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Asterix Leichte Sprache

© ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2023 LES EDITIONS ALBERT RENE

Asterix in Leichter Sprache: „Aus den Champignons wurden die Pilze und aus der Galeere das Schiff“

Wie soll man einen Asterix-Comic vereinfachen und gleichzeitig den Witz und die historischen Kontexte beibehalten? Jana Höftmann-Leben von capito hat es versucht.

Jana Höftmann-Leben ist Betriebsleiterin von capito Berlin. Das Büro für barrierefreie Informationen bereitet Texte für unterschiedliche Zielgruppen leicht verständlich auf. Dabei orientieren sich die Mitarbeitenden am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER).

Capito Berlin unterstützt Unternehmen, Behörden, Verbände und Organisationen bei der Erstellung barrierefreier Informationsprodukte, veranstaltet Lehrgänge und gibt Workshops. Für die Special Olympics World Games 2023 hat capito Berlin den Asterix-Comic „Asterix bei den Olympischen Spielen“ in Leichte Sprache übersetzt.

Frau Höftmann-Leben, was ist das Besondere daran, Asterix in Leichte Sprache zu übersetzen?

Die Textaufbereitung eines Comics war für uns neu. Wie soll man vereinfachen und gleichzeitig den Witz, die lockere, unterhaltsame Sprache und die historischen Kontexte beibehalten? Die Regeln für die Leichte Sprache verbieten doppeldeutige Aussagen, Metaphern oder erfordern Erklärungen für Fremdworte und komplexe Sachverhalte.

Wir hatten aber für Erklärungen genauso wenig Platz wie in den Sprechblasen des Originals zur Verfügung. Außerdem machen lockere Sprüche unserer Protagonisten ja gerade dieses Genre aus und bereiten dem Leser Freude.

Wie sind Sie also vorgegangen, um den Charme von Asterix beizubehalten?

Wir entschieden uns für den Mittelweg. Schwer lesbare Worte wurden ersetzt. Beispielsweise wurden aus den Champignons die Pilze und aus der Galeere das Schiff. Die Ausrufe und Geräusche behielten wir in verkürzter Form bei. „Salut!“ wurde zu „Grüße!“ und „Ave!“ zu „Leb wohl!“. Asterix-Kenner*innen waren mitunter auch die Originalbegriffe geläufig.

Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen gibt es dabei?

Eine große Herausforderung war der begrenzte Platz. Die Leichte Sprache erfordert eine bestimmte Typografie zur besseren Lesbarkeit, wie eine größere, serifenlose Schriftart, keine Versalien, den linksbündigen Flattersatz und eine Sinneinheit in einer Zeile.

Auf der anderen Seite wurde vom Verlag vorgegeben, dass die Anzahl der Szenen, teilweise mit sehr feiner Grafik und die Größen der Bilder und Sprechblasen nicht verändert werden sollte. Das hieß für uns, sehr sparsam mit jedem Zeichen umzugehen. Wir einigten uns auf die Groß- und Kleinschreibung, Arial und den Blocksatz. All das haben wir anschließend mit Prüfer*innen auf Verständlichkeit und Handhabung geprüft. Die gute Nachricht: Alle haben an den „richtigen“ Stellen gelacht und das Heft sehr gern zur Hand genommen.

Die kleinteiligen Grafiken waren nicht für alle Prüfer*innen immer gut erkennbar. Aber es wurde auch festgestellt, dass es nicht immer nötig ist, jede Linie zu deuten und dass die Unterhaltung im Vordergrund steht.

Links das Beispiel in Leichter Sprache

© ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2023 LES EDITIONS ALBERT RENE

Was ist beim Übersetzen des Asterix-Comics leicht gefallen?

Die flotte, direkte Rede konnten wir gut beibehalten. Die Entscheidung, keine Szenen grafisch zu verändern und auszudünnen, machte es einfacher. Sonst wäre ein komplett neues Konzept notwendig gewesen und die Lücke zwischen Standard- und Sonderausgabe unnötig groß geworden.

Wie übersetzt man die historischen Kontexte und spezielleren Wörter in Asterix in Leichte Sprache, ohne dass Informationen verloren gehen?

