zum Hauptinhalt
Willkommen im Partyland. S-Bahnhof Warschauer Straße.

© dpa/Soeren Stache

Nicht schön, aber authentisch: Nachruf auf den Party-Rewe in Friedrichshain

Es war einmal ein Supermarkt an der Warschauer Straße. Und auch noch ein bisschen mehr. Die Bude fehlt.

Ein Kommentar von Rüdiger Schaper

| Update:

Jetzt steht da ein hässlicher Bauzaun. Gibt es denn schöne? Jedenfalls haben Bauzäune die Eigenschaft, das Gebäude dahinter noch hässlicher zu machen, eine Art Blickverstärker.

Ein paar Wochen erst ist der Rewe-Markt an der Warschauer Straße, bekannt als Party-Rewe“, für immer geschlossen. Der Flachbau wird abgerissen. Und wirkt schon so, als hätte hier jahrelang keiner mehr eingekauft.

Treffpunkt für Klassenfahrten

Verschwunden sind die - sagt man das noch so? - Punker und Penner, die Hunde, das gesamte Bettlerpersonal, das hier im Sommer campierte. Verschwunden die harten Typen von der Security am Eingang. Und auch die Covid-Teststation ist weg, wo man eigentlich fast immer negativ war, the show must go on.

Tag und Nacht geöffnet: Dieser Supermarkt funktionierte wie ein Späti, nur dass das Bier etwas billiger war. Lange Schlangen bildeten sich vor den Kassen. Ganze Schulklassen standen da, pro Person eine Flasche und eine Tüte Chips, all die Kids aus den Hostels und das Partyvolk auf dem Weg zum RAW-Gelände.

Gentrifizierung in F’hain

Einkaufen hat in dem Markt nicht wirklich Spaß gemacht, war aber authentisch. Und praktisch. Wie viele Erinnerungen hängen da drin und dran. Hier habe ich in der Pandemie einmal ein paar Kilo Nudeln angeschafft und immer Klopapier bekommen. Die Angestellten waren freundlich und cool, wie es sich gehört für eine Berliner Institution.

Das Ding abgerissen. In vielleicht vier Jahren soll ein Riesenkomplex mi viel Grün und Büros und Wohnungen fertig sein, vielleicht kommt auch wieder ein Supermarkt ins Erdgeschoss. Auch gegenüber bei den Clubs haben Investoren große Pläne.

Gentrifizierung in diesem Teil von Friedrichshain ist heimtückisch. Mieten und Immobilienpreise steigen, aber die alten, kaputten Fassaden stehen. Dahinter liegen schicke Höfe und neue Quartiere, gut getarnt. Es geht auch nicht so schnell wie erwartet oder befürchtet: Immer noch wirkt die Gegend über weite Strecken irgendwie oll. Nur Döner, Burger, Nagelstudio. Und Tankstellen für Partytouristen.

Schade um diesen Markt, der aus der Zeit gefallen war und doch ganz Gegenwart. Hier mischte sich das biedere und das Borderline-Berlin, Kreative und Flaschensammler, Rentner aus dem Osten und Studenten aus den USA und Südeuropa. Babylon Berlin ohne Nazis. Next stop jetzt East Side Mall: Die könnte auch im Ruhrgebiet stehen oder in Dresden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false