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Polizeigewalt: Polizisten vertuschten Gewalt-Exzess eines Kollegen

Ein 36-jähriger Polizist schlug bei einem Einsatz in Hellersdorf grundlos zu. Zwei Jahre später macht er vor Gericht reinen Tisch.

Nach dem Einsatz saßen acht Polizisten bedrückt im Fahrzeug. Einer von ihnen hatte einen Mann blutig geprügelt. Zwei Schläge mit dem Schlagstock auf den Kopf. Völlig grundlos. Ein unseliger Geist machte sich im Mannschaftswagen breit. „Es wurde untereinander gesagt, dass ich ausgerutscht bin“, gab Enrico Z. am Freitag vor einem Amtsgericht zu. Dass es eine Körperverletzung im Amt war, sollte unter der Decke gehalten, „systematisch verschleiert“ werden, sagte der Staatsanwalt. Doch der Corpsgeist bröckelte. Der Täter zeigte sich zwei Jahre später überraschend geständig.

Sie sollten sich in der Silvesternacht 2010 um eine Schlägerei in Hellersdorf kümmern. „Ich bin mit einem Tunnelblick hingespurtet“, sagte der Angeklagte. Er habe eine schwangere Frau am Rande der Prügelei wahrgenommen und sie schützen wollen. Die Lage sei noch nicht geklärt gewesen. „Ich habe impulsiv zugeschlagen, das war wie ein Vakuum, ich habe mich selbst erschrocken.“

Er gestand: „Ich hätte es anders machen können.“ Sie hätten die beiden Männer „schonender trennen“ können. Er habe sich gleich nach dem Vorfall eigentlich selbst anzeigen wollen. Sein Vorgesetzter aber habe gesagt: „Das machen wir schon, da bis du eben gestürzt.“

Es war ein 23-jähriger Tiefbauer, auf den Z. eindrosch. Daniel W. erlitt zwei lange Platzwunden am Kopf. Der Polizeikommissar hatte derart wuchtig zugeschlagen, dass sein Mehrzweckschlagstock brach. Dabei hatte W. eigentlich nur versucht, den Streit zwischen den ihm fremden Mann und der Frau zu schlichten. „Beide zankten sich vor meiner Tür, ich ging hin, der Mann wurde aggressiv“, sagte er.

Nach den Schlägen auf den Kopf sei er in Handschellen abgeführt worden. Ihm sei von einem Polizisten lächelnd erklärt worden: „Der Kollege ist auf einem Eisstück ausgerutscht und hat beim Hinfallen mit dem Schlagstock getroffen.“

Daniel W. erstattete Anzeige wegen Polizeigewalt. Doch die acht Beamten, die vor Ort waren, sprachen übereinstimmend von einem Sturz. Fünf Wochen später aber ging ein anonymes Schreiben beim Landeskriminalamt ein. „Der W. war bereits unter Kontrolle, als Z. mehrfach mit dem Stock auf ihn einschlug“, teilte der Verfasser mit und unterschrieb mit „ein Kollege“.

Der 36-jährige Enrico Z., seit 1994 bei der Polizei, schwieg weiter - vielleicht aus Angst, nach dem Auspacken einen schweren Stand zu haben.

Der Bürger muss darauf vertrauen können, anständig behandelt zu werden, hielt der Richter dem Angeklagten vor. Enrico Z. nickte. Er wollte nicht länger mit dem schlechten Gewissen leben. Das Vertuschen sei „so ein Selbstläufer“ gewesen, sagte er. Dass sich Z. aus „gruppendynamischen Zwängen“ darauf einließ, sei „nicht wirklich überraschend, aber wirklich nicht gut“, hielt ihm der Richter vor.

Wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt ergingen zehn Monate Haft auf Bewährung. Seine Aussage wurde strafmildernd gewertet. Ein dienstrechtliches Verfahren ist noch anhängig.

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