzuwerben.

Oft gelingt es vernünftigen Gruppen nicht, sich gegen solche Angriffe wirksam zu verteidigen. Auch weil sie meist nicht über geschulte Parteikader in ihren Reihen verfügen, sondern auf das Engagement und Herzblut Ehrenamtlicher angewiesen sind. Dutzende solcher linken Bündnisse sind genau an dieser Problematik zerbrochen.

Wurde „Rave against the Zaun“ also von der DKP gekapert? Nein, behauptet DJ Rubén Parra Neira, Sprecher von „Rave against the Zaun“, auf Anfrage des Tagesspiegels. Die Partei sei „von Anfang an ein wichtiger Partner im Bündnis gewesen“. Wer nun vermute, die DKP habe sich hineingedrängt, liege falsch. Weiter antwortet Neira: „Zur Berliner Mauer haben wir im Bündnis unterschiedliche Ansichten“, jedoch wolle man sich „auf die Gegenwart und das Zaunprojekt des Berliner Senats“ konzentrieren.

Was Rubén Parra Neira hier sagt, macht die Sache noch schlimmer. Ein Anti-Zaun-Bündnis, das Mauerbau-Verherrlicher in ihren Reihen nicht nur duldet, sondern sich sogar von ihnen dominieren lässt, ist einfach bloß lächerlich.  

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