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Georgien-Trainer Willy Sagnol an der Seitenlinie.

© IMAGO/Every Second Media/imago

Jetzt schon „Nationalheld“: Sagnols EM-Märchen mit Georgien

Seinen Trainerjob in Georgien verdankt Willy Sagnol alten Kontakten aus der Bundesliga. Mit dem Land gewinnt er zwar keine Titel wie früher mit dem FC Bayern – schafft aber etwas genauso Wertvolles.

Von
  • Thomas Eßer, dpa
  • Miriam Schmidt, dpa

Über die Bedeutung dieses georgischen Fußball-Sommers muss Willy Sagnol nicht lange nachdenken. „Das steht auf derselben Ebene wie der Gewinn der Champions League mit dem FC Bayern. Ohne jeden Zweifel“, sagte der 47-Jährige. Unabhängig vom Ausgang des Turniers wird der französische Trainer in Georgien für die allererste EM-Teilnahme schon als „Nationalheld“ verehrt.

Sollte am Samstag (15.00 Uhr/RTL und MagentaTV) gegen Tschechien auch noch der erste Sieg bei einem großen Turnier gelingen, dürfte in dem Land am Schwarzen Meer erneut Ausnahmezustand herrschen. Dass die 3,7 Millionen Georgier überhaupt davon träumen dürfen, ist auch ein Verdienst Sagnols.

„Sehr groß“ sei der Anteil des Franzosen am Erfolg, sagte Verbands-Präsident Lewan Kobiaschwili. Abwehrspieler Lasha Dvali lobte: „Er ist sehr wichtig für uns. Er hat eine große Erfahrung als Spieler, hat große Spiele gespielt. Als Trainer strahlt er Ruhe aus.“

Ernsthaft: Ich habe noch nie so viele Männer weinen sehen.

Willy Sagnol über die Freude nach der EM-Qualifikation Georgiens

Die Erfolgsgeschichte begann im Februar 2021. Der 46 Jahre alte Kobiaschwili, der mit dem Ex-Freiburger Alexander Iaschwili den Verband führt, erinnerte sich bei der Trainersuche an seinen alten Bekannten aus der Bundesliga. „Wir haben konkret so einen Trainer gesucht. Für unsere Spieler, für unsere Mentalität ist das sehr wichtig, so einen Trainer zu haben, der ehemaliger Spieler ist, ein hungriger Trainer, der auch etwas beweisen will“, sagte er.

Sagnol kannte vor Amtsantritt keinen einzigen Spieler

In der Bundesliga standen sich der frühere Freiburger, Schalker und Berliner Kobiaschwili und der Ex-Münchner Sagnol oft gegenüber. „Als Gegner haben wir auf einer Seite gespielt: Ich links, er rechts. Willy war immer ein sehr angenehmer Typ“, sagte Kobiaschwili schmunzelnd.

Sagnol hatte zuvor ohne große Erfolge französische Nachwuchs-Nationalmannschaften, Girondins Bordeaux und interimsweise den FC Bayern trainiert. „Er hat vorher keine überragende Trainerkarriere gehabt, aber er hat gezeigt, er will das. Willy war als Spieler erfolgreich. Er weiß, wie man Titel gewinnt, wie man wichtige Spiele gewinnt“, sagte Kobiaschwili. Sagnol sagte dem Magazin „11Freunde“ über die ersten Kontakte: „Sie zeigten mir auf, was sie in diesem Land entwickeln wollen. Mir sagte die Idee sofort zu.“

Gemeinsam schufen sie die Basis für den heutigen Erfolg. Sie veränderten Strukturen, ließen Jugendakademien bauen, setzten auf junge Spieler und arbeiteten systematisch auf das große Ziel hin. „Es musste ein Neuanfang her“, erinnerte sich Sagnol. Im März gelang dann durch den Playoff-Sieg gegen Griechenland die erstmalige EM-Qualifikation. „Ich bin sehr stolz darauf, weil wir dafür sehr hart gearbeitet haben“, sagte Sagnol dem „Kicker“. Noch bei seinem Amtsantritt kannte er nicht mal einen einzigen georgischen Spieler.

Er ist einer der Nationalhelden. Er ist Franzose, aber ist jetzt Georgiens Nationalheld.

Nika Kwekweskiri über Georgien-Trainer Willy Sagnol

Mit der Zeit ist aus dem früheren Profi Sagnol und seinen Spielern um Star Chwischa Kwaratschelia von der SSC Neapel eine gut funktionierende Gemeinschaft entstanden. Nika Kwekweskiri, der gegen Griechenland den entscheidenden Elfmeter verwandelte, sagte: „Die Ergebnisse sprechen für sich. Ich habe großen Respekt für ihn. Die Arbeitsmoral, die Disziplin, die Taktik, die er ins Team gebracht hat, das funktioniert sehr gut.“

Schon nach der geschafften EM-Quali sollten Sagnol und sein Team den Ehrenorden des Landes bekommen, die Georgier feierten den Erfolg emotional. „Ernsthaft: Ich habe noch nie so viele Männer weinen sehen“, sagte der frühere Abwehrspieler über die Party-Nacht.

Seinen Platz in der Fußball-Historie Georgiens hat Sagnol seitdem sicher. „Er ist einer der Nationalhelden. Er ist Franzose, aber ist jetzt Georgiens Nationalheld“, sagte Kwekweskiri.

Nun wollen Sagnol und sein Team dem Land einen weiteren Traum erfüllen und ihr Märchen mit dem ersten EM-Sieg fortschreiben. Beim 1:3 im ersten Spiel gegen die Türkei war das Team schon nah dran, zeigte begeisternden Fußball und hielt gut mit. „Ich bin überzeugt, dass wir die gleiche Leistung zeigen werden“, versprach Sagnol. (dpa)

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