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Nur die bundesländereigenen Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) dürfen in Deutschland Tippscheine für "6 aus 49" herausgeben.

© Frank May/dpa

Glücksspiel: Aufgepasst bei Online-Lotterien

Immer mehr Websites bieten Online-Lotto an. Ist das Angebot seriös? Und ist es überhaupt legal?

„Lottofreiheit – das heißt, nicht mehr jeden Mittwoch und Samstag zum Lottokiosk laufen zu müssen“, ruft ein Mann in die Menge. Jubel bricht aus. Neukunden, fährt er fort, dürften sogar einmal gratis die Lotterie „6 aus 49“ spielen. Zu verdanken hätten sie all dies der Internetseite lottoland.gratis. Soweit der Werbespot.

Immer mehr Online-Anbieter ermöglichen die Teilnahme an Lotterien auf der ganzen Welt: Von der brasilianischen „Quina“ über das deutsche „6 aus 49“ bis zur spanischen Weihnachtslotterie „El Gordo“ – alles ist möglich. Doch wie funktioniert Online-Lotto? Und ist es überhaupt legal?

„Lottofreiheit“, wie sie der Mann aus der Werbung propagiert, gibt es in Deutschland eigentlich nicht. Wer hierzulande Glücksspiele anbieten möchte, benötigt eine staatliche Konzession. Bei Lotterien hat der Staat ein Monopol. Nur die bundesländereigenen Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) dürfen Lotterien veranstalten.

Online-Lotterien sind nur Wetten

Wer bei Lottoland.gratis, Lottoland.com oder Tipp24.com spielt, nimmt gar nicht an einer Lotterie teil. „Dem Verbraucher wird suggeriert, dass er an der Lotterie teilnimmt, das tut er aber nicht“, sagt Markus Ruttig, Anwalt für Glücksspielrecht. Dabei sieht auf der Website von Lottoland alles genauso aus, wie man es vom Kiosk gewohnt ist: Zwölf Tipps à sechs Zahlen dürfen Spieler beim „6 aus 49“ maximal abgeben. Dazu gibt es die Option auf das Spiel 77, die Super 6 und die Glücksspirale. Auch die möglichen Gewinne sind von zwei Richtigen plus Superzahl bis zum Jackpot genauso hoch wie beim echten Lottospiel. Ohne die Zusatzspiele kostet der Tippschein 12,50 Euro – genauso viel wie am Kiosk.

Doch der Einsatz geht nicht an die Klassenlotterie. Stattdessen fließt das Geld nach Gibraltar, wo Lottoland Ltd. seinen Sitz hat. Wer bei den Online-Anbietern spielt, nimmt an deren eigener Wette teil. So wird auch bei Lottolands „6 aus 49“ nur auf die Zahlen der DLTB-Ziehung gewettet.

Staatliche Lotterien finanzieren sich durch ihre Einnahmen, Online-Lotterien nicht

Die staatlichen Lottogesellschaften können ihre Gewinnausschüttungen durch den Tippscheinverkauf finanzieren. Damit nahm der DLTB im vergangenen Jahr rund 6,9 Milliarden Euro ein. 50 Prozent der Einnahmen fließen in die Gewinnausschüttung, 23 Prozent gehen an die Bundesländer, 16,7 Prozent entfallen als Lotteriesteuer, 7,5 Prozent gehen an die Annahmestelle und 2,8 Prozent in die Verwaltung der Lotto-Gesellschaften. Aus den Einnahmen finanzieren die Länder Ausgaben für Soziales, Kultur und Sport.

Online-Anbieter, so schätzen Branchenexperten, müssen mit weit niedrigeren Umsätzen auskommen. Hier vermuten Verbraucherschützer ein Problem. Wie finanziert Lottoland Gewinne in gleicher Höhe wie die staatliche Lotterie ohne gleich hohe Einnahmen?

Die Gesellschaft sei gegen Gewinne, die sich nicht aus den Einnahmen decken ließen, versichert, heißt es auf der Lottoland-Website. Lottoland rühmt sich, daher die Glücksspiellizenzen von Gibraltar, Großbritannien und Irland erhalten zu haben. Auch der Konkurrent Tipp24 hat eine britische Lizenz.

Illegales Glücksspiel

Doch Verbraucher sollten wissen: „Lottoland und andere Wetten auf Lotterien sind eindeutig illegal“, sagt Tilman Becker, Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim. „Die vorsätzliche Beteiligung an unerlaubten Glücksspielen ist strafbar“, erklärt ein Sprecher der Berliner Innenverwaltung. Zudem seien im Falle eines Gewinns die Auszahlungsansprüche rechtlich nicht durchsetzbar. Wenn also der ausländische Zweitlotterieanbieter eine Gewinnauszahlung verweigert, geht der Spieler leer aus.

Die Online-Firmen argumentieren, eine europäische Lizenz berechtige sie aufgrund der Dienstleistungsfreiheit, auch in Deutschland Wetten anzubieten. „Es gibt aber mittlerweile eine Vielzahl von Entscheidungen des europäischen Gerichtshofs, die dem widersprechen“, sagt Tilman Becker. Wer dennoch mitspielt, bewegt sich also in einer rechtlichen Grauzone. Anders bei den staatlichen Lottogesellschaften. Sie begründen ihr Monopol so: Die Regulierung bekämpfe Glücksspiel- und Wettsucht, gewährleiste den Jugendschutz und verhindere Betrug. „Der Staat will daher keinen Wettbewerb im Lottogeschäft“, sagt Rechtsanwalt Ruttig. Lotterien seien dennoch sinnvoll, weil sie dem Spieltrieb der Menschen geregelt entgegenkämen. Begrenze man das Angebot, nehme das Glücksspiel nicht überhand.

Online-Lotterien wachsen

Doch es wird immer mehr Geld ausgegeben. Mit legalen Glücksspielen (also auch Wetten, Casinos und Spielautomaten) erzielten alle deutschen Anbieter zusammen 2017 Erträge in Höhe von 13,5 Milliarden Euro, allein auf die zugelassenen Lotterien entfielen 4,6 Milliarden Euro. Das geht aus einer Studie der Beratungsfirma Goldmedia hervor. Während der Glücksspielmarkt insgesamt wuchs, schrumpfte der legale Lotteriemarkt. Stattdessen wuchsen illegale Online- Zweitlotterien rasant. Lotto Baden-Württemberg schätzt deren Umsatz auf 400 bis 500 Millionen Euro im Jahr 2017. Im Jahr zuvor soll er nach Angaben der Aufsicht bei 299 Millionen Euro gelegen haben.

Obwohl mehrere deutsche Behörden die Durchführung ausländischer Zweitlotterien untersagt haben, können sich die Länder kaum gegen die Gesetzesverstöße wehren. „In der Regel sitzen die Anbieter auf Malta oder in Gibraltar. Dort ist eine Vollstreckung deutscher Untersagungsverfügungen quasi nicht möglich“, sagt der Sprecher der Innenverwaltung Berlin.

Wer legal im Internet Lotto spielen will, kann das schon länger auch bei staatlichen Lotterien. Unter Lotto.de können Spieler „6 aus 49“ oder Euro-Jackpot spielen – ohne zum Kiosk laufen zu müssen.

Roland Lindenblatt

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