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Berlin: Am Grenzübergang

In Berlin erscheint das erste englischsprachige Literaturmagazin

„Bordercrossing Berlin“ heißt die erste englischsprachige Literaturzeitschrift der Stadt. Samstagabend feiern die Herausgeber und Autoren in der Z-Bar in Mitte das Erscheinen der Erstausgabe, die bald im Zeitschriftenhandel erhältlich ist. „Bordercrossing“ heiße ins Deutsche übersetzt: „Grenzübergang“. Es könne aber auch „eine Grenze überschreiten“ bedeuten, erklärt die Herausgeberin Fiona Mizani (30).

Der Titel sei ein Leitmotiv für die Zeitschrift, sagt sie, „denn in Berlin kreuzen sich die Lebenswege vieler Menschen – über alle Grenzen hinweg“. Die Idee für das Zeitschriftenprojekt entstand durch Lesungen, die Fiona Mizani im „Café Rosa“ organisierte. „Angefangen hat das vor vier Jahren, jeden Monat fand ein Leseabend mit Open Mic statt“, erzählt die Britin, die seit sechs Jahren in Berlin lebt.

Nach und nach hat sie immer neue Autoren kennengelernt, die den Wunsch hatten, auch veröffentlicht und gelesen zu werden. Konkrete Formen nahm das Literaturmagazin aber erst an, als Fiona Mizani den 24-jährigen Johannes Frank kennenlernte. Frank hat vor etwa einem Jahr die Zeitschrift „Belletristik“ gegründet, die er im eigenen Verlag herausgibt. Der Jungverleger war von der Idee eines englischsprachigen Literaturmagazins sehr angetan, auch wenn er das Projekt riskant findet, denn „deutschsprachige Zeitschriften haben schlichtweg einen Heimvorteil.“

Doch Frank ließ sich von der Qualität der vielen unbekannten Literaten überzeugen, und mit Mizani zusammen begann er ein Konzept für das Magazin zu erarbeiten. Im Mai dieses Jahres fand eine erste Lesung für das Zeitschriftenprojekt statt, und in regelmäßigen Abständen folgten ein halbes Dutzend weitere Veranstaltungen, die sie „Checkpoints“ nannten. Dahinter verbirgt sich wieder eine Doppeldeutigkeit: Die Berliner Grenzübergänge zwischen dem Ost- und Westteil hießen so, aber „Checkpoint“ bedeutet auch Haltepunkt.

„Wir gingen immer wieder neue Schritte, bis zum nächsten Checkpoint“, sagt Mizani. Und neben den „Checkpoint“-Lesungen nahm die Zeitschrift Formen an. Es gab stapelweise Einsendungen, „nicht nur von englischen Muttersprachlern“, erzählt Frank. Die Mitarbeiter Alistair Noon und D-L Alvarez wählten die besten Texte aus. Mehr als dreißig Autoren konnten für die erste Ausgabe berücksichtigt werden. Das beweise, wie aktiv die englischsprachige Literaturszene in Berlin sei, sagt Mizani. „Seit ein paar Jahren kommen immer mehr englischsprachige Künstler in die Stadt, um zu schreiben.“

Der Grund dafür liege auf der Hand: Sie suchten sich hier einen Teilzeitjob, von dem sie leben könnten, darüber hinaus hätten sie genügend Zeit zum Schreiben. Im teuren London wäre so ein Leben nicht möglich, meint Fiona Mizani, die selbst nebenher als Übersetzerin arbeitet. „Jenseits der Auftritte von bekannten Literaten im ‚British Council’ sind überall in Berlin neue Lesebühnen mit Open-Mics entstanden.“ „Bordercrossing Berlin“ will dazu das gedruckte Pendant sein.

Mit der Zeitschrift wollen Mizani und Frank aber auch einen ästhetischen Rahmen für die Literatur schaffen. Das Magazin ist liebevoll gestaltet; die Ausgabe ist geleimt, umfasst 172 Seiten und hat trotzdem ein handliches Buchformat. „Es soll auch in eine Jackentasche passen und den Lesern ein steter Begleiter sein“, wünscht sich Mizani. In einem halben Jahr sei die nächste Ausgabe geplant. Bis dahin werde es weitere Lesungen geben. Allerdings sollen sie künftig nicht mehr „Checkpoints“, sondern „Bordercrossing-Readings“ heißen, denn schließlich sei ja nun die Zeitschrift aus der Taufe gehoben worden, so Mizani.

„Bordercrossing Berlin“, Launch-Party, Lesung mit den Autoren: Matthew Sweeney, Lance Anderson, James Harris, Jacinta Nandi, Richard Toovey, Catherine Hales. Livemusik mit Alex Spencer. heute, um 21 Uhr, Z-Bar, Bergstraße 2, Mitte. Internet: www.bordercrossing-berlin.com

Stefan Otto

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