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Handoutfoto des Autovermieters MILES aus Anlass der geplanten Übernahme des Wettbewerbers WeShare, November 2022

© Miles Mobility

Miles kauft WeShare: Carsharingfirmen legen Flotten zusammen - 4500 Autos für Berlin

Der Berliner Carsharinganbieter Miles übernimmt vom VW-Konzern die Elektroauto-Flotte des Anbieters WeShare. Damit entsteht ein neues Schwergewicht am Markt.

Der Berliner Carsharing-Markt wird neu sortiert: Volkswagen verkauft seine Tochter WeShare an den Wettbewerber Miles. Es entsteht damit ein neues Schwergewicht im stationsungebundenen Carsharing. Miles, erst 2016 gegründet und seit 2020 operativ profitabel, bietet künftig allein in der Hauptstadt 4500 Fahrzeuge an, nun einschließlich 500 rein-elektrischer aus der WeShare-Flotte.

Der Markt ist in Bewegung geraten. Erst im Mai dieses Jahres war der von Mercedes-Benz und BMW betriebene Marktführer Share-Now an den Stellantis-Konzern (Opel, Peugeot, Fiat) verkauft worden. Die deutschen Autokonzerne hatten ihre Flotten 2019 in der Annahme zusammengelegt, dass das Geschäft so profitabel werden könnte. Doch der Plan ging nicht auf. Share Now ist aktuell mit 1400 Fahrzeugen in Berlin unterwegs.

Miles ist nicht an einen Autokonzern gebunden und bietet Fahrzeuge verschiedener Hersteller an, 70 Prozent stammen aber bereits von Volkswagen. So sprachen die Unternehmen am Dienstag bei der Bekanntgabe des Deals auch von einer „Mobilitätspartnerschaft”. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Teil der Vereinbarung ist eine Großbestellung: Miles ordert mehr als 10.000 vollelektrische Fahrzeuge der Marken Audi, Seat/Cupra und Volkswagen Pkw, die ab 2023 ausgeliefert werden sollen.

9000
Fahrzeuge bietet Miles insgesamt an.

Miles mit Sitz in Berlin ist auch in Potsdam, Bonn, Düsseldorf, Duisburg, Hamburg, Köln und München aktiv. Kürzlich kamen zwei Standorte in Brüssel und Gent in Belgien hinzu. Finanziert wird das Unternehmen von einer Reihe prominenter Risikokapitalgeber, unter anderem von Lukasz Gadowski, der den Lieferdienst Delivery Hero mitgegründet hat. Insgesamt bietet Miles 9000 Fahrzeuge an. Die übernommene WeShare-Flotte von insgesamt 2000 Elektroautos will Miles auf drei Standorte verteilen: 500 in Berlin, 500 in München und 1000 in Hamburg.

Ein typisch lackiertes Auto des Carsharing-Anbieters Miles. Der Anbieter vermittelt verschiedene Fahrzeug-Typen.

© dpa / dpa/Christian Charisius

In Berlin tun sich die Carsharingfirmen besonders schwer. Nicht nur, weil der Wettbewerb hier besonders intensiv ist. Auch Sixt ist mit Fahrzeugen im Freefloating vertreten, Zahlen nennt der Vermieter nicht. Hinzu kommen einige hundert Autos stationsgebundener Anbieter.

Rein wirtschaftlich ist es sinnvoller, dort hinzugehen, wo es uns am einfachsten gemacht wird.

Aussage der Zentrale von Miles

Die Unternehmen klagen vor allem über die Politik des Berliner Senats. So müssen die Freefloating-Carsharer deutlich höhere Parkgebühren als in anderen Städten zahlen. Sie sehen darin eine Bevorzugung des privaten Autobesitzes. Zwar sollen die Sätze für E-Autos halbiert werden, in Hamburg oder München könnten Elektrofahrzeuge aber öffentlich kostenlos geparkt werden, heißt es bei Miles. Rein wirtschaftlich sei es deshalb sinnvoller, „dort hinzugehen, wo es uns am einfachsten gemacht wird”.

Ärger mit dem Senat gab es auch, weil Berlin im Rahmen des im September in Kraft getretenen novellierten Straßengesetzes eine Sondernutzung für stationsunabhängiges Carsharing im Stadtgebiet eingeführt hat. WeShare und Share Now klagten per Eilantrag, der Streit landete vor Gericht. In zweiter Instanz gab am vergangenen Donnerstag das Oberverwaltungsgericht den Anbietern Recht. Das stationsungebundene Carsharing stellt demnach keine straßenrechtliche Sondernutzung dar (Beschl. v. 26.10.2022, Az. 1 S 56/22). Gebühren müssen vorerst nicht gezahlt werden.

Oliver Mackprang, Vorstandschef von Miles.

© Niklas Vogt/MILES

Die Branche setzt nun auf bessere Rahmenbedingungen in der Hauptstadt. „Wir freuen uns auf das Gespräch mit dem Senat”, sagte Miles-Chef Oliver Mackprang am Dienstag dem Tagesspiegel. „Wir hoffen, dass wir zu einer Partnerschaft mit dem Senat kommen, wie wir sie auch in anderen Städten haben.”Wie Miles die zusätzlichen 2000 E-Autos wirtschaftlich betreiben will, ist offen.

We Share war es seit der Gründung 2019 nicht gelungen. Die Kundschaft sei nur begrenzt bereit, einen Preisaufschlag für rein elektrisches Carsharing zu zahlen, sagte Christian Dahlheim, Chef der VW-Sparte Financial Services. „Gemeinsam mit dem Partner bieten sich uns in dem Geschäft bessere Wachstumschancen.” Es gehe um einen „gesunden Mix” aus Verbrennerfrahrzeugen und E-Autos, sagte Oliver Mackprang. „Nicht alle E-Autos machen im Carsharing Verluste und nicht alle Verbrenner sind profitabel.”

Volkswagen hatte kürzlich den Autovermieter Europcar übernommen, der zu einer Mobilitätsplattform des Konzerns ausgebaut werden soll, die neben Autovermietung und -Leasing auch Carsharing und Auto-Abos im Angebot hat. Sixt verfügt bereits über eine solche Plattform, mit deren Hilfe das klassische Verleihgeschäft, Carsharing und Fahrdienste zusammenwachsen sollen. Vereinheitlicht werden soll auch das Abrechnungssystem von Miles und WeShare.

Die Apps der Carsharing-Anbieter Miles und We Share sind auf dem Display eines Smartphones zu sehen. We Share dürfte bald verschwinden.

© dpa / Boris Roessler

Da sich das von Miles selbstentwickelte kilometerabhängige Modell bewährt habe, werde die zeitabhängige Abrechnung von WeShare umgestellt, sagte Mackprang. „Einen neuen Namen soll es für die zusammengeführten Unternehmen nicht geben, der We Share Service wird unter Miles weiterlaufen.“

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Fassung dieses Textes hieß es, die Gebühren fürs Abstellen von Fahrzeugen in Berlin seien halbiert worden. Das ist aber bisher erst in Planung. Zudem hieß es ursprünglich, beide Markennamen sollten erhalten bleiben. Auch diese Auskunft haben wir korrigiert.

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