zum Hauptinhalt
Rauch steigt auf, nachdem im Wang Fuk Court, einer Wohnanlage im Stadtteil Tai Po in den New Territories von Hongkong, ein Feuer ausgebrochen ist.

© IMAGO/Nexpher Images/Vernon Yuen

Update

Fahrlässige Tötung?: Drei Festnahmen nach Großbrand in Hongkong – Opferzahl steigt auf 65

Dichte Rauchschwaden, brennende Gerüste: In einer Hochhaus-Wohnanlage in Hongkong forderte ein Feuer zahlreiche Opfer. Die Polizei führte nun vor laufender Kamera drei Verdächtige ab.

Stand:

Mindestens 65 Menschen sind bei einem Großbrand in einer Wohnanlage in Hongkong ums Leben gekommen. Die Zahl der Verletzten beläuft sich mittlerweile auf 70, darunter 10 Feuerwehrleute. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist unklar. Zuvor war in offiziellen Angaben von 279 Menschen die Rede.

Wie die Behörden mitteilten, nahm die Polizei drei Menschen einer Baufirma mit Verdacht auf fahrlässige Tötung fest. Die Männer im Alter zwischen 52 und 68 Jahren sollen für Befragungen in Gewahrsam bleiben. Mit großen Masken als Kopfbedeckung führten sie die Männer vor laufender Kamera ab. Auch Büroräume des Unternehmens wurden durchsucht. 

Die Feuerwehr kämpfte am Abend (Ortszeit) weiter gegen einzelne Brandherde. Zuvor hatten die Behörden das Feuer, das in der Wohnanlage Wang Fuk Court im Stadtteil Tai Po ausgebrochen war, in die höchste Alarmstufe 5 kategorisiert. Zur Brandursache machten die Behörden zunächst keine Angaben. 

Helfer retteten nach eigenen Angaben mehr als 20 Stunden nach Ausbruch des Feuers noch weitere Überlebende aus den betroffenen Gebäuden. Am Abend retteten die Einsatzkräfte einen Überlebenden aus dem 16. Stock eines Gebäudes. Die Feuerwehr brachte zudem mehrere Katzen und Hunde, die überlebt hatten, aus den Gebäuden, wie auf Fotos zu sehen war. 

Über den Hochhausblöcken der Wohnanlage Wang Fuk Court zogen den gesamten Tag über dichte Rauchschwaden, während die Feuerwehr ihre Löscharbeiten von Drehleitern aus fortsetzte, wie Live-Übertragungen zeigten. Wegen der Verkehrsbehinderungen fiel an 13 Schulen der Unterricht aus. 

Feuer erfasst mehrere Wohnhäuser

Die Polizei riegelt die Gegend ab. Berichten zufolge könnten noch Menschen in den Wohnblöcken eingeschlossen sein.

© dpa/Chan Long Hei

Berichten unter Berufung auf die Feuerwehr zufolge hatten die Flammen sieben Wohnblöcke der Anlage erfasst. Am Mittwochnachmittag gingen demnach mehrere Anrufe von Menschen ein, die in ihren Wohnungen festsaßen. Insgesamt umfasst das Gebiet acht Wohnhäuser mit je 32 Stockwerken und insgesamt knapp 2.000 Wohnungen.

Die Gebäude waren demnach alle für Renovierungsarbeiten mit einem Baugerüst aus Bambus eingefasst. Die mit Nylonband zusammengebunden Holzstangen sind günstig, flexibel einsetzbar, widerstandsfähig – im Falle eines Feuers aber besonders gefährlich. Historikern zufolge wurden Bambusgerüste schon beim Bau von Chinas Großer Mauer verwendet. Hongkong ist einer der letzten Orte der Welt, an dem sie auf Baustellen in großem Umfang eingesetzt werden.

Die Fassadengerüste stehen über mehrere Stockwerke hinweg in Flammen.

© IMAGO/Nexpher Images/Vernon Yuen

Fotos und Videos vom Einsatzort zeigten große Rauchschwaden, die aus den eingerüsteten Wohnhochhäusern aufstiegen. Auch war zu sehen, wie die Fassadengerüste über mehrere Stockwerke hinweg in Flammen standen und brennende Teile zu Boden stürzten. Zudem waren im Inneren einzelner Wohnungen Feuerherde zu erkennen.

Die Behörden prüfen insbesondere die Sicherheitsstandards der traditionellen Bambusgerüste und der daran befestigten Schutznetze, mit denen alle Gebäude wegen Renovierungsarbeiten verkleidet waren. Ermittler fanden Fenster, die mit Polystyrolplatten verbaut und teils blockiert waren – einem leicht entflammbaren Kunststoff, der häufig als Dämmmaterial verwendet wird. Weiter vermuten die Ermittler, dass Schutznetze, Planen und Plastikfolien möglicherweise nicht den Brandschutznormen entsprochen hatten. 

Hongkongs Regierungschef John Lee ordnete an, alle Gebäude in der chinesischen Sonderverwaltungsregion, die derzeit großflächig renoviert werden, zu überprüfen. Gegen die traditionell im Hongkonger Bau verwendeten Bambusgerüste gab es immer wieder Bedenken hinsichtlich der Brandschutzsicherheit.

Hunderte Einsatzkräfte vor Ort

Anwohner in der Nähe des Einsatzortes sollten Fenster und Türen geschlossen halten und die Gegend um die brennenden Gebäude meiden. Die Hongkonger Polizei richtete einen Telefonservice ein, damit die Öffentlichkeit sich über die Opfer informieren konnte.

Wie die Hongkonger „South China Morning Post“ berichtete, waren mehr als 760 Feuerwehrleute und 400 Polizisten im Einsatz. Mehr als 700 Menschen suchten Unterschlupf in den von der Stadt eingerichteten Unterkünften.

Unter den Toten war den Angaben zufolge auch ein Feuerwehrmann. Wie die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion bestätigte, war der 37-Jährige bewusstlos am Einsatzort aufgefunden worden und kam zunächst in ein Krankenhaus, wo er später an den Folgen seiner Verletzungen starb.

Nach dem Großbrand blieben laut Lee noch Hunderte Menschen in den neun öffentlichen Notunterkünften. Verzweifelte Menschen suchten dort am Tag nach der Brand-Katastrophe nach Angehörigen, zu denen sie den Kontakt verloren hatten. In der Kwong Fuk Community Hall hingen zudem Fotos der Toten aus. 

Die obdachlos gewordenen Bewohner sollen laut Lee zunächst in Hostels oder Hotels unterkommen. Anschließend könnten sie in 1.800 subventionierte Übergangswohnungen umziehen, sagte er während einer Pressekonferenz.

Wegen des Brandes wurde ein ganzer Abschnitt der Tai Po Road, einer der beiden Hauptverkehrsstraßen Hongkongs, gesperrt. In der Stadt werden nun Spenden für die Opfer gesammelt, die alles verloren haben. (Reuters/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })