zum Hauptinhalt
Jörg Lütcke (am Ball) im Trikot von Alba Berlin im Jahr 2001.

© Imago Images/Claus Bergmann

Mit einem Brief fing alles an: Ex-Basketballnationalspieler Lütcke engagiert sich bei seinem Heimatverein

Jörg Lütcke hat mit Alba Berlin und der Nationalmannschaft Erfolge gefeiert. Als Sportvorstand beim TuS Lichterfelde kämpft er mit Problemen.

Er muss nicht lange überlegen. Jörg Lütcke kann sich noch gut erinnern, wie er zum Basketball gekommen ist. Im Briefkasten seiner Eltern sei irgendwann im Jahr 1981 Post vom Basketballverein TuS Lichterfelde gelandet, erzählt er.

„Darin stand geschrieben: Wir suchen die Basketballnationalmannschaft 2000.“ Kurz darauf absolvierte der damals sechs Jahre alte Lütcke sein erstes Basketballtraining beim TuS Lichterfelde, und, was soll man sagen: Im Jahr 2000 spielte er für die Nationalmannschaft.
Zuvor war er mit TuSLi viermal Deutscher Meister in der Jugend geworden und schaffte als junger Erwachsener den Sprung zum Bundesligisten Alba Berlin. Die beiden Vereine etablierten damals eine Kooperation mit einer Doppellizenz für talentierte Jugendspieler.

Lichterfelde bildete für Alba zahlreiche junge Spieler aus. Lütcke absolvierte für Alba 324 Spiele, gewann fünf Mal den Pokal und sieben Mal die Meisterschaft. Neben den Erfolgen in Berlin spielte er für die Nationalmannschaft und holte an der Seite von Dirk Nowitzki bei der Weltmeisterschaft 2002 Bronze.

Vorreiter in der Ausbildung deutscher Basketballer

Von den zwölf Nationalspielern 2002 hatten sieben eine Lichterfelder Vergangenheit. „Darauf konnten wir schon stolz sein“, sagt Lütcke. Der Verein war Vorreiter in der Ausbildung deutscher Basketballer und hat große Namen wie Marko Pesic, Teoman Öztürk und Alexander Frisch hervorgebracht. Nach acht Jahren bei Alba wechselte Lütcke nach Köln und beendete 2005 seine Karriere mit gerade einmal 29 Jahren aufgrund seines dritten Kreuzbandrisses.

Nun ist der ehemalige Nationalspieler zurück in Lichterfelde West, wohnt mit seinen vier Kindern nah an der Halle seines ersten Trainings und arbeitet als Arzt in einer Zehlendorfer Praxis. Neben dem Familienleben und dem Beruf engagiert er sich als Vorstand beim inzwischen eigenständigem Verein TuS Lichterfelde Basketball.

„Ich mache alles ehrenamtlich neben der Arbeit. Viel Zeit hat man gar nicht, um groß Sachen zu bewegen. Das ist manchmal auch ein bisschen frustrierend, man kann es ja nur so nebenher machen“, sagt er. Die einst bestehende Kooperation mit Alba Berlin existiert nicht mehr. „Alba hat seine eigenen Strukturen im Jugendbereich aufgebaut“, erzählt er.

Es sei eher eine Konkurrenzsituation in der Jugend, wobei Alba doch ganz schön enteilt ist. „Sie befinden sich auf einem ganz anderen Niveau. Ihre Trainer sind besser ausgebildet, sie haben mehr Trainer und mehr Hallenkapazitäten, zudem sind sie besser mit der Stadt vernetzt“, sagt Lütcke.

Die Hallensituation ist ein weiteres Problem

Dass Alba andere finanzielle Möglichkeiten hat, zeigt sich gut bei den hauptamtlichen Jugendtrainer*innen. Der Verein aus dem Südwesten kann sich nur zwei hauptamtliche Trainer leisten, der Bundesligist Alba beschäftigt ein Vielfaches in diesem Bereich. „Mittlerweile konkurriert man als Verein mit regulären Ferien – oder Alltagsjobs, ob es nun beim Supermarkt an der Kasse ist, oder wo auch immer. Die Trainer sagen sich: Da verdiene ich mehr, dann mach ich lieber das“, sagt Lütcke.

Jörg Lütcke spielte im Jahr 2000 für die Nationalmannschaft.
Jörg Lütcke spielte im Jahr 2000 für die Nationalmannschaft.

© promo

Die Hallensituation ist ein weiteres Problem. Anders als andere Sportvereine hat TuSLi keine eigene Halle. Den Lichterfeldern fehlen wichtige Hallenzeiten, um mehr Trainings für Kinder anbieten zu können. „Kürzlich haben wir eine wichtige Halle verloren. Wir hoffen, dass wir da in der Zukunft wieder rein können. Insgesamt kann man sagen, dass es zu wenige Hallen für alle Sportarten gibt“, konstatiert er.

Wenn man als Verein wachsen wolle, benötige man mehr Hallenkapazitäten. „Idealerweise hätten wir natürlich auch gern eine eigene Halle, aber das ist leider undenkbar“ , sagt Lütcke. Wie auch bei den wenigen Trainern ist eine eigene Halle aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel für den Verein kein Thema und wäre aufgrund der Immobilienpreise im Berliner Süden auch nur mit einem Großinvestor realisierbar.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]
Doch auch mit deutlich weniger finanziellen Möglichkeiten als Alba schafften in den vergangen Jahren Spieler und Spielerinnen aus Lichterfelde den Schritt zum Bundesligaprofi. Der 23-jährige Nationalspieler Bennet Hundt fing in Lichterfelde an und spielt nach Stationen bei Alba, Göttingen und Bamberg mittlerweile in Oldenburg.

Ein großer Sponsor fehlt

Bei den Frauen wechselte mit Lina Sontag eine hochtalentierte Nachwuchsspielerin in die erste Liga nach Freiburg. Beide konnten sich in Lichterfelde nach dem Minibereich in den Jugendbundesligen entwickeln.

Jedoch sind es gerade die Jugend-Bundesligen und die ersten Mannschaften in den Regionalligen, die den Verein, der sich hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert, an sein Limit bringen. „Man ist immer auf Sponsoren und Spenden angewiesen, die bestimmte Dinge auffangen“, so Lütcke.

Ein großer Sponsor fehlt dem Verein, um sich mehr Trainer leisten zu können. „Die Jugendarbeit ist das, was TuSLi ausmacht, da wollen wir weiterwachsen“, sagt Lütcke. Der Verein ist mit 630 Mitgliedern der viertgrößte Basketballverein in Deutschland und gewinnt auch heute durch Aushänge Mitglieder. Auf vielen Lichterfelder Spielplätzen hat der TuSLi mit Zetteln für seine neue Kinderspielgruppe ab drei Jahren geworben. Den Zettel, der vor 40 Jahren bei Familie Lütcke im Briefkasten gelandet ist, gibt es noch. Ob eines der Kinder, die heute durch die Lichterfelder Hallen flitzen, für Deutschland bei der Weltmeisterschaft 2043 spielen wird, liegt auch ein wenig in den Händen des Sportvorstands Jörg Lütcke.

Laurin Snigula

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false