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Fünfjährige sind mit dem Maskentragen nicht vertraut.

© imago images/Westend61

Mit Maske zur Untersuchung vor der Einschulung: „Eine Regel, die keinen Sinn ergibt“

Bei den Schuluntersuchungen müssen Kinder in einigen Bezirken Maske tragen. Das beeinflusst die Untersuchung, kritisieren Experten. Ein Erfahrungsbericht.

Meine jüngste Tochter ist fünf Jahre alt. Die ganze Pandemie musste sie keine Maske tragen, doch nun, da sie in die Schule kommt, ist es plötzlich Pflicht. Jedenfalls bei der Einschulungsuntersuchung in Tempelhof-Schöneberg.

Diese Untersuchung ist für alle Kinder verpflichtend. Ein Arzt soll beurteilen, ob das Kind schulreif ist oder einen bestimmten Förderbedarf hat.

Während der Pandemie sind diese Untersuchungen trotz Kritik größtenteils ausgefallen. Dieses Jahr finden sie wieder ganz normal statt – und irritierender Weise in einigen Bezirken mit Maske, in anderen ohne.

Zum Glück finde ich in meiner Handtasche noch eine Kindermaske meiner älteren Tochter, die rutscht allerdings während der Untersuchung die ganze Zeit von der Nase, zwischenzeitlich zieht die Fünfjährige das lästige Filtervlies vollständig unters Kinn.

Das war abzusehen, aus diesem Grund hatten Kinderärzte selbst in der Hochphase der Pandemie beschlossen, dass Masken für Kinder unter sechs Jahren keinen Sinn ergeben, da sie schlecht sitzen und so keinen Schutz bieten.

Wo ist jetzt drei Jahre später der Nutzen, frage ich mich. Aber egal, ob eine Regelung wirklich ihren Zweck erfüllt, darauf kommt es in Deutschland schon öfter nicht mehr an. Schon gar nicht, wenn es um die Belange von Kindern geht.

Bis zum 7. April muss laut Bundesinfektionsschutzgesetz in medizinischen Bereichen ein Gesichtsschutz getragen werden. Das kann sinnvoll sein, wenn dadurch kranke Patienten geschützt werden, doch die Termine bei der Schulärztin sind so gelegt, dass jede Familie einzeln erscheint. Es ist also unklar, wer genau, drei Jahre nach Ausbruch des Coronavirus, geschützt werden soll.

Bei der Untersuchung geht es auch um Artikulation

Sofern es eine gute Begründung gebe, sei es den Einrichtungen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes freigestellt, sich gegen eine Maskenpflicht für Besucher zu entscheiden, sagt der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid.

Für seinen Bezirk habe er die Regelung Ende Januar abgeschafft. „Weil das in dem Bereich keinen Sinn ergibt“. Die Kinder seien bekanntlich vom Coronavirus nicht bedroht.

Und seine Mitarbeiter:innen könnten sich selbst über eine Maske oder Faceshield schützen. „Bei der Untersuchung erschwert die Maske aber die Kommunikation. Da es oft schon so schwer genug ist, manchen Kindern nur ein paar Worte zu entlocken“, erklärt der Amtsarzt.

Genauso sieht es der Sprecher des Berufsverbands der Berliner Kinderärzte, Jakob Maske. „Bei den Schuleingangsuntersuchungen soll unter anderem die Sprachkompetenz untersucht werden und das geht mit Maske natürlich wesentlich schlechter. Ein Kind, das undeutlich spricht, ist dann vielleicht gar nicht zu verstehen“, sagt er.

Er findet es zudem wichtig, dass Kinder zurück in die Normalität finden und nicht zu unnötigen Dingen gezwungen werden, die sie eventuell nicht möchten. „Es ist außerdem wichtig, dass Kinder Mimik erkennen, auch im Gespräch mit den Ärzten.“

Die Bezirke handhaben die Maskenpflicht nicht einheitlich

Passenderweise soll meine Tochter während der Untersuchung eine Aufgabe zum Thema Mimik beantworten. Das kriegt sie problemlos hin. Zwischendurch wirft sie mir nach Bestätigung suchend einen Blick zu. Ich lächele ihr zur Ermutigung zu, merke dann aber, dass sie meine Mundwinkel sowieso nicht erkennen kann.

Einen nachhaltigen Schaden angerichtet hat das Tragen der Maske selbstverständlich nicht, aber es widerspricht eben sämtlichen Erziehungsprinzipien, wenn Kinder Sachen tun müssen, die nur schwer begründet werden können. In der Schule sollten sie ja lernen, bestimmte Mechanismen zu hinterfragen, um später in einer besseren Welt leben zu können.

Ob diese Absurdität so beibehalten wird, hängt von den jeweiligen Gesundheitsämtern ab. In Steglitz-Zehlendorf wird laut Elterninformationen ebenfalls an der Maskenpflicht festgehalten.

Oliver Schworck (SPD), Gesundheitsstadtrat in Tempelhof-Schöneberg, zeigt sich verwundert über den Bericht. „Auch bei unseren Untersuchungen sollten die Kinder eigentlich keine Maske tragen, sondern nur wenn Eltern dies möchten“, sagt er.

Eine Pflicht habe er nicht angeordnet, aber vielleicht sei die Information nicht in alle Bereiche vorgedrungen, entschuldigt er sich.

Spätestens ab dem 7. April wird es mit der Regelung vorbei sein, aber welche Einrichtungen danach noch von ihrem Hausrecht Gebrauch machen, lässt sich nicht erahnen. Hoffentlich wird dann jedenfalls über Sinn und Nutzen nachgedacht.

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