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Javaneraffen (Macaca fascicularis) erhielten in einem Experiment die Nieren von Schweinen - manche von ihnen überlebten nicht lange.

© mauritius images / nature picture library / Anup Shah/nature picture library / Anup Shah

Erfolg durch gentechnische Veränderung: Affe überlebt zwei Jahre mit Schweineniere

Erst das Herz, jetzt die Niere: Durch genetische Modifikationen können Schweine zu Organspendern werden. Vielleicht auch bald beim Menschen.

Mehr als 6000 Menschen in Deutschland warten wegen Nierenversagen auf eine Organspende, nur rund 2000 pro Jahr erhalten ein rettendes Organ. Aufgrund der Notlage wird seit Jahrzehnten daran gearbeitet, Organe von Schweinen zu verpflanzen. Nach aufsehenerregenden Erfolgen beim Herz ist nun auch ein bemerkenswerter Schritt bei der Verpflanzung von Nieren gelungen.

US-Forschende haben die Nieren von Javaneraffen durch die Nieren von genetisch modifizierten Schweinen ersetzt. Anschließend überlebte einer der 21 Affen 758 Tage, fünf Tiere erreichten ein Jahr und mehr, berichten die Forschenden im Fachjournal „Nature“. Die Überlebensspanne war allerdings sehr unterschiedlich, einer der Affen starb bereits nach vier Tagen.

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genetische Modifikationen wurden an den Schweinen vorgenommen, deren Nieren transplantiert wurden

Schweine sind als Organspender besonders geeignet, weil ihre Anatomie der menschlichen ähnelt und sie sich leicht züchten lassen. Probleme bereiten allerdings die Abstoßungsreaktionen, weil das menschliche Immunsystem tierische Organe als fremd erkennt. Seit einigen Jahren gelingt es jedoch dank der Genomeditierungsmethode Crispr immer besser, das Erbgut von Schweinen so zu verändern, sodass ihre Organe für das Immunsystem menschenähnlicher wirken. Es sollte dann ausreichen, so die Hoffnung, eine Abstoßung mit den etablierten Verfahren der Immunsuppression zu verhindern, wie sie auch bei menschlichen Organspenden eingesetzt werden.

Nieren aus Minischweinen

Entwickelt wurden die Schweine von der US-Firma eGenesis, die das Transplantationsexperiment in Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School und anderen durchführte. Eingesetzt wurden erstmals Minischweine der Rasse Yucatan. Normale Landrasse-Schweine erreichen ein Gewicht von bis zu 400 Kilogramm, sodass ihre Organe für Menschen zu groß werden, wenn man nicht das Wachstum bremst.

Die Forschenden veränderten das Erbgut der Minischweine an 69 Stellen. Drei Schweinegene wurden ausgeschaltet, um die Produktion von bestimmten Zuckermolekülen zu verhindern, die das menschliche Immunsystem triggern. Sieben menschliche Gene wurden ins Schweinegenom eingefügt, um die Organe aus Sicht der Immunabwehr zu vermenschlichen. Zudem wurden 59 Retroviren ausgeschaltet, die sich ins Genom der Schweine integriert hatten und die prinzipiell auf die Empfänger der Organe überspringen können.

Schweineorgane aus München

Als „sehr beachtlich“ bezeichnet Eckhard Wolf, Professor für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie an der LMU München, das Ergebnis US-Forscher gegenüber dem Science Media Center. Als problematisch bezeichnet er allerdings die Tatsache, dass einige der Affen bei dem Versuch in den USA nur relativ kurz überlebten. „Die Frage nach der Ursache für diese variablen Ergebnisse bleibt in der Arbeit offen.“ Wolf ist Mitbegründer der Firma XTransplant, die ebenfalls daran arbeitet, Schweineorgane in Menschen zu transplantieren. Erste gentechnisch veränderte Tiere sollen ab 2024 für klinische Studien an der LMU München zur Verfügung stehen.

In den USA ist man derweil weiter. Anfang vergangenen Jahres gelang es einem Ärzteteam der medizinischen Fakultät der Universität von Maryland in Baltimore (USA) erstmals, ein genetisch verändertes Schweineherz erfolgreich in einen Menschen zu transplantieren. Der 57-jährige Patient überlebte knapp zwei Monate und starb dann unter anderem aufgrund einer Infektion mit einem Schweinevirus, das bei Tests an dem Schweineherzen nicht aufgefallen war.

Dasselbe Team hat im vergangenen Termin einen zweiten Versuch gewagt. Ein weiterer Patient erhielt ein Schweineherz, der sich derzeit noch von der Operation erholt. Bis zu ersten klinischen Versuchen mit Schweinenieren ist dagegen noch weitere Forschungsarbeit notwendig.

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