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Die Autorin Ronja von Rönne wünscht ihrem Exmann „ein okayes life“.

© dpa/Johannes Puch

Mut zur Scheidung: Wie Influencerinnen öffentlich ihr Ehe-Aus zelebrieren

Die Berlinerin Ronja von Rönne postet auf Instagram Fotos von ihrer Scheidungsparty. Sie ist nicht die einzige, die jung öffentlich ihre Ehe beendet. Ein neuer Trend?

Eine Kolumne von Tobias Langley-Hunt

Die Grünenchefin Ricarda Lang hat sich im März mit ihrem langjährigen Partner verlobt. Jüngst verriet sie nun, ausgerechnet der „Gala“, Details über die anstehende Hochzeit: „Es wird kein öffentliches Spektakel, und wir werden auch nicht auf Sylt heiraten“. Damit sind ihr die Schlagzeilen und irgendwie, blöd gelaufen, auch das öffentliche Spektakel sicher. Oder?

Zum Glück ist Lang Politikerin und hat wahrscheinlich Besseres zu tun, als sich mit Trends zu beschäftigen. Täte sie es aber, dann wüsste sie, dass sie mit ihrem das öffentliche Spektakel befeuernden Gala-Interview ziemlich „last season“, also dem Trend hinterher ist. Angesagte Leute nämlich spektakeln dieser Tage öffentlich über ihre Scheidungen.

Ronja von Rönne zum Beispiel, die ironisch-lustige Autorin, die mit ihrer Alles-Egal-Haltung einst zum Sprachrohr aller Millennials verklärt wurde, teilte über ihren Instagram-Kanal unlängst eine Reihe Schnappschüsse, die unverkennbar eine Art biedere Party abbilden. „Happy divorce day“, kommentiert sie darunter – einem angehängten Smiley nach zu urteilen, ziemlich gut gelaunt. Munter also schreibt sie weiter: „man muss die feste feiern, wie sie fallen. Wünsche meinem ex ein okayes life und mir und meinen Freunden das beste [sic].“

Ehe-Aus mit Kaffeekränzchen

Auch die TikTokerin Laura Abla begründete kürzlich eine Fete mit ihrem Ehe-Aus. Zumindest leitet sie eine Art Torten-Back-Tutorial so ein: „Ich bin seit drei Tagen offiziell geschieden und deswegen kommt meine Familie zu Kaffee und Kuchen.“

In einem anderen Video erklärt sie, dass sie, was Liebe betrifft, „dumm und naiv“ sei. Sie wolle das gerne „eindämpfen“, könne das aber nicht, weil sie nun mal „sehr romantisch und sehr emotional“ sei. Nach einem halben Jahr Ehe folgt dann halt die Trennung. Die Scheidungsgründe möchte sie aus Respekt vor ihrem Partner nicht nennen.

Auch die Gründe, warum Ronja von Rönne sich scheiden ließ, sind nicht näher bekannt und wahrscheinlich sogar ziemlich alltäglich – immerhin, die Scheidungsrate beträgt in Deutschland knapp 40 Prozent. Man kann sich also wirklich fragen, warum um die Ehe und deren Ende so viel Aufhebens gemacht wird. Vielleicht ist die Scheidung ein Eingeständnis der eigenen Fehlbarkeit. Oder ein Symptom von ewig-jugendlichem Trotz: ein bisschen auf Retro machen, verrückt sein und heiraten, sich endlich mal wieder spüren – und dann eben trennen.

Dass Hochzeit beziehungsweise Ehe uncool ist, weiß die reflektierte Generation Y bis Z eigentlich. Erst kürzlich hat das die Berliner Politologin Emilia Roig in einem Buch zusammengefasst: Die Ehe sei eine Institution des Patriarchats, der Unterdrückung, und gehöre, im Sinne des Feminismus und der Liebe, abgeschafft. Problem nur: ohne Hochzeiten keine Scheidung. Wie trist. Man soll die Feste doch feiern, wie sie fallen – mit oder ohne öffentlichem Spektakel, auf Sylt oder nicht.

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