zum Hauptinhalt
Von Anfang an dabei bei den Ig-Nobel-Verleihungen in Harvard: Ein Marc Abrahams. Und sehr viele Papierflieger.

© REUTERS

Erfinder des Ig-Nobelpreises kommt nach Berlin: Perverse Stockenten - und Menschenfüße im Wodka

Marc Abrahams, Erfinder der Ig-Nobelpreise, kommt – mit Special Guest – ins Tempodrom.

Am Anfang war Marc Abrahams ein ganz normaler Wissenschaftsjournalist. Das war in den frühen neunziger Jahren, als die Medienwelt noch in Ordnung war und man in diesem Job auch noch ein bisschen Zeit hatte, sich intensiv mit Themen zu beschäftigen. Abrahams fiel bald auf, dass es jenseits der großen und Schlagzeilen machenden News unzählige interessante und teilweise abseitig erscheinende Forschungsergebnisse und dazugehörige Forscher gab, von denen aber außerhalb ihres Fachgebietes nie jemand etwas erfuhr. Er landete bei einem Magazin, das Wissenschaft von der humorigen Seite darstellte, und als das eingestellt werden sollte, gründete er sein eigenes.

Das Magazin der unwahrscheinlichen Forschung

Dieses „Journal of Improbable Research“ gibt er nach wie vor mit Erfolg heraus. Zum Medienstar wurde Abrahams aber als Erfinder der sogenannten „Ig-Nobel-Preise“, die eigentlich nur als Gimmick des Magazins gedacht waren. Bei der Zeremonie – einmal pro Jahr veranstaltet in einem altehrwürdigen Saal der Harvard University – werden Wissenschaftler und Ingenieure für eher nicht nobelpreisverdächtige Erkenntnisse ausgezeichnet. Nutztierforschung etwa hat schon öfter den Biologie-Preis bekommen: Wer herausfindet, wie lange Kühe im Mittel nach dem Hinlegen liegen bleiben, bis sie wieder aufstehen, hat ebenso gute Chancen wie jemand, der „den ersten Fall nekrophiler Homosexualität bei Stockenten“ dokumentiert. Und auch einen Preis für den Nachweis, dass eine dänische Volksweisheit nicht auf wissenschaftlichen Füßen steht, gab es bereits: Eine Forschergruppe belegte hier mithilfe von Menschen und Wodka, dass man eben durch ein ausgiebiges Fußbad in Alkohol doch nicht betrunken werden kann.

Ehre für Volkswagen

Abrahams ist es wichtig, dass seine Arbeit Forscher nicht lächerlich macht. Das gelingt offenbar. Bei den Preisverleihungen sind jedenfalls immer viele echte Nobelpreisträger mit auf der Bühne, und auch die Ausgezeichneten nehmen – mit Ausnahme etwa der für die Lösung des Abgasproblems bei Autos geehrten VW-Softwareentwickler – die Preise meist gern persönlich entgegen. Die Fähigkeit zu so viel Selbstironie ist jedenfalls ein gutes Zeichen. Abrahams geht es, sagt er, um Forschung, die einen erst zum Lachen bringt – und dann zum Nachdenken. Anlass dazu hat vielleicht ja ein Anleger, der erfährt, dass Unternehmen, deren Chefs besonders selbstbewusst sind und mit großem Schnörkel unterschreiben, bei ihren Geschäftszahlen eher Probleme bekommen als von eher bescheidenen Personen geführte. Und mit Andre Geim gibt es inzwischen auch einen Ig-Nobel-Laureaten (für einen lebenden, schwebenden Frosch), der später auch den echten Nobelpreis (für Graphen-Forschung) bekam.

Anders kratzen

Und dass man, wenn's juckt, nicht unbedingt genau dort Abhilfe schaffen muss, wo es eben juckt, erfährt man auch nicht in Magazinen wie "Science" oder "Nature". Marc und sein Team dagegen wissen solche Erkenntnisse zu würdigen. Für den Befund, dass man sich auch vor den Spiegel stellen und dann auf der anderen Körperseite kratzen kann, gab es jedenfalls auch schon einen Preis. Tatsächlich sind solche Ergebnisse dann oft nicht ganz unbedeutsam, in diesem Falle etwa für die Erforschung des menschlichen Gehirns.

Und schon der große Wissenschaftsphilosoph Thomas Kuhn stellte ja klar heraus, dass die wirklich großen wissenschaftlichen Revolutionen praktisch immer an den äußeren Rändern und nicht im wissenschaftlichen Mainstream beginnen.

Am Freitag, 12.April, präsentiert Abrahams eine Ig-Nobel-Show im Tempodrom – mit dem bekannten deutschen Kriminalbiologen Mark Benecke als Special Guest.

Zur Startseite