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© David-Wolfgang Ebener/dpa

Update

„Er hat sie verfolgt und bedroht“: Zohra G. emanzipierte sich in Berlin – dann soll ihr Mann sie umgebracht haben

Vor dem Berliner Landgericht hat der Prozess gegen Gul A. begonnen. Er soll seine Frau im April mit 13 Messerstichen getötet haben. Erste Zeugin: ihre Schwester.

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Es war ein Verbrechen mit Ansage. Davon ist die Schwester der getöteten Zohra G. überzeugt. „Er hat sie verfolgt und bedroht, die Arme konnte vor Angst nicht rausgehen“, sagte die 33-Jährige, die sieben Monate nach dem Tod der sechsfachen Mutter als erste Zeugin im Mordprozess gegen den Ehemann der Getöteten befragt wurde. Gul A. soll seine Frau mit 13 Messerstichen umgebracht haben, weil er sich durch die von ihr erklärte Trennung und ihre eigenständige Lebensführung in seiner „Ehre“ gekränkt sah. 

Gul A. ist 42 Jahre alt. Er hatte Zohra G. 2008 in Afghanistan nach islamischem Recht geheiratet. Da war sie 17 Jahre alt. Eine arrangierte Ehe. Zohra G. brachte bis 2019 sechs gemeinsame Kinder zur Welt. Nachdem die Familie in Deutschland lebte, soll die Mutter sich zunehmend emanzipiert haben.

Dann der Angriff am 29. April in Pankow. Ein Femizid. Gul A., der nach Gewalt aus der gemeinsamen Unterkunft geflogen war, soll ihr aufgelauert haben. Weil er seine „Ehre“ wiederherstellen wollte, weil sie sich „seinen Vorgaben“ widersetzte, heißt es in der Anklage. Auf offener Straße habe er zugestochen, zuletzt in den Hals. Von einem Mord aus niedrigen Beweggründen geht die Staatsanwaltschaft aus. 

Sie war im zweiten Monat schwanger, er hat sie geprügelt.

Schwester der getöteten Zohra G.

Ruhig saß er nun auf der Anklagebank. Er werde sich äußern, allerdings erst am zweiten Tag, kündigten seine Verteidiger am Dienstag an. Im Ermittlungsverfahren soll er die Stiche zugegeben, aber zu einem Tatmotiv keine geständigen Angaben gemacht haben. 

Die Frau soll von Anfang an Gewalt in der Beziehung erfahren haben. Ihr erstes Kind habe Zohra G. verloren, so die Schwester. „Sie war im zweiten Monat schwanger, er hat sie geprügelt.“ 2016 soll die Familie über Iran, Türkei und Griechenland nach Deutschland gelangt sein. Sie bekamen Unterkunft in einem Flüchtlingsheim in Pankow. 

Die Zeugin sagte weiter, die Hoffnung ihrer Schwester, ihr Mann würde in Deutschland lernen und sich anders verhalten, habe sich aber nicht erfüllt. Wieder habe er zugeschlagen. Ihre Schwester habe die Polizei gerufen, ihn angezeigt. „Ich habe Verletzungen bei ihr gesehen“, so die Zeugin. Ihre Schwester habe ihr auch anvertraut, dass er sexuelle Wünsche mit Gewalt durchgesetzt habe. Gul A., so ihre Einschätzung, würde Frauen niedriger einstufen als Männer. 

Der Angeklagte soll seiner Frau nachgestellt haben

Im Prozess werden auch zwei Fälle von Körperverletzung verhandelt – im Februar und März 2022 soll G. seine Frau geschlagen haben. Das Heim durfte er zuletzt nicht mehr betreten. Er soll seiner Frau nachgestellt haben. Zweieinhalb Wochen vor ihrem Tod stellte sie einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz. Eine Entscheidung war noch nicht ergangen.

Der Tod von Zohra G. sorgte für Kritik bei Polizei und Behörden. Es sei bekannt gewesen, dass sie sich in Gefahr befunden habe. Hätte der Tod der Frau verhindert werden können? Die Staatsanwaltschaft habe „ein zögerliches Verhalten nicht erkennen können“, so der Anklagevertreter. Der Prozess geht am Freitag weiter.

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