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Claudia Kemfert, Expertin für Klimapolitik und Energiewirtschaft

© dpa/Jens Büttner

„Besser wissen“: Humboldt, Kemfert und der Aktivismus

Claudia Kemfert mischt sich ein, spitzt zu, bezieht Stellung. Kann die Energiewirtschaftsexpertin da noch objektive Wissenschaftlerin sein? Sie kann.

Alexander von Humboldt war gegen Sklaverei, gegen Leibeigenschaft, gegen den kolonialen Rassismus. Russischen Zaren, preußischen Königen und amerikanischen Präsidenten gefiel das nicht, Freiheitskämpfer hingegen feierten seine Ideen. Simón Bolívar etwa nutzte sie, um Venezuela von der Kolonialmacht Spanien loszulösen. Bis heute wird Humboldt in Südamerika nicht nur als Forscher, sondern als Verfechter der Unabhängigkeit verehrt.

Es ist kein neues Phänomen, dass Forschende sich politisch engagieren. Auch nicht, dass Forschung benutzt wird, um politische Ideen zu begründen.

Wieso also dann die Aufregung um „aktivistische“ Forscherinnen wie Claudia Kemfert, Expertin für Klimapolitik und Energiewirtschaft, die jüngst in der „Zeit“ in Frage gestellt wurde? Spitzt sie öffentlich zu sehr zu, ergreift sie Partei, anstatt, im Sinne guter Wissenschaft, auch Zwischentöne zuzulassen? Ist ihre Wissenschaft objektiv?

Die „Rückkehr“ zum wertefreien Forscher-Ideal wäre falsch

Solche Debatten werden intensiver werden. In der Auseinandersetzung um politische Entscheidungen rund um die großen Menschheitsfragen: Wie wirtschaften? Wie reisen? Wie leben, so, dass auch die Enkel es noch gut haben?

Hier zu einem vermeintlich wertefreien Forscher-Ideal „zurückkehren“ zu wollen, wäre falsch. Auch früher haben sich Forscher, das zeigt das Beispiel Humboldts, positioniert. Vielmehr sollten wir uns darüber austauschen, welche Qualitätskriterien wir an Forschende anlegen wollen, die sich engagieren und einmischen.

Ob ein Forschungsergebnis ein gutes ist und ob es eine politische Forderung stützt, oder ob es nur als gut gilt, weil es eine politische Forderung stützt – das sind zentrale Fragen der Wissenschaftskommunikation. Sie müssen in einer kritischen Gesellschaft immer wieder neu gestellt werden. So wie schon Humboldt sie sich stellen musste.

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