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Verschiedene Autos stehen zum Verkauf bereit.

© Sebastian Kahnert/dpa

Fluchtfahrzeuge, Luxuskarossen, Kokstaxis: Hinter 40 Berliner Autovermietungen sollen Clans stecken

Das Landeskriminalamt ermittelt zu Autoverleihern, die offenbar von Clans gesteuert werden. Es geht um Wagen für Kriminelle – und den Verdacht der Geldwäsche.

Es geht um Fluchtfahrzeuge und Kokstaxis, aber auch Luxuskarossen, mit denen junge Männer über die Straßen der Hauptstadt rasen: Das Landeskriminalamt (LKA) Berlin ermittelt derzeit zu rund 40 Berliner Autovermietungen, hinter denen kriminelle Clans stecken sollen.

Wie der rbb am Dienstag unter Berufung auf Ermittler berichtete, sollen diese Firmen vor allem zum Ziel haben, Kriminelle mit Kraftfahrzeugen zu beliefern. „Diese dubiosen Autovermietungen sind für das kriminelle Milieu in Berlin systemrelevant. Sie sind einzig und allein dazu gegründet worden, um das kriminelle Milieu mit Fahrzeugen zu versorgen“, sagte Adham Charaby, Leiter des Zentrums für Analyse und Koordination zur Bekämpfung krimineller Strukturen beim LKA, dem Sender.

Ermittlern zufolge sollen Fahrzeuge dieser Unternehmen bei den verschiedensten Straftaten zum Einsatz kommen - zum Beispiel als Fluchtfahrzeuge oder auch als sogenannte Kokstaxis. Ein Nebenaspekt: Die Leihwagen werden auch oft bei illegalen Autorennen eingesetzt.

„In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle gehören die Fahrzeuge, die bei solchen Autorennen verwendet werden, nicht dem Täter, sondern sind Mietfahrzeuge“, sagte Andreas Winkelmann von der Berliner Amtsanwaltschaft dem rbb. „Und es ist schon verwunderlich mitunter, dass da innerhalb kürzester Zeit so Kleinstfirmen entstehen, die doch sehr viele solcher hoch motorisierten Fahrzeuge anbieten.“

Finanziert durch kriminelle Geschäfte

Es geht auch um den Verdacht der Geldwäsche: Das LKA nimmt an, dass die Leihfahrzeuge mit Geld aus kriminellen Geschäften erworben würden. Es handelt sich um eine Verkettung krimineller Machenschaften: Von den Erträgen aus illegalen Geschäften werden teure Fahrzeuge gekauft. Mit diesen werden dann wieder Verbrechen begangen. Darüber kommen die Kriminellen an neues Geld, das sie erneut in Autos investieren können.

LKA-Ermittler Charaby zufolge lässt sich dieser Kreislauf nur schwer beweisen, um vor Gericht dagegen vorgehen zu können. Es würden zum Beispiel Briefkastenadressen oder falsche Steuernummern eingesetzt, um die eigentlichen Besitzverhältnisse zu vertuschen.

Erste Ermittlungserfolge konnten Charaby und sein Team aber bereits verbuchen: „Wir haben festgestellt, dass es zahlreiche Firmen gibt, die wir der Clan-Kriminalität zuordnen. Wo wir zum einen wissen, dass viele Personen, die wir der Clan-Kriminalität zurechnen, diese Fahrzeuge nutzen, und dass diese Personen auch dahinterstecken. Die haben natürlich Strohleute eingesetzt, aber sie stecken dahinter und besitzen praktisch diese Firmen und lenken sie auch“, sagte er dem rbb.

Ähnliche Strukturen beim Handel mit Gebrauchtwagen

Dem Sender zufolge stammen diese Strohleute wohl oftmals aus dem osteuropäischen Ausland. Das deckt sich mit früheren Tagesspiegel-Recherchen zu ähnlichen Vorgehensweisen beim Autohandel von Berliner Clan-Netzwerken. Kriminelle aus Großfamilien versuchen demnach, illegale Geschäfte so aussehen zu lassen, als wären sie legal. Das erschwert es der Justiz, die Strippenzieher für ihre Taten zu belangen. Insbesondere der Autohandel mit gebrauchten VW Passat soll hiervon betroffen sein.

Vor allem in Neukölln sind solche Clan-Autohändler ansässig. Ermittlungen zufolge soll sich ihr Umsatz in den letzten fünf Jahren auf 50 Millionen Euro belaufen haben, davon waren etwa acht bis zehn Millionen Euro Gewinne.

Nach aktuellem Ermittlungsstand machen sich Berliner Clans beim Autohandel eine EU-Regel zunutze: Für Verkäufe aus einem EU-Staat in einen anderen muss keine Umsatzsteuer bezahlt werden. Der Endverbraucher im jeweiligen Zielland entrichtet dann erst die Steuer.

Berliner Clan-Familien kauften also etwa in Belgien Gebrauchtwagen, gaben in den Ausfuhrpapieren als Zielland dann aber nicht Deutschland, sondern zum Beispiel Bulgarien an. Hier warben sie den aktuellen Ermittlungsergebnissen zufolge Bauern als Pseudo-Verkäufer für Briefkastenfirmen an. Diese verkauften selbstverständlich keines der Autos in Bulgarien; dort verlangte also auch niemand Umsatzsteuer.

Die Fahrzeuge wurden stattdessen nach Deutschland gebracht und dort die belgischen Papiere vorgelegt. Hier verkaufen die Clans die Autos für zehn bis 15 Prozent weniger Geld als die Konkurrenz. Denn offiziell befanden sich die Fahrzeuge in Bulgarien. In Deutschland mussten die Clans über ihre Verleihfirmen also keine Umsatzsteuer zahlen. Um ihre kriminellen Geschäfte zu vertuschen, gaben die Händler einige Verkäufe günstiger Autos ordnungsgemäß beim Finanzamt an.

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