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KI-basierte Systeme kreieren Bilder und Kunst. Sie überschwemmen den Markt, sagt die neue Studie „KI und Bildende Kunst“.

© dpa/Oliver Berg

Studie zu KI und Bildender Kunst: „Das ganze Ökosystem Kunst ist bedroht“

Wie viel Einkommen geht verloren? Eine Studie untersucht erstmals, was KI für die wirtschaftliche Situation von Künstlerinnen und Künstlern in Deutschland bedeutet.

Dass sich KI-basierte Systeme wie ChatGPT und Bildgeneratoren wie Dall-E und Midjourney massiv auf die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern auswirken, ist unstrittig. Nun gibt es erstmals Zahlen dazu, wie sich der Einsatz von KI in Deutschland auf den Kunstmarkt und das ganze Ökosystem Kunst auswirkt, also auch auf Kunstvermittler, Kritiker, Kuratoren und Händler.

Die Initiative Urheberrecht und die Stiftung Kunstfonds gaben bei Goldmedia GmbH eine Studie in Auftrag, in deren Rahmen 3000 Künstler:innen und 1000 Rezipient:innen befragt wurden. Auch zwanzig Tiefeninterviews mit Künstlerinnen und Fotografinnen wie Birgit Brenner oder Jörg Sasse, mit Justiziarinnen und Philosophinnen flossen in die Untersuchung ein. Die Ergebnisse wurden am Montag in Berlin vorgestellt.

Künstler sind technologiefreundlich

42 Prozent der befragten Künstler:innen haben laut der Studie bei der Erstellung von Arbeiten bereits KI eingesetzt. 65 Prozent planen das auch in Zukunft. Die Einstellung gegenüber KI sei eher positiv, sagt Studienleiter Klaus Goldhammer, von Goldmedia GmbH. Fast die Hälfte aller Befragten Künstlerinnen und Rezipientinnen sehen als größte Chance dieser Technologie, dass neue Kunstarten, Stile und Techniken entstehen.

Die meisten Expert:innen sind sich einig, dass Künstler:innen mithilfe der Technologie“ effektiver und effizienter arbeiten können“, etwa in Bezug auf Bildbearbeitung, Transkription oder Archivierung. Aber auch der Anteil derer, die „nichts Positives beim Einsatz von KI sehen“ ist nicht unbeträchtlich und liegt bei 36 Prozent.

91 %
der Urherber:innen fordern, dass die Nutzung ihrer Werke beim Training von KI-Modellen entsprechend finanziell kompensiert werden muss.

50 Prozent der Befragten glauben, dass die Risiken überwiegen. 74 Prozent befürchten einen größeren Wettbewerbsdruck durch KI-generierte Angebote. In der Studie ist von einer „Schwemme“ an KI-generierten Produkten die Rede. Kunstwerke von echten Menschen haben es in dieser Fülle schwerer, gesehen und wahrgenommen zu werden, 45 Prozent der befragten Künstler:innen befürchten einen Entwertungsprozess für ihre Werke.

Über die Hälfte sieht durch KI die Lebensgrundlage bildender Künstler:innen gefährdet. Den finanziellen Schaden durch KI-Bildgeneratoren kalkulieren die Studienmacher auf 237 Millionen Euro Einnahmenverluste hochgerechnet für die Jahre 2023 bis 2028. Das sei ein Einkommensverlust von 10 Prozent in diesem Zeitraum. Klingt überschaubar. Da Künstler eh schon am Existenzminimum kratzten, sei das viel, betont Karin Lingl, Geschäftsführerin der Stiftung Kunstfonds.

Marktprognose für Deutschland

Wo die einen verlieren, verdienen die anderen: 1,8 Milliarden Euro Umsatz wurde laut einer Prognose im Jahr 2023 mit generativer KI erwirtschaftet. 2030 sollen es 7,6 Milliarden Euro sein.

Zwei Drittel der Befragten verlangen, dass der Einsatz von KI gesetzlich reguliert werden sollte. 83 Prozent möchten, dass die Verwendung von Bildern und Kunst zu Trainingszwecken transparent gemacht werden muss. 87 Prozent wünschen sich eine Möglichkeit, der Verwendung explizit zuzustimmen. Über 90 Prozent verlangen eine finanzielle Beteiligung, wenn ihre Werke zum Training von KI-Modellen verwendet werden.

KI-Gesetz der EU geht nicht weit genug

Der im Mai vom Europarat verabschiedete AI Act sei in dieser Hinsicht noch nicht ausreichend, betont Katharina Uppenbrink, Geschäftsführerin der Initiative Urheberrecht, die 140.000 Künstler und Urherberinnen aus den Bereichen Musik, Text oder Audiovisuelles in Deutschland vertritt. In Bereichen wie Fotografie oder Übersetzung, brächten bereits 30 bis 40 Prozent der Aufträge entweder weniger Geld oder würden erst gar nicht erteilt, sagte sie bei der Präsentation der Studie am Montag in Berlin.

Fotograf Jörg Sasse, einer der befragten Experten, bearbeitet selbst seit Jahrzehnten gefundene Fotografien digital und wirbt für mehr Bildkompetenz. Bilder seien von jeher auch zur Manipulation verwendet worden. Dem Medium Fotografie werde unterstellt, es bilde Realität ab. Das setze sich im digitalen Zeitalter fort. Künstler – die Bildexperten schlechthin – sollten bei der Ausbildung neuer Bildkompetenzen einbezogen werden, so sein Plädoyer.

Die Studie „KI in der Bildenden Kunst“ soll als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen dienen. Zahlen werden nötig sein, um die Politik zu weiterem Handeln zu zwingen.

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