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Homophobie in der Schule: Wilde Hühner und gleichgeschlechtliche Liebe

Grüne fordern von Lehrern mehr Einsatz gegen Homophobie. Jugendliche sollten alle Facetten von Sexualität kennenlernen

Beleidigungen wie „du schwule Sau“ sollen nicht länger zu den Lieblingsschimpfwörtern Berliner Schüler gehören – und wenn sich ein Mädchen in der Pubertät in eine Klassenkameradin verliebt, möge sie nicht länger vor der Klasse bloßgestellt werden. Das sind Ziele eines „Berliner Aktionsplans gegen Homophobie“, den die Grünen-Fraktion am Donnerstag ins Abgeordnetenhaus einbringen will.

Gerade in der Pubertät – wenn junge Menschen ihre Sexualität entdecken und ohnehin alles noch furchtbar peinlich sei – sollten Jugendliche auch erfahren, dass es neben der Partnerschaft zwischen Mann und Frau noch andere Formen der Liebe gebe, so der Hintergrund des Antrages. „In Schulbüchern kommen solche Rollenbilder aber überhaupt nicht vor“, kritisierte der Abgeordnete Thomas Birk am Montag. Deswegen müssten Pädagogen schon in Kitas wie in Schulen und Jugendeinrichtungen besser auf diese Facette der Erziehung vorbereitet werden. Mitunter seien Pädagogen selbst verunsichert bei dem intimen Thema. Nach Auskunft von Jörg Steinert vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland würden etwa in Schulen in Neukölln immer häufiger Projekte für den Unterricht nachgefragt, in denen pädagogisch geschulte Experten nach Geschlechtern getrennte Unterrichtseinheiten unter anderem zum Thema „Coming-out in der Familie“ anbieten.

Anja Kofbinger von den Grünen sagte, man wolle weiter mit Migrantenverbänden zusammenarbeiten. Dies auch vor dem Hintergrund, dass etwa Sexualität zwischen jungen Männern wegen des Keuschheitsgebotes vor der Ehe in der muslimischen Kultur durchaus verbreitet sei, aber niemand darüber spreche. Die Grünen befassen sich auch mit Diskriminierung in der Musik: Wenn Hassrapper in Liedern zur Jagd auf „Schwuchteln“ aufforderten, sei dies gegebenenfalls „ein Fall für die Staatsanwaltschaft“, man müsse über Auftrittsverbote diskutieren.

Lesben- und Schwulenfeindlichkeit unter Schülern sei seit geraumer Zeit ein „brennendes Problem“, sagt Eberhard Seidel, Geschäftsführer der Bundeskoordination „Schulen ohne Rassismus“. Für Lehrer, die Homosexualität thematisieren wollen, hat Seidel die Unterrichtssammlung „Sexuelle Orientierung“ herausgegeben. Dort finden Pädagogen etwa Aufgaben zu dem Film „Die Wilden Hühner und die Liebe“, in dem sich zwei Mädchen ineinander verlieben. Junge Lesben und Schwule stellen ihre Lebenswirklichkeit vor. Das Heft sei „ein Renner“, so Seidel.

Tatsächlich könne es viel bewirken, wenn Lehrer und Schüler „offensiv mit dem Thema umgehen“, sagt Alexander Freier, Landesschülersprecher für die Berufsschulen. Der 22-Jährige hat an seiner Schule – dem Oberstufenzentrum Handel in Kreuzberg – einen Aktionstag organisiert, an dem sich Schüler mit unterschiedlichen Formen von Diskriminierung beschäftigten. Freier bot einen Workshop zu Homosexualität an. Viele Mitschüler würden Schwule und Lesben „nur über fünf Ecken kennen“, sagt Freier – und hätten dementsprechend viele Klischees und Vorurteile. „Wenn sie jemanden vor sich haben, der offen mit Homosexualität umgeht, fallen Vorurteile von alleine.“

Annette Kögel/Tilmann Warnecke

Lehrer erreichen Jörg Steinert über den LSVD unter Tel.: 030 / 70717580. Weiteres unter www.community-gaymes.de. Das Heft „Sexuelle Identität“ kann man für drei Euro bestellen: www.schule-ohne-rassismus.org/publikationen.html

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