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Von wegen Mutterschutz. Kommissarin Alex Enders (Aylin Tezel) geht an Grenzen und darüber hinaus um zu erfahren wer sie entführt hat.

© ZDF und Frank Dicks

Aylin Tezel in „Unbroken“: Eine Frau sieht rot

Die Serie „Unbroken“ auf ZDFneo ist nichts für schwache Nerven. Aylin Tezel wird als TV-Kommissarin ein Baby aus dem Bauch entführt.

Mutterglück hört sich anders an. „Wenn du wüsstest, wie oft ich mir schon gewünscht habe, ich würde das Kind verlieren. Ich hatte sogar schon einen Termin, um es wegmachen zu lassen“, sagt die hochschwangere Kommissarin Alex Enders (Aylin Tezel) zu ihrem Chef und väterlichem Freund auf dem Revier. Tage später platzt die Frau wie ein Gespenst abends in einen Kindergeburtstag, blutverschmiert steht sie draußen auf der Veranda in einer Siedlung am Waldrand, nur mit einem Hemd bekleidet.

Das Baby ist fort, geraubt, verschwunden. Was ist passiert? Das ist die große Frage in „Unbroken“, der sechsteiligen Krimiserie auf ZDFneo, für die es sehr sehr gute Nerven braucht, nicht nur, aber vor allem auch bei schwangeren Zuschauern.

Da hilft es vielleicht, dass das Ganze auch in der ZDF Mediathek bingewatchartig in einem weg geschaut werden kann („Unbroken“, Dienstag und Mittwoch, ZDFneo, 21 Uhr 45, jeweils drei Teile oder zum Bingewatchen in der ZDF Mediathek).

Die erste Aufklärung zur blutverschmierten Polizistin am Waldesrand lässt dann auch nicht lange auf sich warten. Mit einer Rückblende: Alex Enders steht kurz vor dem Abschied in den Mutterschutz. Sie hat sich – trotz der großen Bedenken – für das Baby mit ihrem Mann Leif (Sebastian Zimmler) entschieden. Dann wird die Polizistin auf dem Parkplatz eines Supermarkts von einem Maskierten überfallen und überwältigt.

Sie wacht mitten im Wald wieder auf. Offenbar wurde sie entführt. Das Kind ist weg, die Frau starr vor Schock. Der Polizei kann sie nur sagen, sie wisse nicht, wo sie die vergangenen sechs Tage war, an denen sie vermisst und gesucht wurde. Sie schüttelt sich in Weinkrämpfen. „Ich weiß nicht, wo mein Baby ist.“

Mit einer Katastrophe anfangen und dann ganz langsam steigern

Die Drehbuchautoren und Ideengeber Marc O. Seng und Andreas Linke wollten, so ist in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zu lesen, eine Krimi-Serie möglichst ohne Klischees schreiben. Die Grundidee für eine Serie mit einer jungen Kommissarin als Hauptfigur, die auch Mutter ist: Was ist wohl das Allerallerschlimmste, was so einer jungen Frau und werdenden Mutter passieren kann? Erzählt mit einer klassischen Antiheldenfigur, mit einer jungen Frau, die gerade auch in ihren Reaktionen auf diese unerhörte Entführung, gar nicht so sympathisch, so nahbar für den Zuschauer herüber kommt und über weite Strecken sogar selber schwer verdächtigt wird, für den Tod ihres eigenen Babys verantwortlich zu sein.

Das macht es über die knapp fünf Stunden Seriengenuss nicht immer einfach, zumal sich die Geschichte mitunter zwischen Gruselschocker à la „Rosemaries Baby“, Hard-Boiled-Cop-Krimi à la „Nachtschicht“ und Familiendrama zu verlieren droht (natürlich hat die Geschichte mit dem Baby auch mit dem nahen Umfeld von Alex zu tun, ohne hier zu viel zu verraten).

Regisseur Andreas Senn (BR- und SWR-„Tatort“) hat das straff inszeniert und dabei nicht an Flashbacks, dafür aber an Tageslicht gespart. So dunkel, wie „Unbroken“ öfters bildermäßig daher kommt, so dunkel bleiben lange Zeit die Motive von Alex’ Chef Paul (Özgür Karadeniz), ihrem Mann, ihrem senilen Vater, der Polizeitherapeutin Brenner (Leslie Malton) – und eben auch von Alex selber. Eine Frau sieht rot.

Mithin eine Paraderolle für Aylin Tezel, die keine Mühe hat, ihrem Abschied aus dem Dortmunder „Tatort“ spannende Rollen und Figuren folgen zu lassen: hier, ähnlich wie 2019 in „Die Informantin“, als eine als über Grenzen gehende, Dächer springende, Männer und Kollegen schwerst umhauende Polizistin und Kampfsportlerin. Tatsächlich eine Art Lara Croft des deutschen Thriller- und Krimifernsehens, mindestens eine Kick-Ass-Heldin, bei aller Fragilität und Zweifel an der psychischen Verfassung.

Ein sehenswerter Krimi zum (vordergründigen) Generalthema Leihmutterschaft, klischeefrei, finster und spannend bis zum Ende, wobei vielleicht nicht jede Drehbuchseite auf Plausibilität abgeklopft werden sollte. Mit einer Katastrophe anfangen und dann ganz langsam steigern – wenn es nach diesem Prinzip geht, ist „Unbroken“ jedenfalls schon mal ganz vorne mit dabei.

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