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Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) blickt während mit Eray Isik an einem Rohr mit Glasfaserkabel entlang.

© dpa/Sebastian Gollnow

Glasfaser in Berlin: Jeder Dritte könnte Turbo-Internet bestellen

Berlins Glasfasernetz, das besonders schnelle Internetanschlüsse ermöglicht, wächst stetig. Bis 2028 soll diese Infrastruktur für alle Haushalte der Stadt verfügbar sein.

Für den Besuch von Franziska Giffey (SPD) haben die Netzbetreiber Vodafone und dessen Tochterfirma OXG extra ein Loch aufbuddeln lassen. Darin liegen Leerrohre, sie führen hinaus in den Garten, um einen Minibagger herum und treffen nach etwa 20 Metern wieder bei dem Tisch ein, wo die Wirtschaftssenatorin steht und sich im Einblasen eines Glasfaserkabels übt. Eray Isik vom Tiefbauunternehmen ISIK startet die Einblasmaschine, Giffey drückt auf einen Knopf, die Kabeltrommel dreht sich und schießt die Glasfasern in eines der Leerrohre. Das Kabel flitzt durch dieses hindurch und trifft wieder bei Giffey und Isik ein.

Eigentlich war es am Donnerstagmorgen zu kalt, um Glasfaserkabel einzublasen. Fünf Grad muss es haben, darunter werden die sensiblen Fasern spröde und brechen. Aber die Versuchsanordnung diente sowieso nur der Veranschaulichung, denn Giffey hatte Erfreuliches zu verkünden: Im Vergleich zu 2022 ist die Glasfaserabdeckung in der Hauptstadt 2023 um 17 Prozentpunkte auf 34,2 Prozent gestiegen. Das Ziel des Senats ist, bis 2028 alle 2,2 Millionen Haushalte und Unternehmen ans Glas zu bringen. „Wir befinden uns völlig im Zeitplan, im letzten Jahr konnten wir unsere Ziele übererfüllen.“

Michael Jungwirth (links), Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone, Franziska Giffey und Stefan Rüter, Geschäftsführer von OXG, stehen um das Einblasgerät herum.
Michael Jungwirth (links), Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone, Franziska Giffey und Stefan Rüter, Geschäftsführer von OXG, stehen um das Einblasgerät herum.

© dpa/Sebastian Gollnow

Insgesamt 741.000 Haushalte hatten 2023 Zugang zum Glasfasernetz. Die 2023 angekündigte Fertigstellung von weiteren 600.000 Anschlüssen im Jahr 2024 korrigierte Giffey nun auf 300.000. Trotzdem zeigte sich die Senatorin zuversichtlich: „In diesem Jahr wollen wir die Eine-Million-Marke knacken.“

Dass spätestens Ende des Jahres auch eine Million Haushalte ultraschnell surfen werden können, ist damit nicht gesagt: Giffeys Verwaltung erfasst nur, was im Fachjargon „homes-passed“ heißt: Die Kabel liegen unter den Gehwegen, passieren also die Häuser, und führen nicht zwingend bis in die Wohnungen.

Vodafone will eine Milliarde Euro in Ausbau investieren

Der Vodafone-Manager Michael Jungwirth sagte, er gehe davon aus, dass bundesweit 20 Prozent dieser als „homes-passed“ erfassten Kabel auch in die Gebäude führten. In Berlin dürfte der Anteil zwischen einem Drittel und der Hälfte liegen. Der tatsächliche Glasfaserzugang liegt also in dieser prozentualen Größenordnung der von Giffey kommunizierten 34 Prozent.

741.000
Haushalte in Berlin verfügten 2023 über einen hypothetischen Zugang zum Glasfasernetz.

In Nord-Charlottenburg, wo Giffey am Donnerstag das Einblasen von Glasfasern gelehrt bekam, verlegt Vodafone die Kabel bis in die Wohnungen. Der Bauherrin des hiesigen Projekts, die Charlottenburger Baugenossenschaft, hat Vodafone einen guten Deal angeboten: Alle ihre Mietwohnungen bekommen einen Anschluss, ohne dass sie dafür Geld bezahlen muss. Der kaufmännische Chef Dirk Enzesberger sagte, die ‚Charlotte‘ räume Vodafone im Gegenzug die Nutzungsrechte für zehn Jahre ein.

