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© imago/Future Image/IMAGO/Thomas Bartilla

Update

Er war mit der rechten Anschlagsserie in Neukölln befasst: Berliner Polizist soll Dienstgeheimnisse weitergegeben haben

Die Polizei hat die Wohnung und Dienststelle eines früheren Rechtsextremismus-Ermittlers durchsucht. Der Mann war in der „OG Rex“ als Kontaktbeamter im sogenannten Neukölln-Komplex tätig.

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Ein früher mit Rechtsextremismus befasster Beamter der Berliner Polizei soll womöglich Dienstgeheimnisse an eine Kontaktperson weitergegeben haben. Wegen dieses Verdachts ließ die Generalstaatsanwaltschaft am Mittwochmorgen die Wohnung und aktuelle Dienststelle des Polizeibeamten durchsuchen.

Laut einer Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft wurden insgesamt drei Durchsuchungsbeschlüsse an sieben Orten vollstreckt. Auch die Wohnorte von zwei Zeugen wurden demnach durchsucht. Dabei wurden laut Mitteilung Handys und weitere Datenträger beschlagnahmt.

Der betroffene Beamte war demnach früher unter anderem im Bereich Rechtsextremismus bei der sogenannten Operativen Gruppe Rechtsextremismus (OG Rex) eingesetzt. Die OG Rex war bei dem für den Neuköllner Süden zuständigen Polizeiabschnitt angesiedelt und ab dem Frühjahr 2017 unter anderem in der rechten Anschlagsserie im Bezirk tätig.

Die OG Rex sollte insbesondere Netzwerkarbeit mit lokalen Initiativen und Menschen, die sich gegen Rechts engagieren, betreiben. Die OG Rex löste die frühere EG Rex ab, die den gleichen Zweck hatte und 2016 aufgelöst worden war. Offen blieb, ob es sich bei den beiden durchsuchten Zeugen um die anderen beiden Beamten der nur dreiköpfigen Gruppe handelt.

Sollte sich der Verdacht gegen den Beamten bestätigen, bringt das die Behörden in Erklärungsnot: Die Ermittlungen in der Neuköllner Anschlagsserie stehen seit längerem in der Kritik, insbesondere, weil bislang keine Tatverdächtigen beweisfest überführt werden konnten. Die Behörden rechnen der Anschlagsserie insgesamt mindestens 72 rechte Straftaten zu, darunter 23 Brandanschläge.

Aktuell soll ein Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus mögliche Pannen bei den Ermittlungen ergründen. Dabei stand bereits mehrfach ein möglicher Geheimnisverrat im Raum: So äußerte bei einer der vergangenen Sitzungen ein früherer Ermittlungsleiter den Verdacht, dass Informationen über seine Einsätze aus der Polizei an die Verdächtigen durchgestochen worden sein könnten.

Einer der Betroffenen der Anschlagsserie ist der Linken-Politiker Ferat Kocak. „Wem kann ich noch vertrauen, wenn sogar die für unseren Schutz und die Ermittlungen gegen Rechtsextremismus in Neukölln besonders ausgewählten Beamt:innen ganz konkret eine Gefahr für uns Betroffene der Anschlagsserie und unsere Familien darstellen? Unsere Angst beschränkt sich nicht nur auf die Nazis, die diese Anschläge umgesetzt haben, sondern auch auf die Behörden, die uns nicht schützen.“ Zugleich forderte Kocak verstärkte Untersuchungen zu Verbindungen zwischen Neonazis und Behörden.

Der Abgeordnete André Schulze, der für die Grünen-Fraktion im Untersuchungsausschuss sitzt, kommentierte: „Einmal mehr befördern diese Ermittlungen das Misstrauen in die Berliner Polizei. Betroffene und die Zivilgesellschaft haben seit Jahren genau davor gewarnt. Der erneute Verdacht, dass die Täter der rechtsextremen Anschlagsserie aus den Sicherheitsbehörden gewarnt wurden, wird so immer wieder genährt.“ Die aktuellen Ermittlungen würden zeigen, wie wichtig die Arbeit des Untersuchungsausschusses sei, so Schulze weiter.

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