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Sean Penn als Taxifahrer Clark in einer Szene des Kinofilms „Daddio – Eine Nacht in New York“.

© dpa/Leonine/Uncredited

Mansplaining hinterm Steuer: Was das Kino-Kammerspiel „Daddio“ zu bieten hat

Wenn zwei sich unterhalten, kommt nicht immer was Gutes raus: Dakota Johnson und Sean Penn in Christy Halls Regiedebüt „Daddio – Eine Nacht in New York“ über eine nächtliche Taxifahrt.

Von Anne Küper

Niemand wartet am Gate, um die Frau mit den blondierten Haaren und der Lederjacke vom New Yorker Flughafen JFK abzuholen. Routiniert verstaut sie den Aluminium-Trolley im Kofferraum des Taxis, das sie heimbringen wird.

Nach Midtown Manhattan soll es gehen, erklärt die müde Passagierin von der Hinterbank aus, ehe sie durchs Fenster in die Nacht starrt. „Good old Manhattan“, kommentiert der Fahrer das Reiseziel. Es wird nicht seine letzte Wortmeldung bleiben.

Auffällig oft sieht er in den Rückspiegel, so häufig jedenfalls, wie es angesichts des Straßenverkehrs nicht zwingend notwendig wäre. Die Blicke treffen sich, die beiden kommen miteinander ins Gespräch. Und mehr als das passiert in „Daddio – Eine Nacht in New York“ auch erstmal nicht.

Das Kinodebüt der Theaterautorin Christy Hall zeigt zwei sehr unterschiedliche Menschen bei dem Versuch sich zu unterhalten, während das Taxameter läuft und die roten Ziffern den Preis anzeigen, den jene zufällige Begegnung hat.

In dieser altmodisch anmutenden Reduziertheit mag das durchaus reizvoll klingen, auch weil sich Regisseurin Hall mit dem yellow cab eines Bildraums des US-Kinos annimmt, der in Zeiten von Uber, Lyft und Co zu verschwinden droht.

„Fucking apps“, meckert der bärtige, Kaugummi kauende Mann am Steuer. Ungeduldig trommelt er mit den Fingern auf dem Lenkrad herum und schimpft über die ausbleibenden Trinkgelder wegen der Kreditkartenzahlung, die Digitalisierung, die Leute, die bloß auf die Screens ihrer Smartphones schauen.

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Der Vater der Kundin könnte er sein, dieser Taxi Driver, der sich in seiner Rolle als waschechter New Yorker sichtlich gefällt. Clark heißt er und wird von Sean Penn gespielt. Dessen ausgestellter Haudegenhaftigkeit setzt Regisseurin Hall die sanfte Sexyness von Dakota Johnson entgegen, deren Figur in „Daddio – Eine Nacht in New York“ ohne Namen bleibt.

Im Abspann wird sie als „Girlie“ angeführt. Dementsprechend geht der Film auch mit der weiblichen Hauptfigur um, wenn er sie so wenig ernst nimmt, dass es sich fragt, wie solch ein Film im Jahr 2024 eigentlich überhaupt noch gedreht werden konnte.

Zwischentöne bleiben auf der Strecke

Dakota Johnson, seit den Verfilmungen der Roman-Trilogie „Shades of Grey“ in Unterwürfigkeitsszenarien bestens erprobt, verkörpert bei Hall eine Gestalt, die 24 bis 34 Jahre alt sein könnte, unbedingt aber männlichen Vorstellungen einer alterslosen, faltenfreien und unbedingt schlanken fuckability entspricht.

Der Lidstrich sitzt trotz Langstreckenflug perfekt, wiederholt beißt sich „Girlie“ auf den Zeigefinger, wirft Clark laszive Blicke zu oder nimmt lächelnd dessen sexistische Kommentare hin. Schließlich wird sie ihm von dem verheirateten, deutlich älteren Mann erzählen, mit dem sie eine heimliche Affäre hat.

Per Chat meldet der sich bei ihr nach der Landung, vermisst habe er sie ganz doll, als sie zur Schwester nach Oklahoma reiste. Wann sie vorbeikomme, will er wissen. Und ob er jetzt wohl Nacktbilder von ihr haben könne, sein Schwanz sei schon hart. Nach kurzem Zögern wird „Girlie“ seiner Bitte genauso nachgeben wie der ungebremsten Konversationslust von Clark am Steuer, der erstmal eine gehörige Portion daddy issues diagnostiziert und als Mansplainer ihr Begehren analysiert.

In einer Szene zumindest darf die Frau erklären, wie ein Computer funktioniert, denn sie ist als Programmiererin tätig und nicht ob ihres Aussehens in der Modeindustrie, wie der selbsternannte Menschenkenner am Steuer angenommen hatte. Nuller oder Einser, Wahrheit oder Lüge, Tag oder Nacht, Mann oder Frau, Macht oder Ohnmacht: Die Welt in „Daddio – Eine Nacht in New York“ ist binär organisiert.

Die Zwischentöne in diesem dialogischen Kammerspiel bleiben auf der Strecke, immer wieder gerät die Fahrt ins Stocken. Eine Baustelle? Ein Stau? Nein, ein Unfall.

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