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Eine solche Strategie verfolgen derzeit viele Netzbetreiber. Hintergrund ist, dass sich Mieter:innen mit Abschaffung des Nebenkostenprivilegs für Kabelgebühren bald selbst um einen Anschluss kümmern müssen. Die Firmen schenken ihren potenziellen Kund:innen den Glasfaseranschluss insofern nicht ganz uneigennützig. Damit sich der Ausbau lohnt, müssen diese dann aber auch Verträge abschließen: Auf Anfrage teilt der Netzverband Breko mit, das Ganze koste 300 bis 450 Euro pro Wohneinheit.

In den kommenden sechs Jahren wollen Vodafone und OXG auf diese Weise 900.000 Haushalte in der Stadt ans Glas bringen und dafür eine Milliarde Euro investieren. „Unser Ausbau ist kostenfrei, wir geben einen Investitionsvorschub, ohne die Eigentümer zur Kasse zu bitten“, sagte der Geschäftsführer von OXG, Stefan Rüter. Den Anfang mache der Bezirk Tempelhof-Schöneberg.

Am weitesten fortgeschritten ist der Glasfaserausbau im Bezirk Mitte, dort haben bereits 57 Prozent der Haushalte einen Zugang zum Netz, danach kommen Lichtenberg mit 49 Prozent und Friedrichshain-Kreuzberg mit 47 Prozent. Den letzten Platz belegt Treptow-Köpenick mit knapp 13 Prozent. Die Wirtschaftsverwaltung prognostiziert, dass Lichtenberg Ende des Jahres eine Abdeckung von 78 Prozent erreichen wird, Steglitz-Zehlendorf bleibt abgeschlagen mit voraussichtlich 23 Prozent.

Reduzierung der Antragspflicht soll Netzausbau beschleunigen

Im Anschluss an den Pressetermin trafen sich zum vierten Mal die Mitglieder des „Lenkungskreises für die Gigabit-Hauptstadt“. In diesem Gremium sitzen verschiedene Telekommunikationsfirmen und steuern den Ausbau, ohne kartellrechtswidrige Absprachen zu treffen: Denn Berlin verfolgt einen rein eigenwirtschaftlichen Ausbau, bei dem private Unternehmen miteinander konkurrieren. Das Land hält sich weitgehend heraus.

Logischerweise führt das auch zu Fehlallokationen. Die Strategiepartner haben beispielsweise 3,5 Millionen Anschlüsse bis 2030 in Aussicht gestellt, fast doppelt so viele, wie die Stadt benötigt. Giffey verkaufte den jetzt schon mehrfachen Ausbau positiv: Kund:innen könnten sich so zum Teil zwischen verschiedenen Anbietern entscheiden.

Ein anderes Problem betrifft Orte, an denen es sich aufgrund einer geringen Besiedelung weniger lohnt, Glasfaserkabel zu verlegen. In Randbezirken wie Reinickendorf oder Steglitz-Zehlendorf ist die Versorgung am schlechtesten. Doch gibt es laut Jungwirth von Vodafone zum einen Förderprogramme für den ländlichen Raum. Zum anderen, sagte Giffey, habe Berlin „keine Region, auch in den Außenbezirken nicht, wo es sich wirtschaftlich nicht lohnt“, Glasfaserkabel zu verlegen.

Beschleunigt werden könnte der Ausbau durch eine neue Regelung: Ab März müssen Netzausbauer bei geringfügigen Baumaßnahmen nicht mehr einen Vollantrag vorlegen, sondern den Bau nur noch beim Bezirk anzeigen. „Das macht die Prozesse schneller und entlastet die Bezirksämter“, sagte Giffey.

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