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Die Wahlbeteiligung in Frankreich ist sehr hoch.

© Imago/Gabrielle Cezard

Update

Frankreich wählt ein neues Parlament: Höchste Wahlbeteiligung seit 46 Jahren

Präsident Macron hat mit vorgezogenen Parlamentswahlen alle überrascht. Nun startet die erste von zwei Runden. Wird die Rechte in Frankreich so stark wie prognostiziert?

Die mit Spannung erwartete Parlamentsneuwahl in Frankreich ist in die erste Runde gestartet. Die Wahlbeteiligung lag am Sonntagmittag deutlich höher als bei früheren Urnengängen zu diesem Zeitpunkt.

Bis 17.00 Uhr hatten knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, wie das Innenministerium mitteilte. Dies ist die höchste Beteiligung seit 46 Jahren und schon jetzt deutlich mehr als die Gesamtbeteiligung bei der vorigen Wahl zur Nationalversammlung 2002, die bei 48 Prozent gelegen hatte.

Die rund 49,3 Millionen Wahlberechtigten können darüber abstimmen, ob auch künftig das Mitte-Lager von Staatschef Emmanuel Macron die Mehrheit in der Nationalversammlung haben wird und damit die Regierung stellt oder ein Machtwechsel in Paris ansteht und Premierminister Gabriel Attal das Feld räumen muss.

Erste Hochrechnungen werden in Frankreich für 20 Uhr erwartet

Die Rechtsnationalen von Marine Le Pen malen sich Chancen auf eine Mehrheit in der Parlamentskammer und den Posten des Premierministers aus. Um Macrons Präsidentenamt geht es bei dem Votum nicht.

Die Wahllokale öffneten am Sonntag um 8.00 Uhr. In Übersee begann die Wahl wegen der Zeitverschiebung teils schon am Samstag. Erste Hochrechnungen werden für 20 Uhr erwartet.

Macron hatte die Nationalversammlung nach der klaren Schlappe seiner Liberalen bei der Europawahl und dem haushohen Sieg des rechtsnationalen Rassemblement National (RN) aufgelöst und Neuwahlen der französischen Parlamentskammer in zwei Durchgängen angekündigt. Die zweite und entscheidende Wahlrunde ist am 7. Juli. 

Macron hofft auf Ausbau seiner Mehrheit

Staatschef Macron hofft, bei dem Votum seine relative Mehrheit in der Nationalversammlung auszubauen. Sein regierendes Mitte-Lager stand seit dem Verlust der absoluten Mehrheit vor zwei Jahren unter enormem Druck. RN und das neue Linksbündnis Nouveau Front Populaire streben einen Regierungswechsel an.

Umfragen zufolge dürfte Macron in der ersten Wahlrunde erneut eine herbe Niederlage einstecken. Zuletzt sahen Wahlumfragen sein Mittelager mit 20 bis 20,5 Prozent nur auf Platz drei. Klar vorn lag demnach Le Pens RN und Verbündete mit 36 bis 36,5 Prozent, gefolgt vom Nouveau Front Populaire mit 29 Prozent.

Stichwahlen entscheidend – Prognosen sehen RN vorn

Wie genau das Parlament nach der Wahl aussehen wird, ist noch ungewiss. Die wenigsten der 577 Sitze werden im ersten Durchgang vergeben. Entscheidend sind die Stichwahlen in der zweiten Runde.

Dennoch gehen Prognosen davon aus, dass die Rechtsnationalen stärkste Kraft in der Nationalversammlung werden könnten. Ob es auch für eine absolute Mehrheit reichen könnte, ist unklar – auch, weil zwischen den beiden Wahlrunden oft lokal Bündnisse geschlossen werden, die den Ausgang beeinflussen. Während die Linken stabil bleiben könnten, dürfte Macrons Mitte-Lager Sitze verlieren.

Rechtsnationale wollen Regierungsverantwortung

Ein solcher Ausgang hätte schwerwiegende Folgen. Die Nationalversammlung ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der Gesetzgebung beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen. Sollte ein anderer Block als Macrons Lager der Mitte die absolute Mehrheit erlangen, wäre Macron de facto gezwungen, einen Premier aus dessen Reihen zu ernennen. Es gäbe dann eine sogenannte Kohabitation. Macrons Macht würde deutlich schrumpfen, der Premier würde wichtiger.

Die Rechtsnationalen setzen explizit darauf, die Wahl zu gewinnen und Regierungsverantwortung zu übernehmen. RN-Parteichef Jordan Bardella soll Premierminister werden. Auch in Brüssel und Berlin wird die Wahl daher mit Spannung verfolgt.

Die deutsche Wirtschaft sorgt sich um die Folgen der Wahl, wenn die extreme Rechte oder die extreme Linke an die Macht gelangen sollte.

„Bei der Analyse der wirtschaftspolitischen Ankündigungen der Rechten und der Linken kommen deutsche und französische Unternehmen zu demselben Schluss: Die Attraktivität Frankreichs würde darunter leiden“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer, Patrick Brandmaier, in Paris. (dpa)

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