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Im Rausch der Geschwindigkeit: Eine typische Szene aus „Michel Vaillant“.

© Illustration: Jean Graton

Jean Graton 1923 – 2021: Der Schöpfer von „Michel Vaillant“ ist tot

In den 70er Jahren war sie Kult. Jetzt ist der Erfinder der Rennfahrer-Comicserie „Michel Vaillant“ gestorben. Auf Deutsch steht eine Neuauflage bevor.

Wohl keine Serie steht derart synonym für ein ganzes Genre wie „Michel Vaillant“ für den Rennfahrer-Comic. Wer an die Formel 1 im Comic denkt, der hat automatisch die Boliden aus der Feder des französischen Comic-Künstlers Jean Graton vor Augen, wie sie über die Rennstrecken aller Kontinente brausen und berghohe Soundwords hinter sich herziehen, die so stilprägend in keinem anderen Comic weltweit zum Einsatz kamen.

Jean Graton neben seinem Helden Michel Vaillant auf einem Foto aus dem Jahr 2005.
Jean Graton neben seinem Helden Michel Vaillant auf einem Foto aus dem Jahr 2005.

© Herwig Vergult / AFP

Begonnen hat der 1923 im bretonischen Nantes geborene Jean Graton seine Karriere als Illustrator nach dem Krieg im Nachbarland Belgien. Für das „Spirou“-Magazin zeichnete er Anfang der 1950er Jahre eine ganze Reihe von „Onkel Paul“-Geschichten, bevor er dann zu „Tintin“ wechselte, wo er ganz ähnliche Kurz-Comics veröffentlichte, die auf wenigen Seiten bemerkenswerte Ereignisse der Historie für die junge Leserschaft zusammenfassten. Doch bei „Tintin“ konnte er jetzt auch seine eigenen Szenarios verfassen und konzentrierte sich immer mehr auf Geschichten, die in der Sportwelt spielten.

1957 schlug dann seine große Stunde, als er eine erste Kurzgeschichte mit Michel Vaillant auf den Seiten von „Tintin“ vorstellte. Hier konnte er seine ganze Leidenschaft für den Automobilsport zeichnerisch ausleben, die ihn schon von Kindheit an gepackt hatte und nie mehr loslassen sollte. Die Serie erzählte von dem fiktiven Rennstall Vaillante, spielt aber in der realen Welt des Formel-1-Zirkus und lässt dabei alle bekannten Rennfahren gegen Michel Vaillant antreten – von Jacky Ickx bis Michael Schumacher. Genau das macht einen großen Teil der Faszination für die Leser aus, und keineswegs nur in den franko-belgischen Kernlanden.

Gerade auch in Deutschland eroberte „Michel Vaillant“ – zunächst noch unter dem Namen „Michael Voss“ in Ehapas „Mickyvision“ – ab 1965 die Kioske. Das galt besonders ab 1972, als das „Zack“-Magazin startete, aus dem „Michel Vaillant“ seit der ersten Nummer nicht mehr wegzudenken war.

Ab dem Ende der 1970er Jahre entstanden die neuen „Michel Vaillant“-Geschichten dann sogar exklusiv für das deutsche „Zack“. Doch die Phase für den Koralle-Verlag währte nur wenige Jahre. Erst musste „Zack“ 1980 eingestellt werden. Und wenige Jahre darauf endete die ganze Comic-Produktion in Hamburg.

Auf Deutsch wurde „Michel Vaillant“ lange im Verlag der Zeitschrift „Zack“ veröffentlicht, hier ein Titelbild der Reihe.
Auf Deutsch wurde „Michel Vaillant“ lange im Verlag der Zeitschrift „Zack“ veröffentlicht, hier ein Titelbild der Reihe.

© Mosaik/Promo

Jean Graton zog daraus den Schluss, dass er lieber auf eigene Faust seine Comics im Eigenverlag Graton Éditeur produzieren wollte. So wie es ihm schon in den 1950er Jahren wichtig war, selbst zusätzlich zu den Zeichnungen die Szenarios zu verfassen, gewann er jetzt auch die absolute Kontrolle über den verlegerischen Bereich. Jahr für Jahr entstanden immer neue Alben, die auf Deutsch allerdings immer weniger präsent waren.

Das Steuer vom Vater an den Sohn weitergereicht

Nachdem zunächst noch im Carlsen-Verlag die frühen Alben als Klassiker-Ausgaben erschienen, nahm sich darauf der Kleinverlag Seven Islands der Serie an, die aber kaum noch über den harten Fankreis hinaus wahrgenommen wurden. Das sollte sich erst ab 1999 wieder ändern, als der Berliner Verlag Mosaik Steinchen für Steinchen das „Zack“-Magazin neubelebte – natürlich von der ersten Nummer an mit „Michel Vaillant“ im Heft.

Eine weitere Szene aus „Michel Vaillant“.
Eine weitere Szene aus „Michel Vaillant“.

© Dupuis

Nach zwei Jahrzehnten war Jean Graton damit wieder mit seiner Rennfahrer-Serie im Fokus der deutschen Comic-Öffentlichkeit. Auch als er zunehmend das Steuer an seinen Sohn Philippe Graton weiterreichte, der nicht nur einen Neustart von „Michel Vaillant“ mit ganz neuen Künstlern veranlasste, sondern Graton Éditeur dann auch an den belgischen Dupuis-Verlag verkaufte, blieb die Serie in „Zack“, wo innerhalb der„Zack-Edition“ mittlerweile auch alle Alben veröffentlicht wurden.

Nur auf eine Gesamtausgabe, wie es sie inzwischen von praktisch allen wichtigen „Zack“-Serien gibt, mussten die Fans hierzulande bis jetzt warten.

Doch hierzu gibt es jetzt eine gute Nachricht für die deutschen Leser, die vielleicht etwas die Trauer über den Tod von Jean Graton mindern kann. Denn im Herbst 2021 startet die Egmont Comic Collection eine Gesamtausgabe von „Michel Vaillant“. Die Serie kehrt damit in den Verlag zurück, wo sie ihre deutsche Veröffentlichungskarriere einmal als „Michael Voss“ startete.

Martin Jurgeit

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