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Ewige Baustelle. Das Jagdschloss Glieniecke wurde in seiner Geschichte mehrfach umgebaut, zuletzt in den 60er Jahren.

© Thilo Rückeis

„Von Taut versaut“: Jagdschloss Glienicke wird saniert

Nach dem Brand im Jahr 2003 wird das Jagdschloss Glienicke saniert. Doch jetzt gibt es Streit um das Konzept. Denn vor 50 Jahren wurde bereits vieles verändert.

Tauts Küche ist schon abgerissen. Verschwunden auch die wenig ansehnlichen Beton-Pergolen im ehemaligen Garten. Das barocke Jagdschloss Glienicke in Wannsee, mit Marstall, Wirtschaftsgebäude und Ehrenhof Teil des Weltkulturerbes, wird seit einem Brand im Jahr 2003 für 14 Millionen Euro restauriert. Sieben Jahre dauern Planungen und Bauarbeiten schon. Ostern 2011 soll alles fertig sein und das Schloss wiedereröffnet werden.

Doch zwischen den Akteuren ist ein heftiger Streit um das denkmalpflegerische Konzept entbrannt. Es geht um den berühmten Architekten Max Taut, der das Schloss in den 60er Jahren in eine Schulungsstätte umbaute. Taut entkernte das Innere des Schlosses, baute große Säle und moderne Treppen ein, verlegte den Schlosseingang in den Garten, weil vor dem eigentlichen Schlosstor inzwischen die Grenze zur DDR verlief, und durchbrach die Außenmauer, um eine moderne Glasfassade einzuhängen, für mehr Transparenz, mehr Licht, mehr Offenheit.

Hätte es damals schon ein Welterbekomitee gegeben, es hätte Taut als Denkmalfledderer beschimpft und den Schlosseigner, das Land Berlin, gewissermaßen enterbt.

Heute ist denkmalpflegerischer Konsens, dass Frevel und Zerstörungen der Vergangenheit nicht mehr rückgängig gemacht werden – jüngstes Beispiel: das Neue Museum. Damit steht auch der Denkmalfledderer Taut unter Denkmalschutz. Schon vor ihm gab es erhebliche Veränderungen am Schloss (siehe Kasten). Die „Beiträge aller Epochen“ sollen konserviert werden, erklärt dazu das Landesdenkmalamt.

Doch was ist, wenn eine Epoche nachweislich gepfuscht hat?

Architektin Christina Petersen muss den Pfusch von damals richten.

© Thilo Rückeis

Seit Jahren kursiert im Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut, das den Schlossbau als Hauptsitz nutzt, der Spruch: „Von Taut versaut“. Die zuständige Architektin, Christina Petersen, spricht von einer „miserablen Ausführung“ der Fassade, ohne Fundament und ausreichende Abdichtung gegen Regenwasser. Aus heutiger Sicht sei nur der Abriss sinnvoll. Alles andere wäre Geldverschwendung. Christina Petersen ist nicht irgendeine Architektin. Sie hat die Kolonnaden an der Alten Nationalgalerie rekonstruiert, die Nikolaikirche in Mitte saniert, viele denkmalpflegerische Bauprojekte in Berlin geleitet. Noch nie habe es Streit mit der Denkmalbehörde gegeben, sagt sie.

Doch Landeskonservator Jörg Haspel beharrt auf dem ursprünglichen Konzept von 2004. Die Fassade von Taut sei „nachrüstbar und sanierungsfähig“, das habe ein Gutachten erwiesen. Die „historische Bedeutung des Schlosses als Bildungsstätte West-Berlins seit 1964“ solle „wieder verständlich“ gemacht werden. Also alles so belassen, wie es ist?

Tauts Küche, ein schlichter Betonbau, Fremdkörper zwischen den barocken Fassaden, wurde bereits zugunsten einer historischen Rekonstruktion abgerissen. Das Schlossensemble konnte auf diese Weise ästhetisch geheilt werden. Die Glasfassade, ebenfalls Fremdkörper, soll dagegen erhalten bleiben.

Die historische Voraussetzung für die Umbauten Tauts war der Mauerbau. Der eigentliche Schlosszugang von Babelsberg aus war durch die Grenze versperrt, also lag es nahe, das Schloss „um 180 Grad zu drehen“, und den Eingang an die Gartenseite zu verlegen. Taut hatte eigentlich einen Glasbau vor der Fassade im Sinn. Christina Petersen hat dazu alte Zeichnungen eingesehen. Die Ausführung wurde dann viel einfacher und kostensparender.

Heute wäre es kostensparender, die historische Barockfassade wiederherzustellen, sagt Christina Petersen. Rund 80 000 Euro würde das kosten. Eine wiederaufgebaute Glasfassade nach Taut’schem Vorbild würde mit etwa 150 000 Euro zu Buche schlagen. Und den Baupfusch sanieren? „Geht auch“, sagt Petersen. Würde aber höchstens fünf Jahre halten.

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