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Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht während einer Rede an der Zhejiang Universität im Rahmen eines Besuchs in der Volksrepublik China.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Update

„Faulheit und Bräsigkeit keine Alternative“: Habeck fordert von Europa mehr harten Wettbewerb gegenüber China

Der Wirtschaftsminister hat China besucht. Die EU-Länder müssten besser zusammenarbeiten, um bestehen zu können, sagt Habeck. Andere hätten einen genauen Plan, was sie erreichen wollten.

Ein Fazit zum Ende seiner viertägigen Ostasien-Reise: Die EU-Länder müssen aus Sicht von Vizekanzler Robert Habeck den Schulterschluss suchen, um im Wettbewerb mit China bestehen zu können. Sowohl in Südkorea als auch in China habe ihn der Begriff „Wettbewerb, und zwar in seinem härtesten Sinne“ immer wieder eingeholt, sagte der Bundeswirtschaftsminister (Grüne) am Sonntag im chinesischen Hangzhou.

„Ich glaube, wir müssen uns diesem Wettbewerb stellen. Deutschland führt dieses Wort ,Wettbewerb’ auch im Mund. Also Nachlässigkeit, Faulheit, Trägheit, Bräsigkeit ist keine Alternative“, betonte Habeck.

Er warnte aber vor dem Extrem, nötig sei auch Zusammenarbeit. Kooperation bedeute, den anderen nicht als Gegner oder gar Feind zu sehen, sondern Verständnis füreinander zu entwickeln und einander zu stärken. Die Welt stelle sich gleichwohl auf für den Wettbewerb, mahnte Habeck.

 Europa hat diesen Plan nicht ausreichend.

Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister (Grüne)

„Mein Blick ist so, dass tatsächlich die großen Nationen, mit denen wir uns messen, als Europäer messen müssen, einen sehr genauen Plan haben, wo sie in zehn, 20, 30 Jahren hinwollen und auch die Mittel bereitstellen, von der finanziellen Ressource bis zu einer robusten Außen- und Außenwirtschaftspolitik, diesen Plan durchzusetzen.“

Habeck warnt China wegen Russland-Kurs vor Konsequenzen

Er warnte zugleich: „Und Europa hat diesen Plan nicht ausreichend.“ Für Europa und die Länder dort müsse eine neue Ära anbrechen, in der man sich dieses Wettbewerbs bewusst werde und Konsequenzen ziehe, sagte Habeck.

„Also die europäische Ebene als weltpolitischen Akteur aufbaut, vor dem Hintergrund sind manchmal die – so wichtig sie sind – Debatten, die wir uns dann in Deutschland und in Europa liefern, in einer gewissen Relation zur Bedeutung dessen zu sehen, was hier eigentlich gerade geopolitisch passiert.“

Am Samstag hatte Habeck die chinesische Regierung vor wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Unterstützung für Russland gewarnt. Deutsche und europäische Sicherheitsinteressen seien durch Russlands Krieg gegen die Ukraine direkt berührt, sagte Habeck am Samstag in Peking bei einem Treffen mit chinesischen Regierungsvertretern zu Klimafragen.

Sein Gegenüber war der Vorsitzende der mächtigen Staatlichen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC), Zheng Shanjie. Die Behörde soll die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft steuern.

Vizekanzler Habeck kritisiert China scharf

„Wir würden anders und sicherlich nicht ganz so hart vorgehen bei der Analyse, wo wir Abhängigkeiten von Rohstoffen, von technischen Gütern haben, wenn es diesen Krieg beziehungsweise die Unterstützung in diesen Krieg von China gegenüber Russland nicht geben würde“, betonte Habeck. Die Dinge ließen sich nicht trennen. „Auch unser Verhältnis, unser direktes Verhältnis, ist jetzt schon negativ beeinflusst.“

Im Handelsstreit um Zölle für günstige chinesische Elektroautos forderte Habeck die chinesische Seite auf, die Befunde der EU-Kommission ernst zu nehmen. Die Brüsseler Behörde wirft der chinesischen Regierung unfaire Subventionen vor und hat mit hohen Zöllen gedroht.

China kündigt Kontrollen für Produkte aus EU an

China revanchierte sich mit der Ankündigung einer Antidumping-Untersuchung gegen importierte Produkte aus der Europäischen Union, bei der es um Schweinefleisch und Nebenprodukte geht. China warf der EU-Kommission allerdings erst am Donnerstag vor, viel zu detaillierte und weitreichende Fragen zu stellen in der Subventionsuntersuchung.

