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Public Viewing zur EM 2024 auf dem Luisenplatz in Potsdam wegen Sicherheitsbedenken abgesagt.

© Andreas Klaer

Deutschland-Spiel in Potsdam abgesagt: Warum die Blamage ein Alarmzeichen ist

Das Rathaus muss das Public Viewing im Stadtzentrum untersagen, weil es Sicherheitsbedenken gibt. Nicht nur das hätte vorher klar sein müssen. Das Versagen der Verwaltung und die unschönen Folgen.

Ein Kommentar von Sabine Schicketanz

Potsdam verbietet Public Viewing zum Deutschland-Spiel! Da ist Aufregung programmiert, Spott für die „Provinzhauptstadt“, öffentliche Häme, bissiger Ärger. Doch ist das nicht übertrieben, nur dem Erregungspotenzial der Themen Fußball und Bürokratie geschuldet? Schließlich ist der Luisenplatz nicht das einzige Public Viewing der Stadt.

Die Antwort lautet: Nein. Leider lässt sich die Blamage nicht als Posse abtun. Sicher, es gibt deutlich wichtigere Themen für ein Rathaus, und klar, Fußball kann jeder auch anderswo unter freiem Himmel schauen. Doch es steckt mehr dahinter. Es ist eine Art Systemversagen der Verwaltung, das mit Blick auf wirklich wichtige Themen Sorgen macht.

Von Handwerk bis Kommunikation ist beim Public-Viewing-Debakel fast alles schiefgelaufen. Angefangen mit der banalen Fehleinschätzung der Verwaltung zu verkennen, dass viele Menschen gemeinsam die Spiele der deutschen Mannschaft sehen wollen. Bis zur schlichten Erkenntnis, dass der Sommer wahrscheinlich geeignet ist, dies unter freiem Himmel zu tun.

Sicherheitskonzept muss von vornherein im Gespräch sein

Selbst wenn der Veranstalter nur 300 Menschen erwartet, entbindet dies das Rathaus nicht davon, Realitäten anzuerkennen. Statt zuzuschauen, wie sich der Platz bei jedem Deutschland-Spiel mehr füllt und dann auf den letzten Drücker mit einem Verbot zu reagieren, hätte von vornherein ein Sicherheitskonzept zumindest im Gespräch sein müssen. Mit klaren Aussagen an den Veranstalter, was bei wie vielen Zuschauern nötig ist.

Dazu gehört jedoch ein Bekenntnis: Das Public Viewing für die Potsdamer auf dem Luisenplatz wirklich zu wollen und sich auch hier als Dienstleister im besten Sinne zu verstehen. Verantwortung nicht aus dem Weg zu gehen. Entscheidungen zu kommunizieren.

Rechtsextreme instrumentalisieren den Fall

Dies soll dennoch kein Verwaltungs-Bashing sein. Denn für das Versagen gibt es Gründe. Einer ist offenkundig, dass die Funktionstüchtigkeit des Rathauses unter der Krise um Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) leidet. Selbst Krisenmanagement scheint kaum mehr möglich – denn die Problematik um das Public Viewing ist spätestens seit Mittwoch an der Rathausspitze bekannt. Schubert muss den Fall nicht auch noch zur symbolischen Chefsache machen. Aber er sollte hinter den Kulissen dafür sorgen, dass aus der Posse eben keine Blamage wird. Das ist ihm nicht gelungen.

Der Schaden ist größer, als mancher auf den ersten Blick sehen mag. Der Vorgang beeinträchtigt das Vertrauen in die Verwaltung, die hier auch Vertreter des Staats ist. Der Eindruck ist klar: Die bekommen nicht einmal sowas hin. Das ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die demokratischen Institutionen schaden wollen.

In sozialen Netzwerken wird das Debakel von Rechtsextremen instrumentalisiert, frei nach dem Motto: Seht her, wegen ausländischer Messerstecher muss Potsdam die Deutschland-Spiele verbieten. Das ist falsch. Doch ist ein solches Narrativ auf dem digitalen Marktplatz, lässt sich das nur schwer korrigieren. Fußball hin oder her – es ist ein Jammer für Potsdam.

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