Wenn es für das Gesamtverständnis erforderlich war, fügten wir einen Verweis am Ende der Seite ein, wie zum Beispiel: Der Name „Musculus“ bedeutet „kleine Maus“. Den Namen trug ein großer, durchtrainierter Athlet.

Sofern es der Platz zuließ, fügten wir noch eine Zeile ein, zum Beispiel: „Sein Lebens-Motto: ‚Es ist noch nicht aller Tage Abend.‘ Das bedeutet: Man soll nicht zu früh aufgeben.“

In bestimmten Fällen haben wir auch Worte zur Verstärkung oder Erinnerung eingefügt, zum Beispiel im Satz: „Die Römer kommen!“: „Unsere Feinde, die Römer, kommen!“

Gibt es da grundsätzlich Regularien und Richtlinien, was rein muss, was man aber vielleicht auch eher weglassen kann bei Leichter Sprache?

Aussagen, die für das Verständnis der Kernhandlung irrelevant oder nicht zwingend erforderlich sind, lassen wir weg. Wir verwenden den gleichen Begriff für die gleiche Sache und verzichten damit auf die Vielfalt in der Sprache. Fremdworte, Anglizismen, schwer lesbare Begriffe, zusammengesetzte Worte sollten vermieden werden. Wenn neue Begriffe eingeführt werden, bedarf es einer Erklärung. Die Liste der Regularien ist lang.

Wo findet man in regulären Buchläden Literatur in Leichter Sprache?

Es gibt eine Vielzahl von Heften und Büchern in Leichter Sprache und Einfacher Sprache, zum Beispiel einen Sonderbestand in der Pablo-Neruda-Bezirkszentralbibliothek in Friedrichshain-Kreuzberg, in der Bibliothek des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Belletristik in Einfacher Sprache vom Spaß am Lesen Verlag, das Netzwerk Leichte Sprache e.V. listet diverse Veröffentlichungen von Mitgliedern leichte-sprache.org/buecher/. Außerdem findet man themenspezifische Materialien auf Plattformen wie www.gesundheit-leicht-verstehen.de von Special Olympics.

Sind Sie ein inklusives Team – wie arbeiten Sie bei der Textübersetzung zusammen?

Ja, wir arbeiten inklusiv, denn jeder capito-Text wird von Personen aus der Zielgruppe vor der Veröffentlichung geprüft. Je nach Auftrag wird der Text im gewünschten Sprachniveau aufbereitet und im Anschluss von Menschen mit Lern- und Leseschwierigkeiten auf Verständlichkeit geprüft.

Dabei prüfen wir im Echtsystem – also das Informationsprodukt im gedruckten Prototypen, in der gestalteten Website oder App und nach einem festgelegten, moderierten Verfahren. Ähnlich einem Pretest bekommen wir wertvolle Hinweise bezüglich der Texte, Bilder und Handhabung. Meist sind es bis zu fünf Prüfer*innen, welche für diese Arbeit auch ein Honorar bekommen. Bei besonderen Projekten arbeiten wir bereits vor der Erstellung des Redaktions- und Gestaltungskonzeptes mit Personen aus der Zielgruppe zusammen.

Wie viele Anfragen gibt es in an ihre Agentur in etwa zu Übersetzungen in Leichte Sprache?

Wir arbeiten mit über 100 Kunden pro Jahr zusammen. Der Bedarf an Informationsprodukten in Leichter und Einfacher Sprache hat in den vergangenen zehn Jahren stetig zugenommen. Nicht nur, weil es für Ämter und Behörden per Gesetz verpflichtend ist, sondern weil eine gelungene Kommunikation überall unterstützend ist und benötigt wird.

Wie steht es, abseits der Special Olympics, um die Aufmerksamkeit von Übersetzungen in Leichte Sprache?

Wir spüren deutlich, dass die Nachfrage und Aufmerksamkeit zunehmen. Der Großteil der Aufträge kommt aber weiterhin aus den Bereichen Soziales und Gesundheit, zunehmend aus den Bereichen Kultur und aus dem Sport, weniger aus der Wirtschaft. Es handelt sich um Wohn- und Betreuungsverträge, Patienteninformationen, Hausordnungen, Ausstellungstexte bis hin zu Website-Beschreibungen nach der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BTIV 2.0).

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