Habeck warnte vor Handelshemmnissen und der Abschottung von Märkten, aber auch vor unfairem Wettbewerb mit staatlicher Bevorzugung von Unternehmen. Daran könnten weder Deutschland noch China Interesse haben. Er betonte, die angedrohten EU-Zölle seien keine Strafzölle, wie sie die USA, Brasilien oder die Türkei verhängt hätten. Sie sollten vielmehr für Wettbewerbsgleichheit sorgen.

„Das ist ein Ausgleich der gewährten Vorteile und deswegen ist es wichtig, jetzt die Möglichkeit, die dieser Bericht bereitstellt, erst zu nehmen und darüber zu reden, darüber zu verhandeln“, sagte Habeck. So könne man entweder zu einer anderen Bewertung kommen oder auch den Kurs ändern. „Es wird sonst zur Wahrung des gemeinsamen Marktzuganges sicherlich nicht zu verhindern sein, dass diese Ausgleichszölle in Kraft treten.“

China warnt vor Verlust von Wohlstand in EU

Zheng nannte das Vorgehen Europas laut Übersetzung hingegen „nicht akzeptabel“. Auf die Dauer werde es den Wohlstand europäischer Verbraucher schmälern und der Entwicklung der europäischen Autoindustrie schaden. Es stehe auch nicht im Einklang mit den Bemühungen, Treibhausgase zu sparen.

Robert Habeck sitzt während der Besichtigung eines BMW-Forschungszentrums im Rahmen eines Besuchs in der Volksrepublik China in einem E-Auto.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Der technische Vorsprung chinesischer Autobauer sei hart erarbeitet und nicht das Ergebnis von Subventionen, so Zheng. Sein Land exportiere auch lediglich 12,5 Prozent seiner Elektroautos und verkaufe diese im Ausland teurer als daheim. Von Deutschland verlangte er Führungskraft, die Bundesregierung müsse eine Korrektur des falschen europäischen Vorgehens bewirken.

Auch Handelsminister Wang Wentao fand bei einem Treffen mit Habeck deutliche Worte. Einige Länder hätten die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit „als Waffen eingesetzt“, sagte er nach den Worten eines Ministers bei einem Treffen mit Habeck mit Bezug auf Maßnahmen gegen chinesische Unternehmen.

Allerdings machte der chinesische Minister auch deutlich, dass China an Verhandlungen interessiert sei. Aber wenn die europäische Seite darauf besteht, ihren eigenen Weg zu gehen, dann würde China „alle notwendigen Maßnahmen“ ergreifen. 

Auch Industrieminister Jin Zhuanglong traf Habeck am Samstag. Aus seiner Delegation hieß es danach, alle drei Gespräche seien „intensiv und offen“ gewesen. Habeck habe auch die Menschenrechtslage angesprochen, einen großen Teil habe das Thema Autozölle eingenommen. 

Kein Treffen Habecks mit Premier Li Qiang

Ein wichtiges Treffen Habecks fand bei seiner China-Reise nicht statt. Ein für den Samstag erhoffter Termin mit Ministerpräsident Li Qiang kam nicht zustande, hieß es aus der Delegation des Bundeswirtschaftsministers. Der Termin sei „vormittags vor dem Abflug terminlich nicht darstellbar“ gewesen.

Er kenne Qiang aus seiner Zeit in der schleswig-holsteinischen Landespolitik, es gebe also „eine Geschichte, auf der wir aufbauen können“. Er habe keine Ahnung, warum der Termin nicht zustande komme, hatte Habeck gesagt.

Habeck sagt, die „Türen sind offen“

Am Samstag sagte Habeck in Shanghai: „Das Miteinander reden hat vielleicht heute mit dem Tag einen Impuls bekommen.“ „Es wäre gut, wenn das gegenseitige Verständnis ein Stück weit gewachsen wäre.“ Auf europäischer Seite seien die Türen offen und es gebe ein Gesprächsangebot – „jetzt muss es auch angenommen werden“.

Habeck warb dafür, die Sichtweisen der jeweils anderen Seite in dem Konflikt zwischen der EU und China verstehen zu wollen. „Die chinesische Regierung wird denken, dass mit den Zöllen, die Europa jetzt möglicherweise erlässt, ein Markt geschützt werden soll“, sagte er.

„Die europäische Seite denkt, dass China strategisch vorgeht, um einen Markt zu unterminieren.“ Es gehe aber nicht um die Frage von Überkapazitäten, die jedes Unternehmen frei sei, aufzubauen, und es gehe auch nicht um staatliche Subventionen an sich, die jeder Staat zahlen dürfe, sagte Habeck. 

Sondern es gehe um staatlich gewährte Vorteile: „Das Problem entsteht dann, wenn staatliche Subventionen ausgeschüttet werden, um die Exportchancen von Unternehmen und damit eine subventionierte Überkapazität aufzubauen.“ (dpa/AFP)

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